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Musik-Blog Die Krux mit dem satirischen Politsong

Politische Songs sind wichtig. Keine Frage. Satirische Politsongs haben jedoch nur noch selten sozialisierende Wirkung. So bleibt der neuste Song «Afrika» des Zürcher Trios Heinz de Specht bloss ein Verständnispflaster für Gleichgesinnte.

Autor: Gregi Sigrist

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Gregi Sigrist ist Musikjournalist der Fachredaktion Musik Pop/Rock von Schweizer Radio und Fernsehen. Im Musik-Blog schaut er auf, unter und hinter aktuelle Musikthemen und ihre Nebengeräusche.

Die Wahlen sind vorbei. Die Wahlkampfthemen weniger präsent. Die politische Lage, die Fragen und die Probleme (mit möglichen und unmöglichen Lösungsansätzen) sind aber noch dieselben. So darf man sich Songs von vor der Wahl auch nach der Wahl noch anhören. Man darf. Man muss nicht. Denn der satirische Politsong hat als Akt der Rebellion ausgedient.

Fertig lustig!

Sei es aktuell «Afrika» von Heinz de Specht, «Tubel Trophy» von Baby Jail (1992/2015) oder Züri Wests «Senne» (1989) – die Wirkung von satirisch bis ironisch gemeinten Politsongs liess über die Jahre mehr und mehr nach und ist heute so gut wie inexistent. Das Problem ist nicht der Song an und für sich, sondern das Publikum.

Ironie funktioniert meistens nur in eingeschworenen Kreisen bzw. unter Ähnlich- und Gleichdenkenden. Und so finden solche Songs oft nur ein politisch gleichgesinntes Publikum. In anderen Worten: Songs wie «Afrika», «Tubel Trophy» oder «Senne» sind allerhöchstens solidarische Trostpflaster.

Natürlich ist an musikalischen Trostpflastern nichts falsch. Doch bin ich der Überzeugung: Wer heute mit einem Song versucht, die Welt zu verändern, sollte den Humor aussen vor lassen und beherzt, engagiert und furchtlos Klartext singen.

Mut zu klaren Ansagen

Wer es heutzutage ernst meint, braucht Mut. Denn: Viel schwieriger als politische Anliegen oder Differenzen mit einem satirischen Beitrag zu verarbeiten, ist es, solche Themen ohne Sarkasmus anzupacken.

Büne Huber zum Beispiel zeigte Mut auf dem letzten Patent-Ochsner-Album im Song «Roubtier»: einer Abrechnung mit Herren des Formats eines Brady Dougan oder Daniel Vasella. Live geht Huber sogar soweit, dass er Vasella auf der Bühne einen «zynischen Motherfucker» nennt.

Damit lässt Büne Huber keinerlei Interpretationsspielraum. Das ist nicht selbstverständlich in einer Zeit, in welcher Bands mehr und mehr zu Animationskapellen verkommen.

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