Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Musik-Blog M.I.A. zertrampelt ihre eigenen Ideale

Die britische Sängerin M.I.A. ist eine politisch aktive Künstlerin. Konsum- und gesellschaftskritisch kämpft sie lauthals für eine bessere Welt. Dass sie nun gemeinsame Sache mit dem Textilunternehmen H&M macht, ist vielleicht clever. Smart aber auf keinen Fall.

Autor: Gregi Sigrist

Box aufklappen Box zuklappen

Gregi Sigrist ist Musikjournalist der Fachredaktion Musik Pop/Rock von Schweizer Radio und Fernsehen. Im Musik-Blog schaut er auf, unter und hinter aktuelle Musikthemen und ihre Nebengeräusche.

Die Situation

Die britische Sängerin M.I.A. ist eine hochpolitische Person. Sie lässt kaum eine Gelegenheit aus, das Unrecht dieser Welt anzuprangern, und kämpft aktiv für mehr Gerechtigkeit.

Für die «World Recycle Week» von H&M tritt M.I.A. nun als Botschafterin in Erscheinung. «Rewear It» heisst die Single, mit der die 40jährige die grosse Kleidersammlungsaktion des Textilkonzerns unterstützt.

Die Konfusion

M.I.A. sollte wissen, dass es H&M nicht darum geht Kleider zu recyceln – sondern Kleider zu verkaufen. Die «World Recycle Week» soll also vor allem Platz schaffen in den Kleiderschränken der Kunden. Platz schaffen für neue Kleider, die dann möglichst kurz dort hängen und schnell wieder ersetzt werden sollen. Ja, ich unterstelle einer jeden Fast-Fashion-Firma den Leitsatz: Nur Kleidungsstücke mit kurzer Lebensdauer sind gute Kleidungsstücke.

Von einer politischen Künstlerin, wie M.I.A. eine ist, erwarte ich deutlich mehr Gespür bei der Auswahl von Partnerschaften. In diesem Fall ist sie mit einem ihrer ärgsten Feinde ins Bett gestiegen. Mit einer Firma, die in Ländern wie z.B. Bangladesch genau das fördert und unterstützt, was M.I.A. zu bekämpfen versucht. Die «World Recycle Week» ist ein Wolf im Schafspelz. Wie sich M.I.A. an dieses Fell kuscheln kann, ist mir ein Rätsel.

Die Konklusion

Was M.I.A. da macht, ist vielleicht clever. Smart aber ganz sicher nicht. Klar steigert sie ihren Bekanntheitsgrad durch diese Aktion markant. Ich könnte mir gar vorstellen, dass sie längerfristig nicht einmal gross an Glaubwürdigkeit einbüsst. Sprich: M.I.A. kann durchaus gewinnen durch diese Kollaboration. Ganz bestimmt nicht zu den Gewinnerinnen zählen jedoch die Näherinnnen, die zu menschenunwürdigen Bedingungen unsere Kleider herstellen.

«Wir müssen die Welt auf einen neuen Kurs bringen» lautet der erste Satz im Videoclip von H&M feat. M.I.A.. Wäre das wirklich das Ziel des Bekleidungsriesen, hätte er längst eigene Fabriken gebaut und Leute direkt angestellt. Ein Unternehmen wie H&M könnte die Welt tatsächlich verändern - und dies sogar ohne wirkliche Einbussen zu machen. Mehr dazu in der SRF 3 Input-Sendung «Kleid und Leid».

Was nun?

Ich für meinen Teil hör mir den M.I.A.-Song trotzdem an, beteilige mich aber mit keinem Gramm Textil an der «World Recycle Week». Ich miste meinen Kleiderschrank für diese Aktion nicht aus. Dafür probiere ich Kleider zu kaufen, die ich lange tragen möchte. Das ist das Einfachste und Wirkungsvollste, was wir tun können: Den Durchlauf der Textilindustrie entschleunigen.

Sorry M.I.A.. Bei dieser Nummer tanzt du leider rückwärts und zertrampelst deine eigenen Ideale.

Meistgelesene Artikel