Der Bitcoin dominiert die Schlagzeilen: Kaum ein Phänomen trieb die Finanzwelt in den letzten Wochen so sehr um wie die digitale Währung. Doch der Bitcoin ist nur eine von weit über 1000 sogenannten Kryptowährungen. Die neuartigen digitalen Zahlungsmittel inspirieren viele Jungunternehmer. Möchten sie ihre Firmen finanzieren, zählen sie nicht mehr nur auf herkömmliche Risikokapitalgeber, sondern auf Kryptowährungen.
20-mal mehr als im Vorjahr
Bei einem ICO veröffentlicht ein Unternehmen im Internet seine Geschäftsidee. Investoren überweisen Geld – nicht Franken oder Dollar, sondern sogenannte Kryptowährungen, wie Bitcoin oder Ethereum. Im Gegenzug erhalten die Investoren eine von der Firma geschaffene Kryptowährung. Diese kann etwa als Zahlungsmittel für Produkte der Firma dienen, oder als Anteil: dann sind die Investoren ähnlich einer Aktie am Unternehmen beteiligt. Die Jungfirmen wiederum verkaufen die erhaltenen Bitcoins und erhalten dafür herkömmliches Geld, mit dem sie ihr Geschäft vorantreiben können.
Der ICO-Markt wächst rasant: Eine Studie des Beratungskonzerns PWC zeigt, dass Unternehmen im letzten Jahr bis Ende November 4.6 Milliarden Dollar über ein ICO einnehmen konnten. Im gesamten Vorjahr waren es noch 236 Millionen, 2015 gar nur 10.5 Millionen. Nicht nur die Kapitalsumme nimmt zu, sondern auch die Anzahl der Firmen, die ein ICO wagen: So gaben 438 Unternehmen digitale Münzen heraus – gut achtmal so viele wie 2016.
Die Schweiz spielt ganz vorne mit
Überzeugt das Produkt, lässt sich mit einem ICO viel Geld auftreiben. Sieben Konzerne konnten so bisher mehr als 100 Millionen Dollar beschaffen. Das weckt Interesse – gerade auch in der Schweiz. In kaum einem anderen Land setzen Jungunternehmer so sehr auf die Karte ICO: vier der zehn grössten ICO kamen von Schweizer Betrieben.
Die zehn grössten ICO nach Kapitalsumme
Filecoin | 257 Mio. Dollar | USA |
Tezos | 238.1 Mio. Dollar | Schweiz |
EOS | 159.2 Mio. Dollar | USA |
Bancor | 156.6 Mio. Dollar | Schweiz |
Polkadot | 145.2 Mio. Dollar | Deutschland |
The DAO | 142.5 Mio. Dollar | Schweiz |
QASH | 106.4 Mio. Dollar | Singapur |
Kin Kik | 97.5 Mio. Dollar | Kanada |
Comsa | 95.4 Mio. Dollar | Japan |
Status | 95 Mio. Dollar | Schweiz |
Achtung, Fake!
Dieser Hype lockt aber auch Betrüger und Geldwäscher an. Fragwürdige Beispiele sind bekannt, wie etwa der Verein Quid Pro Quo. Er lancierte «E-Coin», eine angebliche Kryptowährung – dabei handelte es sich jedoch um einen Fake, der Verein handelte in betrügerischer Absicht. Die Finanzmarktaufsicht Finma intervenierte und stoppte den Handel. Vier Millionen Franken hatte sich Quid Pro Quo erschlichen.
Noch weiter ging die chinesische Zentralbank: Sie hat im September die Kapitalbeschaffung via ICO verboten. Das möchte der Schweizer Gesetzgeber nicht, der Markt wird bisher nicht streng reguliert. Aber auch hierzulande unterstehen ICO den üblichen Gesetzen. Die Finma schreibt: «Wenn [die Finma] Hinweise hat, dass gegen die Finanzmarktgesetze verstossen wird, geht sie diesen nach und zieht – wenn nötig – die Gesellschaften aus dem Verkehr. Ausserdem konkretisiert die Finma derzeit ihre Praxis bezüglich ICOs».