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Rüstungsbeschaffung: Wo bleibt die Autonomie?
Aus Rendez-vous vom 22.06.2021. Bild: Keystone
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Kampfjet-Beschaffung «Die Amerikaner können unsere Flieger nicht am Boden behalten»

Den «Kill-Switch» gebe es nicht bei der F-35, so ein Experte. Aber es entstünden sonst Abhängigkeiten – allerdings bei jedem Anbieter.

Der heute 80-jährige Urs Thierstein arbeitete über 20 Jahre lang in den USA als Verbindungsmann der Rüstungsbeschaffungsbehörde Armasuisse. Er hat den Kauf des F5-Tigers und des F/A-18 Hornet vor Ort begleitet, war entsprechend nahe an den Geschäften dran.

Er ist sich sicher: «Die Amerikaner können unsere Flieger nicht am Boden behalten, wenn sie wollten.» Die Behauptung, ein solcher Eingriff sei möglich, sei «absoluter Unsinn».

Schweiz gehört zu den Freunden der USA

An einem sogenannten «Kill-Switch», einem Abschaltknopf aus der Ferne, hätten die USA kein Interesse, ist Thierstein überzeugt. Schliesslich gehöre die Schweiz ja quasi zu den Freunden der USA.

«Die USA betrachten uns rüstungstechnisch gleich wie ein Nato-Land.» Das bedeutet, die Schweiz hat als Mitglied der Nato-Partnerschaft für den Frieden Zugang zu den Hightech-Waffen der Amerikaner.

In der Krise heisst das aber auch, dass die Schweiz von den USA abhängig ist. Ein Beispiel aus der Geschichte veranschaulicht dies: Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf die Twin Towers in New York und das Pentagon blieben die Ersatzteillieferungen für die F/A-18 aus. «Plötzlich hatte das Heimatschutzministerium die Aufsicht über die Ausfuhren, und die haben alles gestoppt», so Thierstein.

Nicht alles besser mit Europäern

Auch falls die Schweiz bei einem europäischen Staat einen Kampfjet kaufe, würde sie sich in einer ähnlichen Abhängigkeit befinden, ist sich Thierstein sicher. Wenn Frankreich in einen Krieg verwickelt wäre, dann würde ebenfalls zuerst die eigene Luftwaffe mit Ersatzteilen beliefert, und nicht die Schweiz.

Das Beispiel zeigt, dass die Schweiz bei den Hightech-Kampfsystemen grundsätzlich hochgradig abhängig ist von anderen Staaten. Und zwar von westlichen Staaten, von Nato-Staaten. Denn bei ihnen kauft sie hauptsächlich ihre Waffen ein. Jetzt beschafft sie sich möglicherweise den F-35 in den USA, der bei der Evaluation offenbar am besten abgeschnitten hat.

Argumente für europäisches Modell

Eine europäische Lösung würden manche Kampfjet-Befürworter jedoch vorziehen. «Wenn die Flugzeuge gleich gut sind, sollten sie aus europäischen Ländern stammen», sagt etwa Christoph Vollenweider. Er ist Programmleiter des Lilienberg-Unternehmerforums, einem wirtschaftsnahen, bürgerlichen Think-Tank, der sich sicherheitspolitisch äussert.

Denn dann sei am ehesten gewährleistet, dass man in einer Krisensituation optimal zusammenarbeite. Auch seien durch die geografische Nähe in Krisenzeiten Lieferungen von Ersatzteilen und Bewaffnung einfacher möglich.

Linke wollen nur Europäer

Für die Kritikerinnen und -Kritiker der aktuellen Kampfjet-Beschaffung ist ein europäischer Kampfjet weniger problematisch. Darum drohen die SP, Grüne und die GSoA beim Kauf des französischen Rafale und des Eurofighter auch nicht mit einer Volksinitiative wie bei den amerikanischen Jets. Sie würden aber einen billigen Abfangjäger für den Luftpolizeidienst bevorzugen und dafür die Bodenluft-Abwehr zum Beispiel gegen Drohnen stärken.

Noch ein Wort zum Thema Neutralität: Alle Beobachter des Geschäfts wissen, Autonomie und vollständige Unabhängigkeit gibt es nicht. Der ehemalige Armasuisse-Mitarbeiter Thierstein sagt es so: «In einem technisch einfachen Umfeld war Neutralität möglich – heute nicht mehr.» Rüstungstechnisch gebe es keine Neutralität und Autonomie.

Rendez-vous, 22.06.2021, 12.30 Uhr

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