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Soziale Medien müssen soziale Verantwortung übernehmen
Aus Echo der Zeit vom 06.03.2018. Bild: Keystone
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Werbung auf Social Media Wenn sich die Zielgruppe im falschen Umfeld tummelt

  • Für Unternehmen, die Werbung schalten, sind soziale Plattformen im Internet ein Segen. Man erreicht präzis die gewünschte Zielgruppe.
  • Doch Algorithmen platzieren Werbespots teilweise auch auf Seiten, die kaum im Interesse der Auftraggeber sind, also etwa neben einem Terrorvideo auf YouTube oder auf einer rechtsradikalen Webseite.
  • Verschiedene Grosskonzerne, unter ihnen der Unilever-Konzern, fordern deshalb mehr Verantwortung von Anbietern wie Google oder Facebook.

Der Name Unilever ist weniger bekannt als die Namen seiner Markenprodukte: Knorr, Omo, Rexona oder Dove werden von dem britisch-niederländischen Konzern verkauft. Rund zwei Milliarden Euro pro Jahr gibt Unilever aus, um seine Produkte auf Google, Youtube, Instagram oder Facebook zu bewerben.

«Diese zwei Milliarden Euro sollen künftig nur noch zu verantwortungsbewussten Plattformen fliessen», sagte Keith Weed, Marketingverantwortlicher von Unilever, kürzlich an einer internationalen Konferenz zum Thema Onlinewerbung in Kalifornien.

Die Sozialen Medien müssten ihre soziale Verantwortung stärker wahrnehmen, und sie müssten in Zeiten von «Fake News» und «toxischen Onlineinhalten» transparenter und vertrauenswürdiger werden, so Weed.

Nestlé auf der vorsichtigen Seite

Ähnlich klingt es bei Nestlé: Man habe Werbung auf Social Media jeweils gestoppt, wenn man nicht habe sicher sein können, dass sie in einem angemessenen Umfeld erscheine, sagte Marketingchef Patrice Bula Mitte Februar an der Jahresmedienkonferenz des Nahrungsmittelmultis.

Aufrufe zu mehr Verantwortung und Werbestopps – das seien bemerkenswerte Äusserungen, meint Edith Hollenstein, Chefredaktorin von persönlich.com, einem Fachmagazin für die Medien- und Kommunikationsbranche: «Wenn so grosse Werbeauftraggeber solch drastische Massnahmen wie Boykotte ankündigen, so hat das Auswirkungen auf die Anbieter.» Diese würden Vorkehrungen treffen, um zu verhindern, dass Werbebotschaften in rechtsextremistischem oder terroristischem Umfeld oder auch in einem Umfeld, das nicht kindgerecht ist, angezeigt werden.

Hollenstein begrüsst, dass die Debatte um «Fake News» und Hassbotschaften im Netz nun auch in der Werbebranche zum Thema wird: «Es gibt bereits Bestrebungen von Werbeauftraggebern, Google und Facebook ins Boot zu holen und mit ihnen nach Lösungen zu suchen.» Einige Auftraggeber suchten auch den Weg über den öffentlichen Druck: «So bewegt sich schneller etwas.»

Kommunikation muss dort stattfinden, wo die Menschen sind. Entsprechend lassen sich diese Plattformen nicht einfach so aus dem Kommunikationsmix wegdenken.
Autor: Roman Hirsbrunner Werber

Tatsächlich sind die Werbeauftraggeber auf die Sozialen Medien angewiesen, weil sie hier ihre Zielgruppen sehr genau ansprechen können. In der Schweiz etwa wird allein Facebook von der Hälfte der erwachsenen Bevölkerung genutzt. Für Werber Roman Hirsbrunner ist deshalb klar: «Kommunikation muss dort stattfinden, wo die Menschen sind. Entsprechend lassen sich diese Plattformen nicht einfach so aus dem Kommunikationsmix wegdenken.»

Verantwortlich ist ein Algorithmus

So sind laut dem Marktforschungsinstitut MediaFocus in der Schweiz letztes Jahr mehr als eine Milliarde Franken an Werbegeldern zu Google und Facebook geflossen. Onlinewerbung erfolge weitgehend automatisiert, sagt Roman Hirsbrunner, Chef des Branchenverbandes der Schweizer Werbeagenturen und der Agentur Jung von Matt/Limmat: «Ein Algorithmus sucht sich die Plätze aus, wo die Anzeigen erscheinen und wo die Gewissheit darüber am höchsten ist, dass sich die gewünschte Zielgruppe auch dort bewegt.»

Die Zielgruppe bewegte sich aber nicht nur dort, wo der Auftraggeber es wolle, erklärt Hirsbrunner. Wenn etwa jemand Springerstiefel und Bomberjacken verkaufe, finde er seine Kundschaft nicht selten in einem rechtsradikalen Umfeld. Er müsse sich also entscheiden, ob mit Werbung eine solche Zielgruppe via Facebook oder Google angesprochen werden soll oder nicht.

«Wir schliessen in der Beratung der Kunden auch Umfelder aus», so Hirsbrunner weiter. «Wir wollen diese und diese Zielgruppe mit diesen Eigenschaften in diesem Zeitraum erreichen; wir wollen aber nicht, obwohl sich unsere Zielgruppe da bewegt, dass unsere Anzeige da, da und da erscheint.»

Facebook beschäftigt Löschtrupp

Die Plattformbetreiber selber verweisen auf ihre Anstrengungen. Zwar wollen weder Facebook noch Google momentan etwas Genaueres dazu sagen. Google schreibt aber auf Anfrage: «Es gibt nichts, was wir ernster nehmen, als das Vertrauen und die Sicherheit unserer Nutzer, Kunden und Partner.»

Facebook teilt mit, man habe zurzeit 14'000 Angestellte, die sich um das Erkennen und Entfernen problematischer Inhalte kümmerten. Bis Ende Jahr würden es gar 20'000 sein. Zudem setze man auf künstliche Intelligenz, und arbeite mit Behörden, NGOs und mit den Werbeauftraggebern zusammen. Das Ziel sei für alle Beteiligten klar: Weniger Terror, Extremismus und Hass im Netz.

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