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SRF 3-Nachbarschaftstag Nachbarschafts-Apps digitalisieren die letzten analogen Orte

Ob Stromrechnung, Baubewilligung, amtliche Mitteilungen oder andere lokale Informationen: In der Regel verschicken Gemeinden diese in gedruckter Form. Nachbarschafts-Apps wie «Crossiety» wollen das ändern.

Das Vorbild kommt wie so oft aus den USA: Nextdoor heisst die weltweit grösste Nachbarschafts-App. Hier können sich Menschen gegenseitig helfen – eine tolle Sache. Doch die App hat auch Schattenseiten: Lokale Bürgerwehren organisieren sich über das neue Medium. Nextdoor verkommt immer mehr zu einem Überwachungs-und Denunzier-Werkzeug.

Auch bei Crossiety, der Schweizer Variante, sind solche Tendenzen zu beobachten. So ruft etwa ein Gemeindepräsident dazu auf, allfällige Beobachtungen zu melden – von Vandalismus und Lärmbelästigungen auf dem Schulareal.

Kommunikationskanal für Behörden und Bewohner

Noch aber dominiert der Alltag: Auf dem «Marktplatz» sucht jemand ein Kindervelo mit Sattel. Auf dem «Dorfplatz» kündigt die Gemeinde Muotathal den Vieh-und Warenmarkt an. Bei «Umfragen» will ein Gemeindepräsident von seinen Bürgerinnen und Bürgern wissen, ob 2022 ein Dorffest stattfinden soll. Und unter «Helfen» bietet jemand Computerhilfe an für ältere Menschen, ein anderer hat zwei Enten fotografiert in seinem Garten und fragt, wo im Quartier die denn hingehören.

Normalerweise sieht ein Benutzer nur jene Einträge, die von Personen aus derselben Gemeinde gemacht wurden. Für uns hat Joel Singh ein paar Beispiele aus verschiedenen Regionen herausgepickt. Er ist der Geschäftsführer von Crossiety. Die Plattform ist seit rund fünf Jahren am Start und hat sich vor allem letztes Jahr erfreulich entwickelt. Er habe ein enormes Interesse festgestellt nach lokalen Informationen und die Nachbarschaftshilfe sei explodiert, sagt Joel Singh. Das Resultat: Die Anzahl Gemeinden, die mitmacht, hat sich in kurzer Zeit verdreifacht auf über 70.

Gemeinden kommen für die Kosten auf

Bei derzeit 2172 Schweizer Gemeinden bleibt allerdings noch einiges zu tun. Das Geschäftsmodell von Crossiety basiert darauf, dass die Gemeinden für den Dienst bezahlen, sie sind die Kunden.

Für die Benutzer, Bürgerinnen und Bürger, Vereine und lokales Gewerbe, ist die Benutzung kostenlos, sie «bezahlen» auch nicht mit ihren Daten. Datenhandel und Tracking zur Platzierung von personalisierter Werbung ist bei Crossiety tabu – im Gegensatz zu «klassischen» sozialen Medien wie etwa Facebook. Und die Nutzerdaten bleiben in der Schweiz.

Ein weiterer Vorteil: Niemand ist anonym. Dadurch gäbe es kaum Fakenews und Shitstorms, die Diskussionskultur bleibe anständig, erklärt Joel Singh. Schliesslich soll dort, wo es sowieso schon oft wegen Kleinigkeiten zu Unstimmigkeiten kommt, nicht noch zusätzlich Wut generiert werden: In der Nachbarschaft.

SRF 3 7.4.2021 11:10

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