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Scheinanglizismen: Ein «Oldtimer» ist auf Englisch kein Auto, sondern ein alter Mensch
Aus Dini Mundart vom 18.02.2021.
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Scheinanglizismen Diese englischen Wörter verwenden wir falsch

Ein Oldtimer ist für uns ein altes Auto. Englischsprachige verstehen darunter allerdings etwas ganz Anderes: einen alten Menschen. Warum wir englische Wörter mit anderen Bedeutungen versehen und wie das zum Problem werden kann.

Erinnern Sie sich noch an Ihr letztes Public Viewing? Zusammen mit anderen ein Fussballspiel auf Grossleinwand schauen, vielleicht ein Bier in der Hand. In Zeiten von Corona unvorstellbar.

Englischsprachige würden auch ohne Pandemie irritiert den Kopf schütteln, wenn man sie zu einem Public Viewing mitnehmen möchte. Denn auf Englisch bedeutet public viewing – unter anderem – «öffentliche Aufbahrung». So wie das etwa beim Tod von Päpsten Usus ist.

Öffentliche Aufbahrung von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2005.
Legende: Ein Public Viewing: Öffentliche Aufbahrung von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2005. Keystone

Ein Fussballspiel auf Grossleinwand bezeichnet man im Englischen als public screening.

Der Ausdruck Public Viewing wurde in der uns geläufigen Bedeutung während der Fussball-WM 2006 in Deutschland geprägt – und hat mittlerweile sogar den Weg ins Japanische gefunden.

Scheinanglizismen

Wörter, die aus dem Englischen entlehnt sind, nennt man Anglizismen. Wenn ihre Bedeutung aber eine andere ist als im Englischen, dann spricht man von Scheinanglizismen.

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So ist es auch beim Oldtimer. Wir verstehen darunter ein gut gealtertes, schickes Auto. Im Englischen ist ein oldtimer aber ein alter Mensch, jemand aus den «old times», den alten Zeiten. Ein altes Auto dagegen wird auf Englisch classic, veteran oder antique genannt.

Handy vs. mobile phone

Auch unser Handy ist ein Scheinanglizismus. Handy bedeutet auf Englisch einfach «handlich». Ein Mobiltelefon nennt man mobile phone oder cell phone.

Der Begriff Handy kam Anfang der 1990er-Jahre in Deutschland auf. Als die ersten Mobiltelefone auf den Markt kamen, erinnerte man sich daran, dass tragbare Funkgeräte – die Vorläufer der Mobiltelefone – im Englischen neben walkie-talkie auch handie-talkie genannt worden waren.

Das SCR-536 wurde von der US-Armee im Zweiten Weltkrieg eingesetzt und in der Umgangssprache handie-talkie genannt.
Legende: Das Ur-Handy: Das SCR-536 wurde von der US-Armee im Zweiten Weltkrieg eingesetzt und in der Umgangssprache handie-talkie genannt. ArnoldReinhold/commons.wikimedia.org

Dieses handie-talkie kürzte man zu Handy und vermarktete damit im deutschen Sprachraum erfolgreich die neuen tragbaren Telefone.

Falsche Freunde

Scheinanglizismen funktionieren grundsätzlich problemlos innerhalb der deutschen Sprache. Wir alle verstehen unter Handy ein Mobiltelefon.

Wenn man solche Wörter aber im Englischen anzuwenden versucht, dann sind Missverständnisse vorprogrammiert. Scheinanglizismen werden dann zu sogenannten «falschen Freunden»: Man glaubt, sie im Englischen ganz normal verwenden zu können, wird aber falsch oder gar nicht verstanden.

Versuchen Sie mal, in den USA einen Oldtimer zu mieten.

Scheinentlehnungen

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Scheinentlehnungen gibt es auch aus anderen Sprachen. So tönt Blamage sehr französisch, doch dieses Wort gibt es im Französischen nicht. Dort spricht man von honte oder situation embarrassante. Blamage ist also ein Scheingallizismus.

Zu den Scheinentlehnungen gehören auch Wörter, die wie Entlehnungen aus einer Sprache aussehen, aber in der jeweiligen Sprache gar nichts bedeuten, wie etwa picobello. Das ist einfach eine Italianisierung von piekfein – ein Scheinitalianismus made in Germany.

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