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Millionen-Schaden durch Konkursreiterei
Aus 10 vor 10 vom 13.04.2016.
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Schweiz Konkursreiterei: Mehrere Hundert Millionen Schaden im Jahr

Das Schweizer Konkursrecht ist löchrig wie ein Emmentaler Käse: organisierte Kriminelle nutzen diese Lücken. Nun belegen Zürcher Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft erstmals, dass Hunderte Firmen nach dem gleichen System in den Konkurs getrieben worden sind.

So funktioniert es: Kurz vor Konkurseröffnung stossen Kleinunternehmer wie Gipser, Maler oder Elektromonteure ihre Gesellschaft ab, wie «10vor10» zeigt. Sie übergeben sie einem Nachfolger, einem sogenannten Bestatter. Ein Vermittler koordiniert und erledigt für ein paar Tausend Franken die Formalitäten für die Übernahme.

Der Bestatter verlegt danach den Geschäftssitz in einen anderen Kanton und erhält so am neuen Ort einen leeren Betreibungsregisterauszug; behält also vordergründig seine Bonität. Dort missbraucht er bis zum Konkurseintritt seine konkursreife Gesellschaft für Bestellungs-, Leasing- oder Sozialversicherungsbetrüge. Besonders verbreitet ist diese sogenannte Konkursreiterei bei Kleinfirmen in der Bau-, Reinigungs- und Gastrobranche.

Mehrere Hundert Millionen Franken Schaden

Es existiert ein über die Kantongrenzen hinaus betriebener Markt für «Firmenbestattungen». Alleine im Kanton Zürich geht die Polizei von mehreren Hundert Kleinfirmen, mehreren Dutzend Firmenbestattern und einigen Dutzend Vermittlern aus.

«Im Kanton Zürich dürfte dadurch ein jährlicher Schaden von deutlich über 200 Millionen Franken entstehen», sagt Daniel Nussbaumer, Chef Ermittlungsabteilung Wirtschaftskriminalität der Kantonspolizei Zürich gegenüber «10vor10». Der gesamtschweizerische Schaden dürfte ein Vielfaches davon betragen, schätzt Nussbaumer.

Swisscom und öffentliche Hand werden geschädigt

Die Hälfte des Schadens sind öffentlich-rechtliche Forderungen, wie Pensionskassengelder, AHV-Beiträge oder Steuerschulden. Die andere Hälfte des Schadens entsteht privaten Unternehmen.

Besonders betroffen sind dabei Telekomfirmen. Laut Sepp Huber, Sprecher der Swisscom, sind vor allem Smartphones und Tablets beliebt. Sie werden oft gleich kistenweise bestellt und dann weiterverkauft. «Das ist sehr gravierend, wir gehen bei Swisscom von einem Schaden von einer Million Franken in den letzten Jahren aus, zulasten der ehrlichen Kunden», so Huber.

Hunderte Verfahren geplant

Der Zürcher Regierungsrat hat die Verfolgung der Konkursreiterei zu einem Schwerpunkt für die Ermittlungsbehörden erklärt. Der gesetzliche Strafrahmen oder die Strafhöhe sei nicht das Problem, wichtig sei, dass überhaupt eingeschritten werde, so Peter Pellegrini, Leiter der auf Wirtschaftsdelikte spezialisierten Staatsanwaltschaft III.

«Wir rechnen damit, dass eine dreistellige Zahl an Verfahren gegen die Firmeninhaber demnächst eröffnet werden müssen», sagt Pellegrini. Vier Personen aus dem Kreis der Vermittler und Bestatter befinden sich teilweise seit mehreren Monaten in Untersuchungshaft.

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Studiogespräch mit Chefermittler Daniel Nussbaumer
Aus 10 vor 10 vom 13.04.2016.
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Kriminelle Strukturen schweizweit

Konkurse von Unternehmen gab es immer schon, das ist nichts Neues. Neu ist aber die Dimension, sagt Chefermittler Daniel Nussbaumer im Studiogespräch: «Es haben sich organisierte Strukturen gebildet, die sich über die ganze Schweiz hinwegziehen.»

Die Schwierigkeit liege darin, herauszufinden, welche Unternehmen ihre Rechnungen nicht bezahlen, weil sie in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken und welche Gesellschaften bewusst für kriminelle Zwecke missbraucht werden. «Muster erkennt man erst mit der Zeit durch das Studium von Betreibungsregister-Auszügen», so Nussbaumer.

Für die Polizei ist es darum wichtig, dass sich die Betrüger nicht in einem anderen Kanton verstecken können. Darum stehen die Ermittler in engem Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden in der ganzen Schweiz.

Um Konkursbetrüge gar nicht erst entstehen zu lassen stehe man zudem präventiv im Kontakt mit den Konkurs- und Betreibungsämtern sowie den Handelsregistern, sagt der Zürcher Chefermittler.

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