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Digital Wohin mit dem Elektroschrott in Entwicklungsländern?

In Afrika, Asien und Südamerika nimmt der Elektroschrott dramatisch zu. Doch ein nachhaltiges Recycling des sogenannten E-Waste fehlt fast vollständig. Die Schweiz versucht mit einem Hilfsprogramm, das Problem zu entschärfen.

Auch in Entwicklungsländern gehören Fernsehgeräte und Handys heute zum Alltag. In Afrika haben viele Menschen sogar mehrere Handys. In Asien, so zeigen Hochrechnungen, sind bereits so viele Computer im Gebrauch, dass der dortige elektronische Abfall in wenigen Jahren jenen des Westens übertreffen wird.

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E-Waste-Recycling in Entwicklungsländern
aus Kultur kompakt vom 14.02.2013.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 34 Sekunden.

Während aber in vielen westlichen Ländern die Hersteller von Elektronikgeräten ein nachhaltiges Recycling ihrer Produkte garantieren müssen, landet der Elektroschrott in Entwicklungsländern oft einfach im Kehricht oder – nicht weniger problematisch – im gefährlichen Amateur-Recycling. In Ghana beispielsweise verbrennen Jugendliche riesige Kabelberge, um mitten in schwarzen Dioxinschwaden Kupfer zu gewinnen. In indischen Hinterhof-Fabriken ätzen Tausende von Familienbetrieben mit allerlei Säuren Goldbestandteile aus den metallenen Leiterplatten von Computern.

Gesundheitsschädlich, umweltbelastend, ineffizient

Solche Praktiken sind nicht nur hochgradig gesundheitsschädlich und umweltbelastend, sondern auch ineffizient. Viel kostbares Metall in ausgedienten Computern und Handys wird durch das unprofessionelle Recycling zerstört. Seit zehn Jahren engagieren sich daher das schweizerische Staatssekretariat für Wirtschaft Seco und die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa für ein nachhaltiges Recycling von E-Waste in Entwicklungsländern.

Ohne irgendeinen Schutz verbrennen Jugendliche in Ghana E-Waste, also Elektroschrott, um an verkaufbare Metalle heranzukommen.
Legende: Die gesundheitlichen Folgen sind gravierend: Ohne irgendeinen Schutz verbrennen Jugendliche in Ghana alte Elektrogeräte, um an verkaufbare Metalle heranzukommen. Keystone

Die beiden Einrichtungen haben ihr Programm nun unter dem Titel «Sustainable Recycling Industries» ausgeweitet. Neben Südafrika, Indien, Peru und Kolumbien gehören künftig auch Ghana und Ägypten zu den Partnerländern. Hier arbeiten die Mitarbeitenden des Seco-Empa-Programms mit lokalen NGOs und Regierungen zusammen. Ihr Ziel: landesweit einheitliche Vorschriften für sauberes Recycling. Zugleich bauen sie mit zahlreichen Klein-Recyclern Pilotprojekte auf.

Die Klein-Recycler ins Boot holen

Wie das in der Praxis aussieht, schildert Mathias Schluep an einem Projekt aus Indien zur Weiterverwertung von Computer-Leiterplatten: «Mit Hilfe einer lokalen NGO konnten wir eine Schulung für die Klein-Recycler der Region durchführen und ihnen zeigen, in welchen Teilen der Leiterplatten die wertvollen Metalle stecken. Gleichzeitig konnten wir sie davon überzeugen, nicht mehr alles selber zu machen.»

Heute konzentrieren sich die Klein-Recycler auf das Einsammeln und Aussortieren der Computer-Altmetalle. Die sortierten Teile verkaufen sie an eine neu gegründete Kooperative. Die wiederum verfügt dadurch über genügend grosse Mengen an Metall, um es an grosse Rohstoffverarbeiter weiter zu verkaufen, die professionelles Recycling betreiben. Fazit: «Die Kleinbetriebe können auf die gefährlichen Säurebäder verzichten, und sie verdienen mehr, weil sie durch das neue Know-How mehr wertvolle Metalle abliefern können», so Mathias Schluep. Nachhaltiges Recycling kann also durchaus lukrativ sein.

Musterland Peru

Mit dieser Botschaft engagieren sich heute neben einzelnen Hilfsprogrammen auch gewisse Hersteller in Entwicklungsländern: Hewlett-Packard, Dell oder Nokia beispielsweise. Fortschritte wie etwa in Peru scheinen den Bemühungen Recht zu geben. Ganz im Sinne der schweizerischen Recyclingberater hat Peru strenge Vorschriften für die Entsorgung von Elektroschrott erlassen. Und tatsächlich sind beispielsweise beim Metallschrott aus Computern die sauber entsorgten Mengen gestiegen – von acht Prozent 2009 auf immerhin 20  Prozent 2011. Peru ist bisher eine positive Ausnahme. Dennoch ist Mathias Schluep überzeugt, dass sich die nachhaltige Entsorgung von Technologieabfällen auch im armen Süden durchsetzen wird. 

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