Dabei spinnt der Thüringer Lyriker Fäden aus seinem ersten Roman weiter. «Kruso» (Deutscher Buchpreis 2014) spielt in den letzten Monaten der DDR und zeigt den Arbeiter- und Bauernstaat als ein ins Traumhafte verzerrtes Niemandsland. Das Gefühl, in ein Niemandsland geworfen zu sein, bestimmt auch «Stern 111», Seilers zweiten Roman, ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2020 und benannt nach einem DDR-Kofferradio.
«Stern 111» erzählt, wie nach dem 9. November 1989 im nun Nichtmehrland DDR an bestimmten Punkten und für kurze Zeit fragile Freiräume entstanden, in denen Anarchie blühte, Hoffnungen keimten, aber auch Träume platzen. Nah an der eigenen Biografie und atmosphärisch dicht fängt Lutz Seiler ein Stück Zeitgeschichte ein, das sich immer mal wieder auch ins Universelle weitet.
Mit Lutz Seiler spricht Franziska Hirsbrunner.
Buchhinweis:
Lutz Seiler. Stern 111. Suhrkamp, 2020.