Die Energiekommission des Ständerates (Urek) will keine Laufzeitbeschränkung für alte AKW. Und sie will die Betreiber auch nicht dazu verpflichten, ab 40 Betriebsjahren ein Langzeitbetriebskonzept vorzulegen. Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 7 zu 6 Stimmen, auf beides zu verzichten, wie die Parlamentsdienste mitteilten. Planen die Ständeräte den Ausstieg vom Ausstieg aus der Kernkraft?
«Ganz und gar nicht», widerspricht Kommissionspräsident Ivo Bischofberger. Zunächst habe das Parlament 2011 gemeinsam mit dem Bundesrat den schrittweisen Ausstieg beschlossen, so der CVP-Ständerat. «In der Kommission haben wir mit unserem Eintreten dokumentiert, dass man sich auf den Weg macht. Jetzt wird die Vorlage beraten und entsprechend auch verabschiedet.»
«Das ist ein klares Bekenntnis»
Zudem habe die Kommission den Entscheid gefällt, keine Rahmenbedingungen für den Bau neuer AKW zu bewilligen. «Das ist ein klares Bekenntnis», so Bischofberger. Tatsächlich war in der Ständeratskommission kaum umstritten, dass in der Schweiz keine neuen Atomkraftwerke gebaut werden sollen. Die Urek folgte in diesem Punkt mit 11 zu 2 Stimmen dem Bundesrat und dem Nationalrat.
Dem Nationalrat gefolgt ist die Ständeratskommission zudem bei den steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für energetische Sanierungen von Gebäuden. Die Befürworter möchten damit zusätzliche Anreize zur Steigerung der Energieeffizienz schaffen. Um Mehrfachförderungen zu vermeiden, hat die Ständeratskommission jedoch Änderungen beschlossen.
Gibt es hundertprozentige Sicherheit?
Gleichwohl bleibt das Thema Sicherheit Zankapfel unter den Parteien; erst im letzten Monat wurden in Beznau Unregelmässigkeiten festgestellt – Beleg genug, dass ein AKW nur zu 100 Prozent sicher ist, wenn es abgeschaltet ist? «Gibt es diese hundertprozentige Sicherheit überhaupt?», entgegnet Bischofberger. «Diese Vorkommnisse zeigen deutlich, dass das Ensi entsprechende Problematiken aufnimmt und die nötigen Investitionen verordnet – sei das Beznau, sei das Mühleberg. Dann werden die Werke wieder freigegeben.»
Damit umreisst der CVP-Ständerat auch den Standpunkt der Mehrheit der Energiekommission: Die geltenden Regeln genügten, um den sicheren Betrieb der Atomkraftwerke zu gewährleisten. Das Langzeitbetriebskonzept bringe keine Verbesserungen. Es würde im Gegenteil zu einer Rechts- und Investitionsunsicherheit. Bereits im Nationalrat hatten die Gegner vor Entschädigungsforderungen der AKW-Betreiber gewarnt.
«Wir betreiben kein parteipolitisches Hick-Hack»
Voraussichtlich wird sich auch das Stimmvolk mit der Frage befassen, wie lange AKW laufen dürfen. Die Grünen fordern mit ihrer Atomausstiegsinitiative, dass die Laufzeit für alle AKW auf 45 Jahre begrenzt wird. Beznau I müsste ein Jahr nach Annahme der Initiative vom Netz gehen.
Die Grünen sind es denn auch, die dem bürgerlichen Lager, namentlich der CVP, wahltaktische Verzögerungen am Projekt Atomausstieg vorwerfen. Bischofberger verneint: «Ich darf für unsere Kommission zum Ausdruck bringen: Polittaktik oder parteipolitisches Hick-Hack spielt keine Rolle. Es wurde sehr seriös gearbeitet und argumentiert.»
Und mit 7 zu 6 Stimmen denkbar knapp entschieden – wird der Entscheid auch in der Kleinen Kammer Bestand haben? «Es wird sich zeigen, welcher Argumentationsschiene das Plenum folgen wird.» Fest steht: Auszuschliessen ist «parteipolitisches Hick-Hack» beim Reizthema Atomausstieg im Ständerat nicht.
Die Haltung des Nationalrats
Der Nationalrat hatte sich bei den Beratungen zur Energiestrategie 2050 dafür ausgesprochen, die Laufzeit der ältesten AKW auf 60 Jahre zu beschränken. Benznau I müsste damit im Jahr 2029 vom Netz gehen, Beznau II im Jahr 2031. Nach 40 Jahren sollen Atomkraftwerke nach dem Willen des Nationalrates zudem nur dann weitere 10 Jahre laufen dürfen, wenn das Ensi das Konzept bewilligt. Nach Ablauf der Frist könnten die Betreiber erneut ein Konzept vorlegen. Nicht zuletzt das Ensi hatte sich präzisere Regeln gewünscht. In der Ständeratskommission haben sich diese nun aber nicht durchgesetzt. |