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Jens Weidmann über die französischen Wahlen
Aus ECO vom 27.02.2017.
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Europäische Notenbankpolitik Wäre eine Präsidentin Marine Le Pen der Sargnagel für den Euro?

Ein möglicher Rechts-Sieg bewegt die Finanzmärkte. Der deutsche Bundesbank-Präsident appelliert an die Franzosen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Investoren flüchten von französischen in deutsche Staatsanleihen – ein Anzeichen dafür, dass sie von einer Instabilität in Frankreich ausgehen.
  • Der Präsident der Deutschen Bundesbank erinnert an die Vorteile offener Märkte und die Bedeutung der Europäischen Union.
  • Würde Marine Le Pen Präsidentin, lauteten ihre Ziele unter anderen: die EU verlassen und aus dem Euro austreten. Ökonomen sehen darin das Ende für die Euro-Zone.

In Marine Le Pens Augen sind Frieden und Sicherheit Frankreichs nur noch ohne die EU möglich. Dabei war es vor 67 Jahren genau umgekehrt. «Damit der Frieden eine echte Chance hat, muss es zuerst ein Europa geben,» lauteten die Worte des französischen Aussenministers Robert Schuman, als er gemeinsam mit Deutschland den Grundstein für die EU und den Euro legte.

Marine Le Pen nach hinten winkend.
Legende: Wie gross sind ihre Chancen? Die Prognosen für Marine Le Pen schwanken. Die Stichwahl findet am 7. Mai statt. Keystone

Im Parteiprogramm der rechtsnationalen Front-National-Frau stehen unter anderem folgende Ziele: «Volksabstimmung über unseren Verbleib in der Europäischen Union» und «Wiedereinführung einer nationalen Währung». Also: Raus aus der EU und weg mit dem Euro.

Deutsche statt französische Staatsanleihen

Seit die Umfragen zeigen, dass eine Präsidentschaft Marine Le Pens im Bereich des Möglichen liegt, ist an den Finanzmärkten Folgendes zu beobachten: Französische Staatsanleihen werden unattraktiver (Zinsen steigen), deutsche Staatsanleihen werden attraktiver (Zinsen sinken). Entsprechend steigen die Kurse der deutschen Staatsanleihen.

Das lässt den Schluss zu, dass Gläubiger französische Anleihen verkaufen, um sich stattdessen mit deutschen einzudecken. Denn sollte Frankreich tatsächlich den Franc wieder einführen, würde es seine Schulden auch in dieser Währung zurückbezahlen – und diese wäre nach Schätzungen 25 Prozent weniger wert als der Euro. Dass ein Land seine Schulden begleichen müsste, träte es aus der Währungsunion aus, hatte EZB-Chef Mario Draghi jüngst betont.

Jens Weidmann: «Das kann ich nicht bestätigen.»

Gegenüber SRF will der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, im Interview keine Verschiebung von Kapital von Frankreich nach Deutschland bestätigen, doch er warnt vor der Politik der Abschottung, wie sie von Marine Le Pen in Aussicht gestellt wird. «Die Frage ist doch, ob die Politik-Antwort, die dort gegeben ist, die Probleme wirklich löst. Ich bin der Meinung, dass offene Märkte, freier Handel letztlich allen nützt, wenn man ihn richtig gestaltet.»

Konkret bedeute das, dass die nationale Politik die Voraussetzungen für einen Strukturwandel schaffen müsse, «ohne dass es zu grossen Friktionen kommt und ohne dass dabei beispielsweise anhaltende Arbeitslosigkeit entsteht».

Wäre ein Austritt Frankreichs das Ende des Euro?

«Frankreich ist die zweitwichtigste Volkswirtschatt der Euro-Zone. Geschichtlich haben die beiden Länder Frankreich und Deutschland den Grundstein zur EU gelegt. Ein ‹Frexit› würde tatsächlich die EU in ihren Grundfesten erschüttern. Eine EU, die hauptsächlich aus Berlin heraus geführt wird, ist für viele europäische Länder nicht akzeptabel. Ohne EU aber auch kein Euro, denn der Euro ist für einen grossen Binnenmarkt geschaffen worden. Zerfällt der Binnenmarkt, braucht es auch keinen Euro mehr.»

Reto Lipp, Wirtschaftsredaktor und Moderator


Hans Werner Sinn, der ehemalige Leiter des deutschen Ifo-Instituts, ein renommiertes Wirtschaftinstitut, beziffert die Überlebenschance des Euro auf «fifty-fity», wie er unlängst an einer Podiumsdiskussion in Zürich sagte.

Appell an die Franzosen

Die Frage, ob Marine Le Pen das Ende des Euro bedeuten würde, beantwortet der deutsche Bundesbank-Präsident im SRF-Interview mit einem Appell an die französischen Wähler – und ganz im Sinne der deutsch-französischen Nachkriegspolitiker: «Ich bin der Überzeugung, dass die Franzosen sich bewusst sind, dass die Mitgliedschaft im Euro für alle Beteiligten Vorteile bringt, und auch die Mitgliedschaft in Europa», so Jens Weidmann.

Ironischerweise kommt dem deutschen Haushalt die Situation finanziell zugute. Schon länger ist die Rendite auf deutsche Staatsanleihen negativ. Deutschland bekommt also Geld dafür geschenkt, dass es sich Geld leiht. Am 22. Februar war für zweijährige Papiere ein neuer Negativrekord erreicht: minus 0,89 Prozent.

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