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Die Sorgen der Schweizer – das Interview
Aus ECO vom 09.01.2017.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 29 Sekunden.
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Besorgte Schweizer Das Land der Vollbeschäftigung fürchtet sich vor Arbeitslosigkeit

Ohne Job dastehen: Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann erklärt, weshalb gerade das die grösste Sorge der Schweizer ist.

Das grösste Problem der Schweiz ist die Arbeitslosigkeit. So antworteten Schweizer im letzten Stimmungsbarometer des Umfrageforschungs-Instituts gfs.bern. Auf die Frage «Welches sind heute Ihrer Meinung nach die fünf wichtigsten Probleme der Schweiz?» rangiert das Thema mit 46 Prozent ganz oben.

Dabei hat das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco für 2016 eine Arbeitslosenquote von 3,3 Prozent ausgewiesen. In den Augen so mancher Ökonomen heisst eine Quote unter fünf Prozent auch: Vollbeschäftigung. Das bedeutet: Wer eine Stelle verliert, findet sogleich eine neue.

Weshalb also fürchten sich die Bürger vor etwas, das scheinbar nicht existiert? Im Wirtschaftsmagazin «ECO» erklärt Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann diesen scheinbaren Widerspruch.

Tabelle
Legende: Arbeitslosigkeit steht ganz oben: Die 10 grössten Probleme der Schweiz in der Wahrnehmung der Stimmberechtigten. SRF

Zwei Messungen

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Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco zählt jene als Arbeitslose, die sich auf dem RAV gemeldet haben. Die Internationale Arbeits-Organisation ILO dagegen erfasst durch Befragungen auch Arbeitslose, die nicht beim RAV gemeldet sind, und weisen für die Schweiz somit eine höhere Quote aus.

SRF: Die Arbeitslosigkeit ist die grösste Sorge der Schweizerinnen und Schweizer, obwohl sie mit 3,3 Prozent im europäischen Umfeld sehr tief ist. Wie passt das zusammen?

Tobias Straumann: Die Arbeitslosigkeit ist offiziell tief. Inoffiziell sind wir aber bei 5 Prozent [s. Box]. Hinzu kommt: Es fallen seit 2009 zunehmend immer mehr Menschen ganz aus dem Arbeitsmarkt.

Inzwischen stehen wir schlechter da als Deutschland.

Genau. Und die Menschen sehen, dass wir in der Schweiz eine sehr eigenartige Konjunktur haben: Wir sind im Aussenhandel unter Druck. Die Firmen schlagen sich zwar hervorragend, aber sie haben seit 2009 keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen. Auch im Finanzsektor haben wir Mühe. Und das sind eigentlich unsere Pfeiler der Wirtschaft. Auf der anderen Seite beobachtet man einen Immobilienboom durch tiefe Zinsen und hohe Einwanderung. Das ist zwar gut, weil es uns stabiles Wachstum gibt. Aber eines, das sehr einseitig ist. Es sieht eigentlich jeder, dass das so nicht ewig weitergehen kann.

Welche Rolle spielt die Migration?

Tobias Straumann

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Der Wirtschaftshistoriker ist Lehrberauftragter an den Universitäten Zürich und Basel. Zudem ordnet er das Wirtschaftsgeschehen regelmässig im «Tages-Anzeiger»-Blog «Never Mind The Markets» ein.

Sie spielt eine enorme Rolle, weil sie diese Nachfrage stützt. Das hilft uns einerseits, die Probleme, die wir im Aussenhandel haben, zu balancieren. Auf der anderen Seite wissen wir auch: Innenpolitisch ist sie umstritten. Es gibt auch Verdrängungseffekte. Und die Menschen sehen durchaus: Das ist nicht die Art und Weise, auf die ein Land wirklich reich wird. Es wird reich durch Produktivitätswachstum – und darin sind unsere Exportfirmen eben gar nicht so gut.

Die Schweizer sind zwar zu Jahresbeginn etwas ängstlich. Aber die historische Betrachtungsweise zeigt doch: Die Schweiz war immer sehr flexibel, robust und anpassungsfähig. Wird uns das auch weiterhin gelingen?

Ich weiss zwar nicht, was 2017 passiert. Aber ich wette mit Ihnen, dass wir uns auf die Anpassungsfähigkeit der Schweiz verlassen können. Mittel- bis langfristig bin ich sehr zuversichtlich.

Das Interview führte Reto Lipp.

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