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Wahlkampf Skandale und alte Eisen: In der Romandie ist viel los

Querelen in der Waadtländer SVP, ein CVP-Senior, der nicht aufsteckt, und in Neuenburg sind nur noch vier Sitze zu vergeben. SRF-Korrespondent Thomas Gutersohn gibt einen Ausblick auf die Wahlen in der Romandie.

SRF News: In der Waadt ist die SVP traditionell stark. Die Partei hatte aber in den letzten Wochen mit einem Skandal um ihre Parteipräsidentin zu kämpfen. Könnte das Auswirkungen auf die Wahlen haben?

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Die umstrittensten Sitze in der Romandie
aus HeuteMorgen vom 10.09.2015.
abspielen. Laufzeit 7 Minuten.

Thomas Gutersohn: Ja, das wird Auswirkungen haben. Im Gegensatz zu anderen Westschweizer Kantonen hat die SVP eine lange Tradition in der Waadt. Da kommen die internen Querelen der SVP ganz sicher nicht gut an. Ob dies die Partei schliesslich einen Sitz kosten wird, wird sich noch zeigen. Grösste Konkurrentin der SVP ist die FDP, welche ebenfalls vier Sitze im Nationalrat hat. Die Konkurrenz hat sich verschärft, weil die beiden Parteien in diesem Jahr in Folge der Masseneinwanderungsinitiative keine Listenverbindung eingegangen sind. Die FDP ist hier generell im Aufwind und die SVP durch diese internen Querelen geschwächt. Dies könnte die Partei durchaus einen Sitz kosten.

Die CVP hat Neirynck eigentlich schon zum alten Eisen gezählt und wollte ihn nicht mehr aufstellen.

Thomas Gutersohn

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Thomas Gutersohn hat in Genf Internationale Beziehungen studiert und arbeitet seit 2008 bei Radio SRF. Ab 2012 berichtete er als Korrespondent aus der Westschweiz. Seit 2016 lebt er im indischen Mumbai und berichtet für SRF aus Indien und Südasien.

Einen spannenden Kampf könnte es auch in der Mitte um den einzigen Sitz der CVP geben. Der bisherige CVP-Nationalrat Jacques Neirynck tritt im Alter von 84 Jahren nochmals an. Wäre es seiner Partei lieber, er würde nicht gewählt?

Die CVP hat Neirynck eigentlich schon zum alten Eisen gezählt und wollte ihn nicht mehr aufstellen. Das sieht er jedoch definitiv anders. Er wollte sich zunächst als unabhängiger Kandidat aufstellen lassen, hat jetzt aber mit den Senioren der CVP eine eigene Liste gegründet. Damit torpediert er den Spitzenkandidaten der CVP, den ehemaligen und unglücklichen Postchef Claude Béglé. Er hat schon 2011 erfolglos für den National- und Ständerat kandidiert, 2012 versuchte er in die Waadtländer Regierung zu kommen ─ ebenfalls ohne Erfolg. Ehrlich gesagt bietet er auch dieses Jahr nicht viele Argumente, mehr Stimmen zu holen, denn in den letzten Jahren war er in der Waadtländer Politik eigentlich nicht mehr präsent. Béglé bekommt intern wie auch von aussen Konkurrenz. So tritt die BDP mit der sehr beliebten Christine Bussat, Präsidentin von Marche Blanche, an. Sie hat schon mit der Pädophilen-Initiative gezeigt, dass sie überzeugen kann. Für Béglé spricht dennoch, dass CVP und BDP in einer Listenverbindung sind, was bedeutet, dass die stärkere Partei den Sitz holen wird. Und das ist auch in der Waadt die CVP.

Im Ständerat ist die Waadt mit einer Sozialdemokratin und einem Grünen klar links vertreten, obwohl der Kanton eigentlich bürgerlich dominiert ist. Hat da der FDP-Kandidat überhaupt eine Chance?

Durchaus, wenn man die Kräfteverhältnise im Kanton anschaut: SP und FDP sind als stärkste Parteien gleichauf. Insofern hätte die FDP ein Anrecht auf den Sitz im Ständerat. Die FDP schickt den bisherigen Nationalrat Olivier Français ins Rennen. Er ist aber definitiv die zweite Garde. Viel lieber hätte man den sehr populären Waadtländer Finanzdirektor Pascal Broulis auf dem Ticket gesehen. Aber dieses Pferd will man offenbar noch im Stall behalten, denn in zwei Jahren gilt es, in der Kantonsregierung die Mehrheit wieder zurückzugewinnen. Dann wird Broulis wohl nötiger gebraucht.

Klar scheint, dass in Neuenburg der Sitz rechts verloren geht.

Blicken wir nach Neuenburg. Dort wird es spannend, weil nur noch vier anstatt fünf Sitze im Nationalrat zu vergeben sind. Wer muss da über die Klinge springen?

Klar scheint, dass der Sitz rechts verloren geht. Momentan haben wir zwei Sitze links und drei rechts. Bedenkt man die Schwierigkeiten der Rechten in Neuenburg, scheint es unwahrscheinlich, dass sie ihre Mehrheit im Nationalrat behalten werden. Mit Schwierigkeiten meine ich einerseits die FDP, welche ihre beiden Sitze mit komplett neuen Kandidaten verteidigen muss: Sylvie Perrinjaquet tritt zurück und Pierre-André Monnard wurde von der Kantonspartei ausgeschlossen, weil er als Finanzdirektor von La Chaux-de-Fonds eine schlechte Falle gemacht hat. Schwierigkeiten gibt es aber auch bei der SVP: Der bisherige Raymond Clottu ist nicht wirklich populär und vermochte bei den letzten Ersatzwahlen in den Regierungsrat nicht einmal das eigene Elektorat der SVP zu mobilisieren. FDP und SVP gehen also mit einem grossen Handicap in den Wahlkampf. Die beiden Parteien sagen auch selbst, dass der Sitz wohl bei ihnen verloren geht.

Lachende Dritte könnte die Linke sein. Wie sieht es denn bei ihr aus?

Die SP wird ihren Sitz wahrscheinlich verteidigen können. Weniger gelassen dürften die Grünen sein. Ihre bisherige Kandidatin tritt nicht mehr an. Störenfried für sie könnten die POP-isten ─ die kommunistische Partei in Neuenburg ─ sein. Aber hier gilt es, den 18. Oktober abzuwarten.

Der MCGE will seinen Einfluss ausbauen.

Kommen wir noch zu einem Genfer Phänomen: Das Mouvement citoyens genevois (MCGE) hat vor vier Jahren einen Sitz im Nationalrat erobert. Kann die Partei ihren Sitz halten?

Den Sitz wird sie wahrscheinlich halten können. Parteipräsident Roger Golay tritt, flankiert vom Übervater der Bewegung, Eric Stauffer, wieder an. Der MCGE will seinen Einfluss ausbauen. Ob ihm das gelingt, möchte ich aber bezweifeln, zumal Stauffer bei den Gemeindewahlen in Onex dieses Jahr aus der Exekutive bugsiert wurde: Er ist also nicht mehr so populär wie auch schon. Ohnehin ist es fragwürdig, was der MCGE will. Die Bewegung hat keine nationale Politik: Sie hat es auf die Grenzgänger abgesehen und punktet so in Genf. Sie hat aber Mühe, sich ausserhalb des Kantons zu behaupten. Die Partei versuchte bereits in der Waadt oder in Neuenburg Fuss zu fassen, ist jedoch gescheitert. Aber in Genf ist der MCGE nach der FDP die zweitstärkste Kraft. Als solche sollten genügend Stimmen für mindestens einen Sitz im Nationalrat zusammenkommen.

Das Gespräch führte Tina Herren.

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