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Schweiz Pro: «Ein Organspender rettet sieben Menschenleben»

Immunologe Beda Stadler über das Tabuthema Tod, Kompost und Organhandel.

Porträt von Beda Stadler.
Legende: Beda Stadler ist Immunologie-Professor an der Universität Bern. Keystone

SRF News Online: Der Nationalrat hat sich für die automatische Organspende ausgesprochen. Was halten Sie davon?

Beda Stadler: Ich bin hocherfreut. Für alle Beteiligten wäre die automatische Organspende einfacher. In Zukunft würde schon jedes kleine Kind wissen, dass man mit dem eigenen Körper sieben weitere Menschen retten kann. Die Themen Organspende und Tod würden endlich enttabuisiert.

Für die Gegner ist die automatische Organspende ein zu grosser staatlicher Eingriff. Was sagen sie dazu?

Wer soll denn sonst eingreifen? Der Staat wäre allemal besser als ein privater Organhandel. Aber letztlich würde nicht der Staat eingreifen, sondern die Spitäler. Es sind schlussendlich die Ärzte, die für die Menschen nur das Beste wollen.

Wäre im Falle der Widerspruchslösung die Privatsphäre des Einzelnen noch gewahrt?

Es hat niemand etwas davon, von Würmern gefressen zu werden. Viele Gegner glauben an eine Wiedergeburt des Menschen. Das ist pure Esoterik, sogar eine reine Wahnvorstellung. Diese Leute sind überzeugt, auch nach dem Tod ein Recht auf den eigenen Körper zu haben. Die Tatsache ist: Wir Menschen kommen aus der Natur und werden nach dem Tod kompostiert. Wahrer Humanismus ist, wenn unser Körper zuvor noch als Ersatzteillager dient. Das tut garantiert niemandem mehr weh.

Die Gegner monieren, dass der Tod nicht ganz so einfach festzustellen ist.

Diese Leute verwechseln den Hirntod mit dem Koma. Erst einmal in der Geschichte der Menschheit ist jemand nach dem Hirntod wieder auferstanden. Das war Jesus Christus. Aber daran glaube ich nicht. Das Ganze ist unproblematisch.

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Gegen die automatische Organspende ist Medizinethikerin Ruth Baumann-Hölzle. «Mit dem Entscheid unterläuft der Nationalrat den menschenrechtlich verbrieften Autonomie-Anspruch jedes einzelnen.» Lesen Sie das Interview mit Ruth Baumann-Hölzle hier.

In den anliegenden Ländern führt das Widerspruchsrecht nicht zu mehr Spenden. Die Regelung funktioniert also gar nicht.

Das Widerspruchsrecht ist nur ein erster Schritt. Es setzt die Hürde für Organspenden herunter. In einem zweiten Schritt müsste man grosse Kampagnen zur Aufklärung der Bevölkerung starten. Solidarität und nicht nur Profit soll an oberster Stelle stehen – ähnlich wie beim Blutspenden. Es wäre für die Bevölkerung von Vorteil, das Thema Tod nicht nur aus religiöser Sicht zu betrachten. Die Kirche verspricht ein zweites Leben. Das ist nicht wahr. Kein leeres Versprechen hingegen ist es, pro Spender sieben Leben retten zu können.

Spenden Sie persönlich im Todesfall ihre Organe?

Selbstverständlich. Aber nur meine besten Ersatzteile. Meine Lunge will niemand. Meine Niere hingegen ist in einem einwandfreien Zustand.

Das Gespräch führte Benedikt Widmer.

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