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EU-Rahmenabkommen chancenlos
Aus Tagesschau vom 25.09.2020.
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Sozialpartner winken ab Das Rahmenabkommen mit der EU ist klinisch tot

Nach Ansicht der Sozialpartner kann das Rahmenabkommen in seiner heutigen Form nicht unterschrieben werden.

Eigentlich wollten die Sozialpartner die Ergebnisse ihrer Verhandlungen noch bis Sonntag geheim halten: Erst nach der europapolitisch wichtigen Abstimmung über die sogenannte Begrenzungsinitiative sollte die Öffentlichkeit erfahren, ob die Sozialpartner dem vom Bundesrat ausgehandelten Rahmenabkommen mit der EU zustimmen können.

Nun aber zeigt ein Brief an den Bundesrat: Die Sozialpartner bleiben kritisch. Sie versagen dem aktuellen Abkommen ihre Unterstützung. Ohne ihre Unterstützung aber ist dieses praktisch tot.

Das Rahmenabkommen gefährdet die Löhne, es unterhöhlt unseren Lohnschutz.
Autor: Daniel Lampart Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB)

Lohnschutz als grösste Sorge

«Das Abkommen in der heutigen Form ist in keiner Art und Weise mehrheitsfähig», sagt etwa Daniel Lampart vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund. Die Sozialpartner kritisieren unisono, dass der Schutz der Schweizer Löhne ungenügend sei, wenn das Rahmenabkommen in der heutigen Form unterzeichnet würde. «Es gefährdet die Löhne, es unterhöhlt unseren Lohnschutz», sagt Gewerkschafter Lampart. «Es braucht jetzt neue Verhandlungen mit der EU, die das Abkommen fundamental verbessern.»

Der Arbeitgeberverband und der Gewerbeverband wollen zudem, dass im Rahmenabkommen explizit fest gehalten wird, dass Teile der sogenannten Unionsbürger-Richtlinie für die Schweiz nicht gelten. Die Arbeitgeber befürchten sonst, dass arbeitslose EU-Bürger in der Schweiz Sozialleistungen beziehen können, ohne vorher hier gearbeitet zu haben.

Reaktion der EU ungewiss

Weiter fordern die Gewerkschaften und der Gewerbeverband vom Bundesrat, auch in Sachen Streitschlichtung neu zu verhandeln. Sie möchten verhindern, dass die Schweiz neue EU-Gesetze fast automatisch übernehmen muss (dynamische Rechtsübernahme) und dass in Streitfällen der europäische Gerichtshof als letzte Instanz entscheidet.

Sie schlagen vor, ein neues Rahmenabkommen zu entwickeln – ähnlich dem Modell von Ex-Diplomat Michael Ambühl. Allerdings ist höchst fraglich, ob die EU einen anderen, für die Schweiz weitaus vorteilhafteren Vertrag unterzeichnen würde.

In ihrem Brief schreiben die Sozialpartner weiter, dass ein Rahmenabkommen in der Schweiz Zustimmung finden würde, wenn Fragen der Personenfreizügigkeit komplett davon ausgenommen würden. Dies aber dürfte für die EU undenkbar sein.

Bundesrat vor Scherbenhaufen

Die Ergebnisse der Aussprache unter den Sozialpartnern bedeutet, dass der Bundesrat vor einem Scherbenhaufen steht. Ohne die Zustimmung der wichtigen Sozialpartner würde ein Abkommen mit der EU wohl spätestens dann scheitern, wenn es dem Schweizer Parlament vorgelegt werden muss.

Ursprünglich wollte der Bundesrat das Rahmenabkommen noch vor dem Brexit von Grossbritannien unter Dach und Fach bringen. Unklar ist, wie die EU reagiert, sollte der Bundesrat das Rahmenabkommen für gescheitert erklären.

Einschätzung von Nathalie Christen, SRF-Bundeshauskorrespondentin

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Seit längerem ist klar, dass das aktuelle Rahmenabkommen einen schweren Stand haben wird in der Schweiz: Links kritisierte früh mangelnden Lohnschutz, die SVP warnte vor fremden Richtern. Die CVP hatte ebenfalls Bedenken. Im Grundsatz zufrieden zeigten sich eigentlich nur FDP, GLP und die BDP. Doch auch in der FDP rumort es. Alt Bundesrat Johann-Schneider stellte kürzlich öffentlich die Frage nach der Souveränität – er sieht sie durch das aktuelle Abkommen bedroht.

Der Brief der Sozialpartner zeigt nun: Diese Befürchtungen werden breit geteilt. Und es gibt keine rein innenpolitische Lösung, welche die Mängel wegzaubern könnte. Das Nein aller beteiligten Verbände dürfte der Todesstoss sein für das vorliegende Rahmenabkommen. Klärungen oder Präzisierungen, wie sie der Bundesrat anstrebt, werden nicht reichen. Dem Bundesrat steht ein schwerer Gang nach Brüssel bevor.

Tagesschau vom 25.09.2020, 18 Uhr

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