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Aufklärung über Weiterverbreitung von Nacktbildern
Aus Echo der Zeit vom 07.02.2018. Bild: Colorbox
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Sexualisierte Gesellschaft Sexting-Aufklärung für Jugendliche tut not

Die Ex-Freundin mit Nacktbildern öffentlich blossstellen: Auch Minderjährige können strafrechtlich dafür belangt werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit Sexting ist das Verschicken von privaten Nacktbildern in den sozialen Medien gemeint.
  • Sexting kann strafbar sein, wenn Minderjährige betroffen sind.
  • Vielen Jugendlichen ist nicht bewusst, was sie mit dem Verschicken solcher Bilder auslösen können.

Zwei Faktoren kommen bei Jugendlichen zusammen. Erstens sind sie in einer Lebensphase, in der sie sich stark mit Sexualität beschäftigen. Zweitens besitzt fast jede und jeder ihnen von ein Smartphone.

Da sei es nur naheliegend, dass Jugendliche Whatsapp, Instagram und Facebook auch zum Austausch über sexuelle Inhalte verwendeten, sagt Cornelia Bessler, Chefärztin am Zentrum für Kinder- und Jugendforensik der Universität Zürich. In diesem Zentrum landen viele Fälle von Sexting.

Bilder dienen zur Selbstdarstellung

Zum Austausch gehöre auch und gerade das Verschicken von Bildern. «Jugendliche haben oft in ihrer Sprachentwicklung noch Schwierigkeiten, sich auszutauschen. Und da sind Bilder sehr viel aussagekräftiger. Sie implizieren ganz viel, was sie mitteilen wollen, auch wie sie sich darstellen wollen.» Das sei für sie ganz wichtig, da sie auf dem Weg der Identitätsfindung seien. Und da ist eben auch die Selbstdarstellung ein wichtiges Element.

Cornelia Bessler stellt aber fest, dass Jugendliche oft sehr unbedarft sind, wenn sie erotische Fotos oder Filmchen von sich selber verschicken. «Im Rahmen von neuen Beziehungen, insbesondere von Liebesbeziehungen, haben die Jugendlichen oft das Gefühl, dass es sich um einen privaten Austausch handelt», sagt sie.

Schmerzhafte Erfahrung

Viele würden dabei nicht bedenken, dass solche Fotos, ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen, weiterverbreitet werden können. Das geschieht etwa aus Rache, wenn die Beziehung in die Brüche geht. Oder um mit den Nacktfotos anzugeben wie mit Trophäen.

Für die Betroffenen ist das häufig eine sehr schmerzhafte Erfahrung. Sie fühlen sich schutzlos, blamiert und empfinden eine grosse Scham. Zumal es sehr schwierig ist, Fotos, die sich im Internet oder in den sozialen Medien verbreiten, vollständig zu löschen.

Die Auswirkungen sind vielen nicht bewusst

Jenen Jugendlichen, die solche privaten Fotos weiterverbreiten, sei vielfach gar nicht bewusst, wie schlimm das für die Opfer sei, weiss Cornelia Bessler aus ihrer Arbeit als Jugendpsychiaterin. «Sie machen sich meistens keine Gedanken darüber. Sie sind oft sehr egozentrisch eingeengt. Das ist im Rahmen der Entwicklung erklärbar. Es geht darum, ihnen aufzuzeigen, was die Auswirkungen sind.»

Sie wolle ihnen vor Augen führen, was das Weiterbreiten von Nacktfotos bei den Betroffenen anrichten kann. Die Täter sollen versuchen, eine gewisse Empathie zu entwickeln. Das ist ein erster Schritt im Behandlungsprogramm.

In einem zweiten Schritt sollen sie aber auch mit unbequemen Fragen konfrontiert werden. Es geht um die Gründe für ihr Verhalten und um den Umgang im Freundeskreis. Es muss abgeklärt werden, ob vielleicht eine Pornografie-Sucht vorliegt.

Strafrechtliches Verfahren möglich

Gegen Jugendliche, die Nacktfotos von Minderjährigen abspeichern, sammeln oder weiterschicken, kann ausserdem auch ein strafrechtliches Verfahren wegen Verbreitung von Kinderpornografie eröffnet werden.

Die Chefärztin am Zentrum für Kinder- und Jugendforensik der Uni Zürich betont, solche Strafverfahren könnten sinnvoll sein.

Die Jugendlichen merken dann, dass es gesellschaftliche Ordnungen gibt, an die sie sich zu halten haben
Autor: Cornelia Bessler Chefärztin am Zentrum für Kinder- und Jugendforensik der Uni Zürich

Denn: «Strafverfahren können bei den Jugendlichen sehr viel auslösen. Sie merken dann, dass es gesellschaftliche Ordnungen gibt, an die sie sich zu halten haben. Das finde ich sehr sinnvoll. Daher finde ich ein Strafverfahren eher gewinnbringend.»

Wie es das Schweizer Jugendstrafrecht vorsehe, müsse es das Ziel sein, dass der Jugendliche sein Verhalten ändere. Dies werde allenfalls mit Hilfe einer Therapie oder betreuerischer Massnahmen erreicht.

Auseinandersetzung mit dem Thema nötig

Harte Strafen oder Sanktionen hingegen seien nicht zielführend.

Freiheitsentzug bringt meistens nichts. Damit sind keine Einsichten verbunden.
Autor: Cornelia Bessler Chefärztin am Zentrum für Kinder- und Jugendforensik der Uni Zürich

«Freiheitsentzug bringt meistens nichts. Damit sind keine Einsichten verbunden. Der Jugendliche muss sich schon mit der Thematik auseinandersetzen»

Vielen Jugendlichen ist gar nicht bewusst, wann Sexting illegal ist und dass nach der Umsetzung der Pädophilie-Initiative möglicherweise sogar Berufsverbote drohen. Sie wissen oft auch nicht, dass es unter Umständen sogar strafbar sein kann, wenn Minderjährige Nacktfotos von sich selber verbreiten. Deshalb, so Fachfrau Bessler, sei es wichtig, Jugendliche schon frühzeitig über die Gefahren des Sexting aufzuklären.

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