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Fahrplanwechsel ohne Kursbuch
Aus Espresso vom 05.12.2017. Bild: SRF/Reto Widmer
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SBB passt laufend an Fahrplanwechsel ohne Kursbuch

Fahrplanwechsel: Ein Wort mit Gewicht. Zelebriert: Immer im Dezember. Danach läuft wieder alles nach Plan. Sollte man meinen. Weit gefehlt! Mit 18'000 Änderungen pro Jahr allein bei der SBB ist der Fahrplan ständig im Fluss, mit Echtzeitdaten aktualisiert von Algorithmen – und Menschen.

  • Die SBB erstellt den Fahrplan der öffentlichen Verkehrsmittel der Schweiz, die sogenannte Fahrplandatensammlung.
  • Rund 450 konzessionierte Transportunternehmen der Schweiz müssen dazu ihre Daten der SBB liefern. Das ist ein gesetzlicher Auftrag des Bundes.
  • Die SBB nimmt diese Daten entgegen und speist sie einmal pro Woche in den gesamtschweizerischen Online-Fahrplan ein.
  • Allein die SBB macht etwa 18'000 Änderungen am Fahrplan – pro Jahr.
  • Der heutige Fahrplan ist kein statisches Kursbuch mehr, sondern ein Tür-zu-Tür-Navigationssystem durch den öffentlichen Verkehr, dem immer mehr Sensoren und Transportunternehmen auch aus dem Ausland Echtzeitdaten (Übersicht auf SBB.ch) liefern. Dadurch werden bei Störungen Prognosen über die neuen Abfahr- und Ankunftszeiten von Verkehrsmitteln genauer.

Tobias Wittmer ist der Herr des Online-Fahrplans im Bahnverkehrszentrum der SBB in Bern. Er und sein Team stellen sicher, dass die Daten des Online-Fahrplans immer aktuell sind.

Im Gegensatz zum Kursbuch sind Fahrpläne heute keine statische Angelegenheit mehr. Sie sind vielmehr ein Dauerprojekt, 2 Gigabyte Daten, die sich immer im Fluss befinden, für uns Kunden einsehbar im Online-Fahrplan oder auf den Bildschirmen in den Bahnhöfen. Diese Meldungen kommen von den Informationsspezialisten im Bahnverkehrszentrum der SBB in Bern.

Planbare Ereignisse gehören bei ihrer täglichen Arbeit zur Routine: Der Autosalon Genf etwa oder ein «Eidgenössisches». Diese Grossanlässe sind Monate im Voraus bekannt. Es ist also einfach, Anpassungen im Fahrplan für Sonderzüge zu disponieren, die dann zum richtigen Zeitpunkt angezeigt werden, wenn wir auf der SBB-Homepage oder der App eine Fahrplanabfrage machen. Das tun wir derzeit rund 2.5 Millionen mal. Pro Tag. Damit sie diese Menge bewältigen kann, hat die SBB 8 Datenserver und 8 Webserver für den Online-Fahrplan am Start.

Unvorhergesehene Ereignisse: Vielfältig und fast im Sekundentakt

Langfristige Planung und Anpassung des Fahrplans sind das eine, das Tagesgeschäft ist die grössere Herausforderung Fast im Sekundentakt treffen unvorhersehbare Ereignisse ein auf einem der 8 Monitore jedes Arbeitsplatzes im Bahnverkehrszentrum.

Die wenigsten davon sind für einen reibungslosen Ablauf relevant: Ein Fuchs, der von einem Zug angefahren wurde, beeinträchtigt den Betrieb nicht, ein technisches Problem etwa an einem der 8000 Zügen, der auf dem Schweizer Schienennetz herumfährt, schon eher.

Und wenn sich einer der täglich 1.2 Millionen Passagiere auf der Toilette eines ICN eingeschlossen hat, weil «verwirrt» – und der Zugsbegleiter deshalb die Polizei anfordern musste – kann das den Zugsverkehr der halben Schweiz aus dem Lot bringen. Damit das möglichst wenig vorkommt, greifen die Spezialisten im Bahnverkehrszentrum frühzeitig ein.

Foto eines Monitors mit einem Netzplan der SBB. Viele bunte Linien, für Laien ein Chaos.
Legende: Für Spezialisten kein Chaos, sondern Augenweide: Streckennetz mit Echtzeitinfos zu jedem Zug. Reto Widmer / SRF

Sensoren für Fahrplan-Prognosen

Liegt die Verspätung des betroffenen Zuges über drei Minuten, passen sie den Fahrplan an und starten den Prognose-Algorithmus. Der wird gefüttert von Sensoren beispielsweise an Signalen, Weichen und Schienen. Sie übermitteln, welcher Zug gerade wo ist.

Stimmt die Position mit dem Fahrplan überein, ist alles ok. Weicht er indes ab, errechnet der Algorithmus, mit welcher Verspätung der Zug im nächsten Bahnhof eintreffen wird, wenn die Verspätung so bleibt wie sie ist – und wie sich das auf andere Züge auswirkt.

Vier Millionen Echtzeitdaten verarbeitet die SBB so pro Tag und berechnet daraus den jeweils besten Fahrweg. Das ist keine leichte Aufgabe bei europaweit 64’000 Haltepunkten, bei denen eine Verbindungsabfrage möglich ist. Verspätungen werden allerdings nur für das SBB-Netz und andere Normalspurbahnen berechnet. Diese Linien umfassen knapp tausend Haltepunkte.

Machen wir als Kunden so eine Abfrage im «Online-Kursbuch», soll im Idealfall jene Verbindung angezeigt werden, die am schnellsten zum Ziel führt. Das kann auch mal ein Umweg sein etwa dann, wenn die übliche Reiseroute von einem Zug blockiert ist.

Der eigentlich statische Fahrplan wird dann flexibel. Für den Beobachter vor Ort im Bahnreisezentrum wirkt das ein wenig wie Modelleisenbahn spielen auf hohem Niveau. Darauf angesprochen lacht Tobias Wittmer und versichert, dass er zu Hause keine Anlage stehen hat.

Übrigens: Wer dem analogen Kursbuch nachtrauert, findet Hilfe fürs Schwelgen in Nostalgie auf Fahrplanfelder.ch. Hier stellt der öffentliche Verkehr das Kursbuch zur Verfügung. Zwar nicht gedruckt, aber dennoch authentisch fast «wie damals» – und offiziell unsterblich.

SRF 4 News, 11:00 Uhr

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