Der Kanton Aargau erhält bei den Wahlen 2015 einen zusätzlichen Sitz im Nationalrat, seinem grossen Bevölkerungswachstum sei Dank. Dieser zusätzliche Sitz soll unbedingt in bürgerliche Hände kommen, wie die Parteipräsidenten von SVP, FDP und CVP am Dienstag gemeinsam kommunizierten. Deshalb haben die drei grossen bürgerlichen Parteien eine Listenverbindung beschlossen. Mit im Boot ist auch die kleine EDU.
Diese Listenverbindung wäre auf nationaler Ebene nicht möglich. Zwar liebäugelt die SVP mit dem Freisinn, in vielen Kantonen grenzt sich die FDP aber klar ab. Die CVP gilt vielen Bürgerlichen gar als zu links. Im Aargau aber sei diese Verbindung logisch, meint der freisinnige Parteipräsident Matthias Jauslin. «In Fragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik arbeiten wir seit Jahren eng zusammen, wir haben einen guten Groove gefunden.»
Eine ungewöhnliche Allianz
Trotzdem: Die Verbindung bleibt aussergewöhnlich, selbst für den Aargau. Seit nunmehr etwa 20 Jahren ist keine grosse bürgerliche Koalition mehr zu Stande gekommen. Nun hat es also - auf Vermittlung vor allem der FDP - geklappt. Dabei mussten vor allem CVP und SVP auch über ihre eigenen Schatten springen.
«Wir heiraten oder fusionieren ja nicht, die Parteiprogramme bleiben bestehen», meint dazu SVP-Präsident Thomas Burgherr gegenüber Radio SRF. Die Listenverbindung sei aber die beste Lösung, um den bürgerlichen Sitz zu sichern. Dafür lässt die SVP sogar zu, dass allenfalls auch die BDP noch ins Boot steigt. Allerdings hat sich die BDP bisher noch nicht entschieden.
Die CVP argumentiert mit Zahlen
«Natürlich wird das nicht allen gefallen», gibt auch CVP-Parteipräsident Markus Zemp zu. Gerade auf nationaler Ebene erwartet er Kritik von Parteikollegen zu seinem Bündnis mit der SVP. «Aber ich habe den Auftrag, den zweiten Sitz für unsere Partei zu holen», so Zemp. Und: «In den Aargauer Stammlanden der CVP gilt unsere Partei noch immer als bürgerliche Kraft.» Vor allem in diesen Gebieten hofft Zemp auf Verständnis der Parteibasis.
Sein Argument ist rechnerischer Natur: Mit dieser Listenverbindung mit FDP und SVP kann sich die CVP des 16. Sitzes mehr oder weniger sicher sein. Eine Listenverbindung mit BDP und GLP zum Beispiel wäre da weit weniger Erfolg versprechend gewesen. «Es gab andere Optionen, die sich im Lauf der Zeit aber als nicht so zielführend herausstellten», meinte Zemp dazu an der Medienkonferenz.
Wähleranteile der Parteien (Nationalratswahlen 2011)
Partei | Wähleranteil in Prozent |
---|---|
SVP | 34.74 |
FDP | 11.48 |
CVP | 10.59 |
EDU | 1.17 |
Total Potential Listenverbindung (ohne BDP) | 57.98 |
Nicht nur Einigkeit beim Ständeratswahlkampf
Allerdings: Die bürgerliche Allianz bleibt durchaus fragil. Was sich bei den Absichtserklärungen zum Ständeratswahlkampf bereits zeigte. Offiziell wollen sich die drei bürgerlichen Parteien zumindest bis zum ersten Wahlgang «gegenseitig unterstützen» oder zumindest «nicht bekämpfen», wie die Parteipräsidenten in Aarau ausführten.
Gemeinsame Plakate gibt es aber nicht. Und auch im Umgang mit der bisherigen SP-Ständerätin Pascale Bruderer zeigten sich Differenzen. SVP-Präsident Burgherr meint: «Wir wollen eine ungeteilte bürgerliche Standesstimme. Pascale Bruderer ist nicht gesetzt, sie verfügt auch über einen nur dürftigen Leistungsausweis.» CVP-Präsident Markus Zemp fügte nach diesem Votum aber sogleich an, seine Partei werde die SP-Ständerätin im Wahlkampf «nicht bekämpfen».
Es ist eine Zweck-Verbindung, die die grossen bürgerlichen Parteien eingehen. Und sie machen daraus auch kein Geheimnis. Immerhin: Man vertraut einander offenbar. Die Listenverbindung ist definitiv beschlossen, die Parteibasis hat bei allen Parteien der Parteileitung diese Kompetenz erteilt. Unterzeichnet haben die Parteipräsidenten die Verträge aber noch nicht. «Das müssen wir dann noch machen», meinte Markus Zemp an der Medienkonferenz lachend.
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 17:30 Uhr)