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Laut Christian Häberli wird der US-Protektionismus zum Bumerang
Aus ECO vom 09.04.2018.
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Trump auf Konfrontationskurs Die USA schaden sich selbst

Der US-Präsident arbeitet gegen die Ideen des Freihandels. Dieser Protektionismus führt in eine Sackgasse.

Die Tonlage hat sich verschärft. US-Präsident Donald Trump beharrt auf seiner «America First»-Politik, und der Handelskonflikt mit China schraubt sich täglich in neue Höhen. Nachdem die USA Zölle auf Stahl und Aluminium eingeführt haben, geht es inzwischen um ein Handelsvolumen von gut 100 Milliarden US-Dollar.

Simon Evenett verfolgt protektionistische Tendenzen seit Jahren. Er ist Professor für Internationalen Handel an der Universität St. Gallen und stellt fest: «US-Präsident Donald Trump will nicht mehr nach den alten Regeln spielen.» Sein Protektionismus sei viel transparenter, weil er wolle, dass die Öffentlichkeit davon erfahre.

Kein Land betreibt mehr Protektionismus

Donald Trump spricht deutlicher aus, was bereits länger im Gange ist: Schon seit Jahren ergreift sein Land Massnahmen, um die heimische Wirtschaft zu schützen.

Nach Messungen von Simon Evenett sind es seit 2009 bis heute 1440 Massnahmen. Kein Land hat mehr Protektionismus betrieben. 792 davon betrafen China. Im gleichen Zeitraum haben sie nur 222 Massnahmen umgesetzt, die eine Liberalisierung im internationalen Handel zum Ziel hatten, 162 davon betrafen China.

Legende:
Anzahl protektionistischer Massnahmen der USA gegenüber anderen Ländern Global Trade Alert

Massnahmen zwischen China und den USA seit 2009


ProtektionistischLiberalisierend
USA bezüglich anderer Länder
1440222
USA bezüglich China
792162

Mit protektionistischen Massnahmen arbeiten die USA gegen die Ziele, die die Welthandelsorganisation WTO verfolgt.

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Die WTO – ihre Geschichte und ihre Aufgaben
Aus ECO vom 09.04.2018.
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«Die Massnahmen, die Amerika gegen China ergreift, wirken sich erst einmal in den USA negativ aus», sagt Christian Häberli. Er behandelte für die WTO als Richter 20 Jahre lang Streitschlichtungen zwischen Staaten.

Die Wirtschaften der USA und von China seien so miteinander verflochten, «dass sie einander gar nicht auf den Kopf hauen können, ohne sich selber zu schaden. Das ist im Weissen Haus noch nicht angekommen».

Nach Regierungsangaben importieren die USA pro Jahr Waren im Wert von 480 Milliarden US-Dollar aus China und exportieren dorthin Waren im Wert von 179 Milliarden (Stand 2016). China und die USA sind die beiden weltgrössten Exportländer (2,1 Billionen bzw. 1,5 Billionen US-Dollar).

China, die USA und das iPhone

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Ein Beispiel dieser engen Verflechtung ist das iPhone. Seine Entwicklung erfolgt am Apple-Standort in Kalifornien, anschliessend bauen es Arbeiter in China – unter anderem mit chinesischen Rohstoffen – zusammen. Verkauft wird es schliesslich in der ganzen Welt, zum grossen Teil wiederum in den USA.

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Simon Evenett über den Protektionismus der USA und dessen Konsequenzen (Englisch)
Aus ECO vom 09.04.2018.
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Protektionismus ist kein neues Phänomen. Dennoch ist Handels-Professor Simon Evenett der Meinung: Die Dinge könnten ausser Kontrolle geraten.

SRF: Wie hat sich der Protektionismus in der letzten Zeit verändert?

Simon Evenett: US-Präsident Donald Trump will nicht mehr nach den alten Regeln spielen. Nach diesen haben sich Länder gegenseitig geschadet, dies aber nicht an die Öffentlichkeit gebracht. Nach seiner politischen Agenda sollen andere sehen, wie er Länder bestraft, die die USA seiner Meinung nach hintergangen haben. Sein Protektionismus ist viel transparenter – und wie wir wissen, hat er gerne Publikum.

Was motiviert Trump, so zu handeln?

Erstens geht Trump davon aus, dass seit den 1980er-Jahren sämtliche Staaten das Welthandelssystem missbraucht haben. Jetzt will er sich revanchieren. Zweitens nutzt er den Protektionismus aktiv, um seine Popularität für die «Mid term»-Wahlen im kommenden November zu erhöhen. Gerade sein transparenter Umgang damit verschafft ihm die nötige Aufmerksamkeit.

Müssen wir mit einem Handelskrieg rechnen?

In der Tat. Mit protektionistischen Persönlichkeiten wie Trump oder Xi an der Spitze können Verhandlungen sehr leicht ausser Kontrolle geraten. Das Risiko, dass die eine oder andere Seite nicht kompromissbereit sein wird, steigt kontinuierlich an – ein grosser Handelskrieg könnte das Resultat sein.

Was hätte ein solcher für Europa und die Schweiz zur Folge?

Falls Europa ebenfalls hineingezogen würde, respektive sich auf eine Seite schlagen müsste, hätte dies nicht zuletzt für die vielen multinationalen Unternehmen negative Konsequenzen. Von diesen haben wir viele in der Schweiz. Wir hätten weniger Exporte, weniger Profit. Und all das würde wiederum den Lebensstandard von Freihandels-Ländern wie die Schweiz beeinträchtigen.

Und welche Auswirkungen hat all dies auf die WTO?

Kurzfristig gesehen sehen die Prognosen für die WTO schlecht aus. Mehr Streit, mehr Konflikte, mehr Protektionismus.

Und längerfristig?

Längerfristig gesehen könnten allerdings gerade die aktuellen Konflikte wieder Hoffnung für die WTO stiften. Denn spätestens dann, wenn die Auseinandersetzungen ausser Kontrolle geraten und echter Schaden entstanden ist, suchen die Staaten wieder einen Ort zum konstruktiven Verhandeln. Gerade in diesem Kontext könnte die WTO wieder neu aufblühen.

Zuerst benötigen wir jedoch einen genügend grossen Leidensdruck auf beiden Seiten. Erst dann wird realisiert: «Moment – ich glaube wir könnten dies schon lösen, und zwar in Genf.»

Das Interview führte Liz Horowitz.

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