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Psyche der Top Shots - was läuft da manchmal falsch?
Aus News-Clips vom 17.01.2022. Bild: Keystone/Archiv
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António Horta-Osório und Co. Warum sich manche Leader nicht an die Regeln halten wollen

Gerade mächtige und einflussreiche Personen scheinen manchmal das Gefühl zu haben, dass die allgemeinen Regeln für sie nicht gelten. Jüngste Beispiele: Novak Djokovic, António Horta-Osório und Boris Johnson. Sie haben sich über geltende Corona-Regeln hinweggesetzt.

Manche Menschen seien in der Tat anfälliger dafür als andere, die Bodenhaftung zu verlieren, sagt Katja Rost, Professorin für Soziologie an der Universität Zürich. Gerade in Führungspositionen gehöre diese Neigung dazu. Der Fachbegriff dafür lautet Hybris und meint die Tendenz mancher Führungspersonen, sich selbst zu überschätzen und ihre Macht zu missbrauchen.

Katja Rost

Katja Rost

Soziologin

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Katja Rost ist Professorin für Soziologie und Privatdozentin für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Zürich. Ihre Schwerpunkte liegen im Bereich der Wirtschafts- und Organisationssoziologie, der digitalen Soziologie, sozialer Netzwerke und Diversität.

SRF News: Wo liegt die Grenze zwischen einem sehr gesunden Selbstvertrauen und Überheblichkeit?

Katja Rost: Selbstvertrauen wird als etwas Positives gewertet, während Hybris sehr negativ konnotiert ist. Dabei geht es effektiv um die Selbstüberschätzung und den Missbrauch von Macht.

Hybris – die Tendenz zur Selbstüberschätzung

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Der Begriff «Hybris» bezeichnete in der Antike frevelhaften Übermut, Selbstüberhebung und Vermessenheit gegenüber den griechischen Göttern. Damit verbunden sind häufig der Realitätsverlust einer Person und die Überschätzung der eigenen Kompetenzen. Dies vor allem bei Personen, die sich in Machtpositionen befinden.

Warum überschätzen sich manche Menschen?

Zum einen gibt es Persönlichkeitseigenschaften, die dazu führen, dass manche Menschen mehr Selbstbewusstsein haben und sich dadurch stärker überschätzen als andere. Das muss ja nichts Negatives sein, es hängt vom Kontext ab. Führungskräfte haben immer ein gewisses Mass an Selbstbewusstsein. Zum anderen gibt es bestimmte Kontexte, in denen Selbstüberschätzung zusätzlich verstärkt wird. Wenn sehr selbstbewusste Personen stark gelobt werden, sehr viel Erfolg haben oder auf einen Thron gesetzt werden, kann sich das Selbstbewusstsein nochmals verstärken und die Person kann sich gottgleich fühlen. Das führt dann zu dieser Hybris: Man denkt, man darf die Macht missbrauchen, weil man quasi Gott ist.

Man denkt, man darf die Macht missbrauchen, weil man quasi Gott ist.

Manche Menschen sind anderen ja auch tatsächlich in gewissen Bereichen überlegen.

Wenn man von der Umwelt hochgelobt wird, führt das zu einem Verlust an Bodenhaftung. Daran sind auch die Medien in vielen Fällen mitschuldig. Sie spiegeln vor, dass manche Leute etwas Besonderes sind, über anderen stehen und suggerieren damit, dass für sie andere Regeln gelten. Die Medien bezeichnen jemanden als «weltbesten Tennisspieler», auch wenn die Unterschiede an der Spitze nur marginaler Natur sind.

Welche Rolle spielt das Umfeld bei der Selbstüberschätzung?

Wir alle bewegen uns in sozialen Kreisen, in denen die anderen ähnlich sind wie wir. Und auch Prominente bewegen sich häufig unter Prominenten, was zu einem entsprechenden Weltbild und in einer gewissen Art und Weise zu Realitätsverlust führt, gerade bei Eliten.

Man gewöhnt sich daran, einen Tisch in einem eigentlich ausgebuchten Restaurant zu bekommen. Alle finden das normal.

Das ist so. Es ist ein Gesetz der Macht, dass sich mächtige Personen weniger an soziale Normen und an soziale Regeln halten müssen, weil das eben auch nicht von ihnen eingefordert wird. Jeder ist froh, sich mit so einer Person zu umgeben. Und klar ist der Restaurant-Chef froh, einen prominenten Gast zu haben.

Es ist ein Gesetz der Macht, dass sich mächtige Personen weniger an soziale Normen und an soziale Regeln halten müssen, weil das eben auch nicht von ihnen eingefordert wird.

Ist es Zufall, dass vor allem prominente Männer an Selbstüberschätzung leiden?

Nein. Das ist kein Zufall. Frauen sind zwar auch in der Lage, Hybris zu entwickeln und tief zu fallen. Doch es sind derzeit eben noch viele Machtpositionen von Männern besetzt. Auch der Frauensport ist nur in wenigen Bereichen so prominent wie der Männersport. Einmal angenommen, die starken Gender-Unterschiede würden irgendwann mal verschwinden und wir hätten weiterhin diese Leistungsgesellschaft, die eine Person unbedingt in den Himmel loben muss, dann wären da Frauen genauso betroffen wie Männer.

Das Gespräch führte Isabelle Maissen.

SRF4 News, 17.01.2021, 06:00 Uhr;

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