Gina Kern (44) ist eine von fünf, die im Gemeindehaus von Ehrendingen (AG) das Sagen haben. Zuständig für Bildung, ist sie die einzige Frau in der Regierung der 5000-Einwohnergemeinde in der Region Baden.
Kern kommt aus einer FDP-Familie, eine andere Partei kam für sie nie in Frage: «Schon mit 17 bin ich darum den Jungfreisinnigen beigetreten». Nach vielen Jahren im Journalismus liess sie sich dann letztes Jahr für die Ehrendinger Gemeindepolitik gewinnen: «Ich musste mich in einem Feld mit sieben Kandidierenden durchsetzen – Plakate, Podiumsgespräche, das war ein richtiger Wahlkampf.»
Auch Arber Bullakaj ist schon Politiker auf Gemeindeebene, hat also auch den traditionellen Weg eingeschlagen: Die Ochsentour, auf der man sich Stufe um Stufe an die höheren politischen Ämter herantastet.
Ich bekam viel Unterstützung von Leuten mit einer ähnlichen Geschichte.
Der 33-jährige gebürtige Kosovare sitzt für die SP im Stadtparlament von Wil. Zwei Anläufe brauchte er für diese Wahl, beim zweiten Versuch klappte es. Dazwischen kandidierte er 2015 das erste Mal für den Nationalrat und machte auf seiner Liste vier Plätze gut.
Und das nicht trotz, sondern wegen seines Migrationshintergrundes, wie er glaubt: «Es gab eine positive Dynamik im Wahlkampf. Ich bekam viel Unterstützung von Leuten mit einer ähnlichen Geschichte.» Wegen seines guten Abschneidens steht Bullakajs Name diesen Herbst als dritter auf der St.-Galler-SP-Liste.
Langfristige Strategie
Bei Gina Kern im Aargau ist es die erste Kandidatur für den Nationalrat, sie hat den Listenplatz 11 von 16. Vor ihr sind alle Bisherigen aufgelistet plus die, die zum wiederholten Mal antreten. Dass ihre Wahlchancen damit nicht allzu hoch sind, weiss Kern. Aber sie sagt: «Ich habe eine längerfristige Strategie. Und die heisst ‹Grossrat›.»
Ein Jahr nach den Nationalratswahlen sind nämlich im Aargau Parlamentswahlen und da will es die FDP-Frau und Mutter zweier Teenager dann definitiv wissen. Arber Bullakaj dagegen will es diesen Herbst unbedingt nach Bern schaffen. «Mich interessieren die nationalen Themen einfach mehr als jene auf kantonaler Ebene», sagt er.
Kostspielige Plakate
Auch wenn die beiden also unterschiedliche Ziele haben, einen Wahlkampf wollen und müssen sie beide führen. Und dafür brauchen sie Geld. Gina Kern würde gerne 25'000 bis 30'000 Franken zusammenbekommen und verschickt deswegen einen Bettelbrief. Ein paar Tausend Franken steuert sie auch selbst bei.
Den Löwenanteil des Geldes steckt sie in Plakate, die an den offiziellen Plakatwänden ausgehängt werden. Zudem war für sie schon die Teilnahme als solche nicht gratis: Ein Platz auf der FDP-Liste kostet im Aargau 3000 Franken. «Jeder zahlt gleichviel, egal auf welcher Position. Ich finde das fair», sagt Kern.
Die SP St. Gallen kennt keine solche Gebühr. Und Arber Bullakaj nennt auch keine Zahl, was die Höhe seines Wahlkampfbudgets anbelangt. Nur so viel: Vor vier Jahren steckte er noch 9000 Franken in seine Kampagne, jetzt will er allein aus eigener Tasche 20'000 Franken investieren – unter anderem in Werbung auf den sozialen Medien. Auch Inserate sind ein Thema, ergänzt Bullakaj: «Allerdings nur, wenn ich über mein Fundraising genügend Geld zusammenbekomme.»
Angesprochen auf ein Scheitern macht der eingebürgerte Einwanderersohn klar, er würde sich nicht entmutigen lassen: «Politik ist ein Marathonlauf. Man muss es mehrmals versuchen.» Und Gina Kern hofft, dass sie am Wahlabend zurückblicken und sagen kann: «Es war eine coole Sache und hat sich gelohnt.» Gelohnt nicht zuletzt im Hinblick auf ihren nächsten Wahlkampf nächstes Jahr.