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«Ja, ich habe schon heimlich ihre Chats gelesen»
Aus Input Story vom 12.06.2019. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 20 Minuten 15 Sekunden.
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Digitale Eifersucht Auch schon heimlich in den Chats des Partners gestöbert?

«Input» wagt ein Experiment: Zwei Paare dürfen eine Stunde lang jede Nachricht lesen, die bei der Partnerin reinkommt. Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Versuch – und fünf Tipps zum gesunden Umgang mit digitaler Eifersucht.

Bild oben (um die Sendung zu hören auf das Bild klicken): Sie wagen das Experiment: Maxine, Pat, Noelia und Tania (von links nach rechts).

Das Handy des Partners, wie verlockend es daliegt. Ein Gerät, alle vermeintlichen Geheimnisse nur ein Wisch entfernt. Gemäss einer Studie hat jede vierte Person schon einmal heimlich in den Chats des Partners gestöbert. «Input» setzt auf Transparenz: Zwei Paare dürfen eine Stunde lang jede Nachricht lesen, die bei der Partnerin reinkommt. Hier die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus dem Versuch.

1. Dem Impuls widerstehen – stattdessen nachfragen

Eine Frau nimmt dem Mann sein Handy aus der Hand.
Legende: Colourbox

Noelia und ihre Partnerin Maxine sind beide Anfang zwanzig und seit einem Jahr ein Paar. Und ja, Maxine gesteht: «Einmal habe ich heimlich ihre Chats gelesen. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und habe ihr Handy genommen.» Mittlerweile mache sie das aber nicht mehr.

Die SRF 3-Sendung zum Thema

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«Input» setzt auf Transparenz und wagt ein Experiment: Zwei Paare dürfen eine Stunde lang jede Nachricht lesen, die bei der Partnerin reinkommt. Die einstündige «Input»-Sendung zum Thema strahlen wir am Sonntag, 16. Juni ab 20 Uhr auf SRF 3 aus. Den Kurzpodcast «Input Story» kannst du dir jetzt bereits anhören.

Vor Kurzem kam es jedoch aufgrund einer SMS zu einer kleinen Beziehungskrise. Die Ex-Freundin von Maxine hat sich gemeldet, just als Noelia auf Maxines Handy schaute. Statt heimlich die Nachricht der Ex zu lesen, bat Noelia ihre Partnerin um Erlaubnis: «Wir haben den Chat-Verlauf anschliessend gemeinsam angeschaut. Wenn sie mir nicht erlaubt hätte, zu sehen, was dort steht, hätte ich es wohl heimlich gemacht. Weil ich misstrauisch geworden wäre.»

Erste Erkenntnis also: Statt hinter dem Rücken der Partnerin im Handy zu stöbern, besser die eigene Unsicherheit als Anlass nehmen für ein Gespräch und zusammen das Misstrauen aus der Welt schaffen.

2. Kein plötzlicher PIN-Wechsel

Ein Smartphone liegt auf einem Tisch. Wo man den Pin eintippt, ist ein Zahlenschloss montiert.
Legende: Colourbox

Das zweite Paar, das sich am Experiment beteiligt, sind Pat (43) und Tania (34) aus Zürich. Sie sind seit sieben Jahren in einer Beziehung. Und es kommt gelegentlich vor, dass Tania die Nachrichten auf dem Handy ihrer Partnerin liest. «Aus purer Neugierde, zum Beispiel wenn mir während einer langen Autofahrt langweilig ist. Ich lese das aber nicht, weil ich ihr misstraue, sondern weil es mich wunder nimmt, was sie so schreibt.»

Ihre Freundin Pat kann damit leben – bis zu einem gewissen Punkt. «Selber habe ich nichts zu verbergen. Aber was mir meine Freundinnen und Kollegen schreiben, ist vertraulich. Also muss ich Tania mein Handy dann freundlich wieder abnehmen.»

Sie haben gegenseitig den PIN-Code ihrer Smartphones. Würde sich das plötzlich ändern, wäre das verdächtig, so Pat: «Wenn Tania von einem Tag auf den anderen einen neuen Code hätte und sich weigern würde, mir den zu geben, würde ich misstrauisch werden.»

Erkenntnis Nummer zwei: Entweder, ein Paar vereinbart eindeutig, dass es den PIN voneiander nicht hat. Wenn es jedoch so weit ist, dass man den Code gegenseitig kennt, ist es nicht ratsam, unangekündigt den PIN zu ändern.

3. Social-Media-Missverständnisse vermeiden

Eine Frau hält ihrem Partner das Smartphone vors Gesicht und macht einen vorwurfsvollen Gesichtsausdruck.
Legende: Colourbox

Im Leben von Noelia und Maxine spielen Social Media eine wichtige Rolle. Noelia ist erfolgreich auf Instagram unterwegs, wo rund 70'000 Leute ihren Kanal abonniert haben. Wenn sie jeweils ein Video postet, sammeln sich rasch hunderte Kommentare darunter. Auch das ein möglicher Grund für Eifersucht, mit dem sie lernen musste umzugehen, sagt ihre Freundin Maxine: «Es ist halt ungewohnt, wenn deine Partnerin hunderte Nachrichten bekommt. Heute stresst mich das aber nicht mehr.»

Die beiden mussten lernen, ihre Social Media-Sprache»zu deuten. «Zu Beginn einer Beziehung weiss man noch nicht, wie sich die Freundin auf Social Media verhält. Wie sie es meint, wenn sie Bilder von anderen likt oder mit einem Kuss-Emoji kommentiert», so Maxine. Um Missverständnisse und unnötige Eifersuchtsszenen zu verhindern, lohne sich auch hier ein klärendes Gespräch.

4. Überwachungsapps sind eine Bankrotterklärung

Eine Hand hält ein Handy, im Hintergrund sind vier Überwachungskameras an einer Wand montiert.
Legende: Colourbox

Neben dem heimlichen Lesen der Mails, Nachrichten und Chat-Verläufe bietet das Smartphone ja noch zahlreiche weitere Instrumente, um den Partner zu überwachen. So kann man auf Snapchat beispielsweise auf einer Karte live beobachten, wer wo ist. Ein Dienst, den Noelia auch schon benutzt hat: «Wenn wir uns lange nicht geschrieben haben und ich mich frage, wo sie gerade steckt, schaue ich dort nach.»

Diese Spielerei ist jedoch nicht unproblematisch, wie eine Anekdote aus Noelias Beziehung zeigt: «Einmal bat ich Maxine, mich am Hauptbahnhof in Zürich abzuholen. Sie sagte mir, sie schaffe es nicht, weil sie noch an der Universität sei. Doch auf der Snapchat-Karte sah ich, dass es nicht stimmte – sie war doch am HB.» Die Überraschung, die Maxine plante, war dahin. «Ich sollte ihr mehr vertrauen und weniger diese Karte anschauen», so die Bilanz von Noelia nach diesem Erlebnis.

Darüberhinaus gibt es eine nächste Eskalationsstufe: Verschiedene Anbieter stellen Überwachungssoftware zur Verfügung. Heimlich installiert, lässt sich damit das Handy der Partnerin tracken und man kann sämtliche Chats mitlesen.

Erkenntnis: Abgesehen davon, dass das Installieren eines solchen Programms ohne das Einverständnis des Gegenübers rechtlich verboten ist, ist es auch moralisch eine Bankrotterklärung an die Beziehung, so der Paartherapeut Bruno Wermuth: «Es ist das Ende einer Partnerschaft, die auf gegenseitigem Vertrauen beruht, und die der Freundin, dem Freund, Freiraum zugesteht. Und es ist ebenfalls ein Betrug, ohne das Wissen des Gegenübers ein solches Programm auf dem Handy zu parkieren.»

5. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist…das Ende

Eine Frau beugt sich im Bett über ihren Partner und schaut auf sein Handy, das auf dem Nachttisch gelegen hat.
Legende: Colourbox

Das sehen auch Pat und Tania so. «Überwachungssoftware grenzt für mich an Stalking. Das halte ich für krankhaft», so das klare Verdikt von Tania. Nach einer Stunde, in der sie die einkommenden Nachrichten der Partnerinnen lesen durften, ziehen wir Bilanz.

Zwar ist nichts reingeflattert, das eine Beziehungskrise ausgelöst hat. Wenn sie aber lange genug suchen würden im Smartphone der Freundin, würden wohl alle irgendetwas finden, das sie eifersüchtig machen würde. Weil die Eifersucht nicht im Handy der Partnerin lauert, sondern in einem selber.

Was uns zur letzten und wichtigsten Erkenntnis dieses Versuchs bringt: Vertrauen ist gut, Kontrolle in diesem Zusammenhang alles andere als besser. Kontrolle oder dem Überwachungsdrang nachgeben ist das Ende einer funktionierenden Beziehung.

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Legende: SRF

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