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Musik-Blog Popstar seit Geburt

Wieviel Video-Material gibt es aus eurer Kindheit? Wer hat Zugang zu diesen Aufnahmen? Ist es euch wichtig, dass ihr selbst darüber entscheiden könnt, wer was zu sehen kriegt? Dann könnt ihr froh sein, dass ihr nicht das Kind der amerikanischen Performance-Künstlerin Amanda Palmer seid.

Autor: Gregi Sigrist

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Gregi Sigrist ist Musikjournalist der Fachredaktion Musik Pop/Rock von Schweizer Radio und Fernsehen. Im Musik-Blog schaut er auf, unter und hinter aktuelle Musikthemen und ihre Nebengeräusche.

Eigentlich mag ich die Musikerin und Sängerin Amanda Palmer. Ich mochte ihr Punk-Cabaret-Projekt «The Dresden Dolls». Und ich mag ihre Art, anders zu sein - anders sein zu wollen.

Dabei schätze ich ihren Einsatz, wie sie für ihre Kunst und deren Verkauf immer wieder neue Ansätze sucht. Was mir dabei aber gehörig auf die Nerven geht, ist, wie sie ihren 19-monatigen Sohn für ihre Performance instrumentalisiert.

Wenn Stars Eltern werden

Wenn Stars Kinder kriegen, passiert genau dasselbe wie bei anderen Leuten. Sie werden Eltern. Sie werden andere Menschen. Menschen mit Gefühlen, die sie bisher nicht kannten. Darüber muss man sprechen können. Wenig bis nichts bleibt, wie es war. Das ist absolut verständlich und normal.

Dass sich das Elternwerden bei Musikern auch auf ihre Musik auswirkt, ist ebenso verständlich. Ja. Es kann sogar bereichernd sein. Was ich aber weniger verstehe, ist, wenn Stars ihren Nachwuchs förmlich ins Rampenlicht zerren.

Im Scheinwerferlicht geboren

Fünf Tage nach seiner Geburt erschien Palmers Sohn Anthony zum ersten Mal auf Twitter und Facebook. Schnell entdeckte die Musikerin, dass Babys auf den sozialen Netzwerken gut ankommen. Anthony wurde berühmt und zu einem zentralen Element in Palmers Online-Performance.

Amanda Palmer und ihr Sohn Anthony
Legende: US-Musikerin Amanda Palmer und ihr Sohn Anthony. Amanda Palmer

Wo ist das Problem?

Die Frage ist, ob Kinder, in diesem Fall der Sohn von Amanda Palmer, ein Anrecht auf Privatsphäre haben. Für mich ist klar: Mit Fotos und Videos seiner Kinder digitale Zuneigung suchen, ist eine heikle Sache. Ja. Ich lasse mir hier den Vorwurf der Moralkeule gerne gefallen.

Fakt ist: Um das Wohl der Kinder geht es beim Veröffentlichen von Kinderfotos in den sozialen Medien ganz bestimmt nicht. Es geht um den digitalen Narzissmus der Eltern.

Wie kriege ich mehr Likes auf Facebook? Mit einem Foto des exquisiten Grillguts vom 40. Geburtstag des Vaters. Oder mit dem Filmchen des herzigen Sprösslings, der seinen Vater mit einem Geburtstagsständchen überrascht, während er verstohlen Smarties vom Schokoladenkuchen klaubt? Voilà! Aber ist es das wert?

Ein bisschen Liebe

Die digitale Zuneigung, die Eltern durch das Veröffentlichen von Kinderfotos kriegen, steht in keinem Verhältnis zu den Folgen, die solche Publikationen nach sich ziehen können.

Stellt euch vor, Noah kandidiert in 20 Jahren für den Gemeinderat und im Internet kursieren Videos von Klein-Noah, wie er über seinem Abendessen einschläft. Noahs Kopf auf dem Spaghetti-Teller. Heute ein grosser Lacher.

Der Gemeinderatskandidat Noah würde dieses Foto aber wahrscheinlich nicht unbedingt für seine Wahlkampfplakate aussuchen.

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