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Weltweit unter Druck – die Mittelschicht
Aus Echo der Zeit vom 18.01.2017. Bild: Keystone
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Bedrängter Mittelstand Das Problem ist erkannt, an Lösungen mangelt es

Nach der Wahl Trumps und dem Brexit-Entscheid ist die Mittelschicht am WEF in Davos in den Mittelpunkt der Debatten gerückt. Wie soll die Politik auf deren Ängste reagieren?

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Politik beschäftigt sich mit den Reichen, den Multis, den Immigranten und den ganz Armen – aber kaum mit dem Mittelstand.
  • Dieser fürchtet sich mehr vor dem sozialen Abstieg, als er noch Chancen für den Aufstieg sieht.
  • Die Politik sollte auf diese Ängste reagieren – darüber sind sich am WEF in Davos alle einig.
  • Die Frage ist bloss: Wie?

Die Mittelschicht sieht sich als Verliererin der Globalisierung. Sie hat Angst, zu kurz zu kommen und letztlich politisch und finanziell auf der Strecke zu bleiben. Am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos sind sich denn auch alle einig, dass die Mittelschicht unter Druck ist.

Der italienische Finanzminister Pier-Carlo Padoan beschreibt es so: «Die Mittelschicht ist desillusioniert, was die eigene Zukunft betrifft. Sie ist enttäuscht, weil ihre Kinder kaum noch eine berufliche Perspektive sehen.» Und: Die Mittelschicht habe plötzlich Angst, dass sie im Notfall nicht vom Staat unterstützt wird.

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Braucht es mehr Umverteilung?

An diesem Punkt möchte Christine Lagarde ansetzen: Beim staatlichen Sicherheitsnetz, das greift, wenn jemand durch alle Raster fällt. Lagarde empfiehlt der Politik, dieses Sicherheitsnetz auszubauen.

«Das bedeutet letztlich, dass die Politik das Vermögen, das dank der Globalisierung und dem technologischen Fortschritt entsteht, stärker umverteilen muss als das im Moment geschieht», ist die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) überzeugt.

Summers mit erhobenem Zeigefinger vor einem Schneeberg-Wandbild.
Legende: Harvard-Professor Summers beschwört den Kampf gegen die Steueroasen. Reuters

Reiche umgehen das Steuern bezahlen

Anders Larry Summers: Er plädiert nicht für eine klassische Umverteilung. Der ehemalige Berater vom US-Präsident Obama nimmt die Steueroptimierung von Grosskonzernen ins Visier: «Ich möchte in einer Welt leben, in der die internationale Politik stärker dagegen ankämpft, dass Multis ihre Geschäfte nicht einfach in Steueroasen und in Länder mit laschen Gesetzen verschieben», so der heutige Harvard-Professor. Die Politik habe bisher die Rechte der Multis viel zu stark verteidigt.

Summers erhofft sich davon, dass die Mittelschicht endlich wieder das Gefühl bekommt, dass die Politik nicht nur für alle andern sorgt – für die Reichen, die Multis, die Immigranten und die ganz Armen – sondern dass sich die Politik auch für den bedrängten Mittelstand einsetzt.

Europa hat keine Vision, keine Vision mit einer starken Botschaft.
Autor: Pier-Carlo Padoan Finanzminister Italien

Ob solch ein politisches Manöver allerdings schon ausreichen würde, um die Existenzängste in Teilen der Bevölkerung zu dämpfen, ist zumindest offen. Denn der Kampf gegen Multis und ihre Steuertricks ändert noch nichts daran, dass viele beruflich keine Perspektive mehr sehen. Immer mehr Menschen aus der Mittelschicht tun sich auf dem Arbeitsmarkt schwer mit der zunehmenden Digitalisierung.

Alles dreht sich ums Geld

Die Debatte um den Mittelstand dreht sich in Davos meist ums Geld: Wer bekommt wie viel, wer greift zur Not wem unter die Arme? Doch für Italiens Finanzminister Padoan greift das zu kurz: Gerade in Europa brauche es mehr, ist er überzeugt. So fehle vor allem eine Vision, wie sie die Brexit-Befürworter in Grossbritannien und wie sie Donald Trump in den USA vermittelt habe.

Padoan mit Brille sitzt an vor einem Wandbild mit Schneeberg.
Legende: Italiens Finanzminister Padoan: «Europa hat keine Vision!» Reuters

«Europa hat keine Vision – keine Vision mit einer starken Botschaft», sagt Padoan ernüchtert. Seines Erachtens ist Europa derzeit zu stark damit beschäftigt, den Zusammenhalt zu sichern.

Doch auch Padoan sagt nicht, wie eine überzeugende Vision Europas konkret aussehen könnte. Offenbar war auch er in letzter Zeit vor allem mit den Problemen der Gegenwart beschäftigt – anstatt sich damit auseinanderzusetzen, wie dem Mittelstand wieder eine Perspektive geboten werden könnte.

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