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Verbot auf Lebenszeit für Pädophile
Aus 10 vor 10 vom 18.09.2017.
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Ständerat fährt harte Linie Tätigkeitsverbote für Pädo-Kriminelle sollen endgültig sein

Lebenslang ist lebenslang. Berufsverbote für Pädo-Kriminelle sollen nicht aufgehoben werden können. Das will der Ständerat.

Darum geht es: Wer ein Sexualdelikt an einem Kind verübt hat, darf sein Leben lang nie mehr mit Minderjährigen arbeiten – weder im Beruf, noch in der Freizeit. Mit wuchtigen 63 Prozent haben sich Volk und Stände vor drei Jahren diesem Ansinnen der Pädophilen-Initiative angeschlossen. Laut Initiativtext soll das Verbot «endgültig» gelten. Der Bundesrat plädierte dafür, dass Tätigkeitsverbote nach zehn Jahren neu beurteilt werden können. Es sei denn, es handle sich um einen Fall von «klinisch diagnostizierter Pädophilie».

Das wurde entschieden: Nun hat der Ständerat begonnen, die Details zur Pädophilen-Initiative ins Gesetz zu schreiben. Er widersetzte sich in dem gewichtigen Punkt der Überprüfung von Tätigkeitsverboten dem Bundesrat: Diese sollen lebenslänglich gelten und nicht aufgehoben werden können. Der Entscheid fiel mit 28 zu 14 Stimmen. Auf der anderen Seite hält der Ständerat an der vom Bundesrat vorgeschlagenen sogenannten Härtefallklausel fest: In leichten Pädophilie-Fällen soll der Richter ganz auf die Verhängung eines Tätigkeitsverbots verzichten können. Zum Beispiel, wenn ein über 16-Jähriger mit einer unter 16-Jährigen ein sexuelles Verhältnis hat (siehe Kasten).

Die Grundsatzfrage: Die einen witterten Verrat am Volkswillen. Die anderen fürchteten, die wortgetreue Umsetzung der Initiative könnte die Schweiz in Konflikt mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen. Wie schon bei der Ausschaffungs- und Masseneinwanderungs-Initiative stand das Parlament damit vor einem Umsetzungsproblem. Denn automatische, ausnahmslose und lebenslängliche Berufsverbote kollidieren mit dem Prinzip der Verhältnismässigkeit.

Wir müssen hart am Wind segeln und die nötige Strenge walten lassen.
Autor: Andrea CaroniStänderat (FDP/AR)

Die Debatte: Andrea Caroni (FDP/AR) machte sich für eine «pfefferscharfe Umsetzung» stark: «Wir sollten ein Minimum an Verhältnismässigkeit zulassen, dazu gehört etwa die Härtefallklausel. Ansonsten müssen wir hart am Wind segeln und die nötige Strenge walten lassen.» Dies sage er nicht aus persönlicher Überzeugung, so Caroni, sondern um dem Volkswillen Genüge zu tun.

Thomas Minder (parteilos/SH) machte darauf aufmerksam, dass Grundrechte durchaus eingeschränkt werden könnten – wenn es um den Schutz der Grundrechte Dritter gehe. Dies sei bei Pädophilen gegeben. Der Begriff «endgültig» betreffend des Tätigkeitsverbotes drohe von den «Verhältnismässigkeitsprofis» zur Karikatur gemacht zu werden: «Sie hätten wohl auch die 1:12-Initiative der Juso zur 1:13-Initiative gemacht.»

Wenn die Bevölkerung nicht einverstanden ist mit der Umsetzung, kann sie das Referendum ergreifen.
Autor: Simonetta SommarugaJustizministerin

Strafrechtler Daniel Jositsch (SP/ZH) plädierte dafür, gar nicht erst ein gesondertes Gesetz im Parlament auszuarbeiten: «Wir müssen aufpassen, wie wir mit Volksinitiativen umgehen. Es besteht eine gewisse Tendenz, im Abstimmungskampf durchs Land zu reisen, und das drohende Unheil zu verkünden.» Nach der Annahme eine «Umsetzung light» auszuarbeiten, führe nur dazu, dass die «Verletzung des Volkswillens» angeprangert werde: «Und die Bevölkerung hat das Gefühl, dass sie sowieso nur ein Zeichen setzt.» Dies leiste radikalen Initiativen Vorschub.

Das sagt der Bundesrat: Justizministerin Simonetta Sommaruga versuchte, die Räte an die «Grundlage unserer direkten Demokratie» zu erinnern: Die Bevölkerung stimme ab, dann komme das Parlament ins Spiel, um das Gesetz unter Berücksichtigung der Bundesverfassung zu konkretisieren: «Wenn die Bevölkerung nicht einverstanden ist mit der Umsetzung, kann sie das Referendum ergreifen.» Die Justizministerin verwahrte sich vor Vorwürfen, der Volkswillen würde missachtet.

Abgeschwächter Automatismus

Die Initiative enthält einen Automatismus, die Umstände des Einzelfalls sollen vom Richter nicht berücksichtigt werden dürfen. Weil das den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt, schlug der Bundesrat eine Härtefallklausel vor: In «besonders leichten Fällen» soll das Gericht ausnahmsweise darauf verzichten können, ein lebenslanges Tätigkeitsverbot auszusprechen.
Im Ständerat war das im Grundsatz nicht umstritten. Die Gegner der Härtefallklausel dürften auf den Nationalrat setzen, wo ein Streichungsantrag bessere Chancen hat. Gestritten wurde bloss über die Formulierung: Die Kommission hatte beantragt, dass Richter nicht nur in «besonders leichten», sondern in allen «leichten» Fällen Ausnahmen vom Automatismus machen können.
Andrea Caroni (FDP/AR) wehrte sich gegen die Aufweichung: Es gelte, die Initiative so «pfefferscharf wie bestellt» umzusetzen. Sommaruga setzte sich ebenfalls dafür ein, dass Richter tatsächlich nur bei Bagatelldelikten eine Ausnahme machen können. Der Rat folgte ihr mit 22 zu 19 Stimmen.
Als Beispiele für besonders leichte Fälle hatte der Bundesrat in der Botschaft den Austausch von Videos unter Jugendlichen oder anzügliches Verhalten im Beisein von Kindern genannt, vor allem aber die so genannte Jugendliebe. Diese hat der Ständerat in einer eigenen Bestimmung konkretisiert: Eine Ausnahme ist nur dann möglich, wenn der Täter höchstens 21 Jahre und das Opfer mindestens 14 Jahre alt ist und zwischen den beiden eine Liebesbeziehung bestand.

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