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Initiativen chancenlos
Aus Echo der Zeit vom 11.02.2019. Bild: Keystone
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Zurück zur Normalität Die grosse Zeit der Volksinitiativen ist vorbei

Über Jahre stand Bundesbern im Bann von Volksinitiativen. Nun hat der Wind gedreht. Politologe Claude Longchamp erklärt, warum.

Am Sonntag ist auf eidgenössischer Ebene über die letzte Volksinitiative dieser Legislatur abgestimmt worden. Die Zersiedelungs-Initiative wurde klar abgelehnt. In den letzten vier Jahren der eidgenössischen Politik hat das Stimmvolk damit keine einzige Volksinitiative angenommen.

Ganz anders die drei Legislaturen davor. Unter den angenommenen Volksbegehren waren einige Knacknüsse. Mitunter schlugen sich Regierung und Parlament über Jahre mit der Umsetzung von Volksinitiativen herum.

Eigentlich ist es der Schweizer Normalfall, dass Volksinitiativen abgelehnt werden, sagt Politikwissenschaftler und Historiker Claude Longchamp, der an verschiedenen Schweizer Hochschulen lehrt: «Wir waren uns in den letzten zwölf, fünfzehn Jahren gewohnt, dass Volksinitiativen immer Erfolg hatten. Es war ein Fenster der Möglichkeiten, das plötzlich aufgegangen ist – und jetzt wieder zu ist.»

Dass dieses Fenster gerade Anfang der Nuller-Jahre aufgegangen war, ist für den Politbeobachter erklärbar. In dieser Phase habe sich der politische Diskurs in der Schweiz verändert. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sei eine untypische Phase eingetreten: «Das Vertrauen in die Institutionen war tief. Das Misstrauen begann zu wachsen durch die Nicht-Wahl eines SVP-genehmen Bundesrats 1999.»

Grassierendes Misstrauen

Ein starkes Misstrauen gegenüber der Regierung und den Institutionen, eine oppositionelle Haltung: Zu dieser Stimmung hatte laut Longchamp die SVP wesentlich beigetragen. Entsprechend waren Initiativen, die von der SVP oder SVP-nahen Kreisen kamen, erfolgreich: das Minarettverbot, die Ausschaffungs- und die Masseneinwanderungs-Initiative.

Doch in den letzten vier Jahren sind solche Erfolge ausgeblieben. Auch weil sich in dieser Legislaturperiode die Konstellation verändert hat: «Die SVP ist wieder mit zwei Vertretern, die sie selber bestimmt hat, im Bundesrat vertreten.»

Guy Parmelin bei seiner Wahl 2015 im Nationalrat
Legende: «Seit der Wahl von Guy Parmelin anstelle von Eveline Widmer-Schlumpf haben wir quasi wieder den Konkordanz-Fall im Bundesrat», sagt der Politikwissenschaftler Claude Longchamp. Keystone

Dies bedeutet, dass die SVP wieder besser eingebunden ist ins politische System. Dadurch wurde es für sie aber schwieriger, sich als Oppositionskraft zu profilieren. Wohl auch deshalb wurden ihre Durchsetzungs-Initiative und ihre Selbstbestimmungs-Initiative abgelehnt.

Die Politik hat dazugelernt

Dass es Initiativen mittlerweile wieder schwerer haben, liegt aber nicht nur an der etwas veränderten Rolle der SVP. Noch vor wenigen Jahren wurden auch Initiativen mit ganz anderem Absender vom Stimmvolk angenommen. Etwa Initiativen aus dem Umweltbereich – Stichwörter sind gentechnikfreie Landwirtschaft und Zweitwohnungen.

Die Politik habe aber Lehren daraus gezogen und ergreife selber Massnahmen, um solchen Initiativen präventiv den Wind aus den Segeln zu nehmen, sagt Longchamp, und verweist auf die Zersiedelungs-Initiative: «Das Raumplanungsgesetz wurde als sinnvollere Alternative angesehen.»

In der Energiepolitik sei die Energiewende beschlossen worden: «Radikalere Initiativen für den Ausstieg aus der Atomenergie waren dann weniger wirkungsvoll.»

Erfolgreiche Volksinitiativen kann es trotzdem auch in Zukunft geben. Aber die Phase, in der fast jedes Jahr eine Volksinitiative angenommen wurde, ist vorläufig zu Ende.

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