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Session Alkoholgesetz säuft im Ständerat ab

Es sollte die Generalüberholung eines der ältesten Bundesgesetze werden. Fast drei Jahre rangen die Räte um Steuerfragen, Happy Hours und Nachtverkäufe. Am Ende bleibt der grosse Kater: Die kleine Kammer schreibt das Gesetz ab – die Fronten sind zu verhärtet.

Vor gut zehn Jahren eröffnete der Bundesrat eine Grossbaustelle: Die Totalrevision des «Bundesgesetzes über die gebrannten Wasser» von 1932. Heute kam im Ständerat die Abrissbirne zum Einsatz: Die Übung soll auf einstimmigen Antrag der Wirtschaftskommission abgebrochen werden. Morgen dürfte der Nationalrat die Vorlage endgültig versenken.

Kampf dem «Saufteufel»

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Das «Bundesgesetz über die gebrannten Wasser» trägt nicht nur einen antiquierten Namen. Es ist auch alt. Sehr alt sogar: Seine Ursprünge gehen auf 1887 zurück, und es war aus der Not geboren. Denn eine Pest ging um. Eine Rückblende.

Die Fronten seien dermassen verhärtet, dass die Wirtschaftskommission (WAK) eine Einigung für ausgeschlossen halte, sagte ihr Sprecher Konrad Graber (CVP/LU). Unvereinbar waren die Positionen zunächst beim geplanten Nachtverkaufsverbot für Alkohol.

Das Fass zum Überlaufen brachten schliesslich geplante Steuerrabatte für Schnapsbrenner und Obstlieferanten. Die hochkomplexen Regelwerke stiessen wiederholt auf Kritik; manch Parlamentarier sprach von einer «Schnapsidee».

Umstrittene Steuererleichterungen

Zunächst hatten sich die Räte auf ein System mit Ausbeutebesteuerung geeinigt. Basis der Besteuerung wäre dabei die erwartete Ausbeute aus dem zu brennenden Rohstoff gewesen und nicht die tatsächlich hergestellte Menge Alkohol. Das sollte inländischen Produzenten gegenüber ausländischen einen Vorteil verschaffen. Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken verwarf der Ständerat die Idee dann aber wieder.

Die WAK des Nationalrates beauftragte die Verwaltung daraufhin, Alternativen auszuarbeiten. Sie lehnte diese jedoch ab und brachte ein eigenes System zur Steuerermässigung ins Spiel: Die Steuern für Brenner mit einer Jahresproduktion von bis zu 1000 Liter reinem Alkohol und für Obstlieferanten, die dieselbe Menge brennen lassen, sollten um 30 Prozent reduziert werden.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Die Bauernlobby, die damit den Absatz von Früchten und Beeren anzukurbeln hoffte, fand damit im Nationalrat eine Mehrheit. Aufgrund eines Rechtsgutachtens kam die Ständeratskommission jedoch zum Schluss, dass das Modell weder verfassungskonform ist noch vereinbar mit internationalen Handelsverträgen.

Auch das Nachtverkaufsverbot für Alkohol war umstritten. Der Bundesrat beantragte, dass in Läden zwischen 22 Uhr und 6 Uhr kein Alkohol verkauft werden darf. Der Ständerat stimmte dem aus Gründen des Jugendschutzes zu, im Nationalrat fand die Idee aber keine Mehrheit.

Audio
Neues Alkoholgesetz beerdigt
aus Echo der Zeit vom 16.12.2015. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 47 Sekunden.

«Ein schickliches Begräbnis»

Absehbar ist nun ein sanft revidiertes Alkoholgesetz, mit dem alle gleich unzufrieden sind. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf bezeichnete den erstaunlichen Vorgang nach zweijähriger Differenzbereinigung als «schickliche Beerdigung». Trotzdem sei die Abschreibung nach einer derartigen «Leidensgeschichte» in den Räten richtig. Ziel sei eine Vereinfachung gewesen, doch die Endlos-Beratungen hätten die Vorlage noch viel komplizierter gemacht.

Ein Gesetz für die unbestrittenen Aspekte der Vorlage – die Liberalisierung des Ethanolmarktes und die Integration der Alkohol- in die Zollverwaltung – sei immerhin in der Pipeline, so die abtretende Bundesrätin. Jetzt könnten die Räte weitere zehn Jahre über eine Totalrevision brüten, sagte Widmer-Schlumpf mit einem Schmunzeln.. Sie werde die weitere Entwicklung aus der Ferne beobachten.

Immerhin: Nach jahrelangem Gezänk endete das Geschäft versöhnlich: Eveline Widmer-Schlumpf wurde mit freundlichem Applaus bedacht. Morgen folgt bei einem Apéro die offizielle Verabschiedung der Magistratin. Dann wird es an ihrem Nachfolger Ueli Maurer sein, die Revision in die Räte zu bringen.

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