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Der Bus soll für Vorsorgeuntersuchungen sensibilisieren
Aus Regionaljournal Graubünden vom 20.11.2020. Bild: SRF
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Kampf gegen den Krebs Gynäkologinnen rollen mit pinker Praxis durch Bergtäler

Eine Gynäkologin will in abgelegenen Bündner Tälern zu Gebärmutterhalskrebs informieren und notfalls im Bus untersuchen.

Ein altes Ambulanz-Fahrzeug, pink lackiert: die «Charozza rösa» oder das «Gynimobil». Der Bus wurde zum fahrbaren Untersuchungszimmer umfunktioniert und so eingerichtet, dass zur Not auch gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden könnten.

Hinter dem Projekt «Charozza rösa» steht Ladina Christoffel, die Chefgynäkologin des Spitals Samaden. Sie will mit dem «Gynimobil» in abgelegene Täler fahren und die Frauen, welche vor Ort kein entsprechendes Angebot haben, untersuchen und informieren.

Die nationalen Zahlen zu Gebärmutterhalskrebs hätten sie aufhorchen lassen, sagt Christoffel. Die Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass es in der Deutschschweiz über dreimal mehr Fälle von Gebärmutterhalskrebs gibt pro 100'000 Einwohnerinnen als in der Westschweiz. Weiter zeigen die Zahlen, dass die Gebärmutterhalskrebs-Rate in Graubünden und Glarus doppelt so hoch ist, wie beispielsweise in Genf und Freiburg.

Ich vermute, es sind die peripheren Südtäler, welche diese Zahlen liefern.
Autor: Ladina Christoffel Chefgynäkologin Spital Samaden

«Ich vermute, es sind die peripheren Täler, welche zu diesen Zahlen führen», sagt Ladina Christoffel. Die Frauen in den Südtälern hätten gleich mehrere Hürden zu überwinden. Es gebe manchmal Sprachbarrieren. Auch sei der Weg zur Gynäkologin in Samedan lang und die Pässe im Winter zugeschneit. Dazu komme, so Christoffel, dass vielen Frauen die Wichtigkeit einer regelmässigen Vorsorgeuntersuchung nicht bewusst sei.

Untersuchungen in einem Bus?

Krebsabstrich und Brustuntersuchungen in einem engen Bus – das klingt so gar nicht nach der hochentwickelten Schweiz. Die Gynäkologin geht dann auch davon aus, dass der Bus kaum als Untersuchungszimmer zum Einsatz kommen werde, obwohl er dafür ausgerüstet ist.

Gebärmutterhalskrebs in der Schweiz

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Bei Gebärmutterkrebs wird zwischen Krebserkrankungen am Gebärmutterkörper und am Gebärmutterhals unterschieden.

Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die zweithäufigste Krebsart bei Frauen. Laut dem Schweizerischen Krebsbericht 2015 bestehen jedoch grosse geografische Unterschiede. So treten über 80 Prozent der Fälle in Entwicklungsländern auf.

Jährlich 90 Todesfälle

Gemäss dem Bericht erkranken in der Schweiz jährlich rund 240 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Die Schweiz weise bei Gebärmutterhalskrebs eine Fünf-Jahres-Überlebensrate von 68 Prozent auf und steht damit bei den europäischen Ländern an zweiter Stelle. Jedes Jahr sterben in der Schweiz rund 90 Patientinnen an Gebärmutterhalskrebs.

Gemäss der Krebsliga ist der wichtigste Risikofaktor für Gebärmutterhalskrebs die Infektion mit bestimmten Arten von humanen Papillomaviren (HPV). Hinzu kommen weitere Faktoren wie Rauchen oder häufig wechselnde Sexualpartner.

Im Bergell beispielsweise bietet das regionale Spital einen Platz für die Untersuchungen an. Somit muss die Ärztin zwar die nötige Infrastruktur ins Bergell transportieren, die Sprechstunden werden aber im lokalen Spital abgehalten. Das Interesse scheint da zu sein, einige Frauen haben sich bereits angemeldet für die Sprechstunden im Dezember.

Auch im Münstertal möchte Ladina Christoffel in Zukunft regelmässige Sprechstunden anbieten. Dort haben sich die Spitalverantwortlichen aber noch nicht mit dem Projekt beschäftigt. Man wolle es vorerst auch nicht kommentieren, heisst es auf Anfrage von Radio SRF.

«Wir sind kein Entwicklungsland»

Das Projekt stösst aber nicht überall auf Wohlwollen. «Ein Aprilscherz?», schreibt beispielsweise die Bündner FDP-Nationalrätin Anna Giacometti in einem Leserbrief in der Zeitung Südostschweiz. In den Bündner Südtälern seien die Frauen emanzipiert, modern, gebildet, aufgeklärt und mobil. «Wir sind kein Entwicklungsland», schreibt die Politikerin aus dem Bergell.

Giacometti lässt in ihrem Kommentar kein gutes Haar am «Gynimobil». Sie kritisiert einerseits die Farbe des Busses, «welche stigmatisierend wirkt», und stellt andererseits auch die Sinnhaftigkeit des Projekts infrage.

Bus startet im Dezember

Für Ladina Christoffel ist klar, sie will die Frauen sensibilisieren und mit dem pinken Bus vor allem das Thema der Vorsorgeuntersuche ansprechen. Im Dezember startet der Bus auf seine ersten, regelmässigen Touren. Christoffel will möglichst viele Frauen sensibilisieren und herausfinden was es braucht, damit sich die Frauen aus den abgelegenen Tälern auch langfristig regelmässig zu einer gynäkologischen Kontrolle anmelden.

Regionaljournal Graubünden, 20.11.2020, 17:30 Uhr;

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