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Let's Play Kämpfen, sterben, von vorn: «Returnal» ist ein Meisterwerk

Die Finnen von Housemarque haben ihren Frust nach «Nex Machina» überwunden und landen einen Playstation-5-Hit.

Das letzte grosse Game von Housemarque aus Helsinki war ein Meisterwerk – es war schlicht der beste Twin-Stick-Shooter, den ich je gespielt habe. Mit der Hilfe des Erfinders des in den 80er-Jahren sehr beliebten Genres Eugene Jarvis gelang es Housemarque, sozusagen den abschliessenden Höhepunkt des Spielhallen-Schiessspiels zu setzen – «Nex Machina» würde kaum noch jemand toppen können.

Doch das von der Kritik gefeierte Game floppte kommerziell. Housemarque verkündete, dass die Spielhalle tot sei – das Genre, auf das sie sich spezialisiert hatten, war offenbar nicht mehr Mainstream-tauglich. Man müsse sich komplett neu erfinden und der Zeit anpassen. Es klangt traurig und zutiefst frustriert – ein Rückschlag, der oft zum Niedergang eines Studios führt (Housemarque ist der älteste Game-Entwickler aus Finnland und hat etwas mehr als 80 Mitarbeiter).

Nun meldet sich Housemarque mit «Returnal» zurück – und wie. Was für ein grossartiges Game! Es ist unbestritten modern, schafft es aber gleichzeitig, die Wurzeln von Housemarque zu bewahren. Es ist mechanisch auf höchstem Niveau und verbindet Spiel-Idee clever mit der Geschichte. Es ist kompromisslos schwierig – allzu sehr dem Mainstream anbiedern wollten sich die Finnen offensichtlich nicht.

Noch ist offen, ob es diesmal mit dem kommerziellen Erfolg klappt. Dafür spricht, dass es auf der Playstation 5 noch kaum Exklusiv-Titel gibt und dieses Game definitiv zu den besten des Jahres zählt. Dagegen, dass es neue Games ohne viel Marketing-Power immer schwer haben und dass die Playstation 5 knapp bleibt, was die Zahl potenzieller Spielerinnen beschränkt. Erfolg verdient hätte das Game aber auf jeden Fall.

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Wir spielen mit der Astronautin Selene, die auf einem mysteriösen Alien-Planeten abstürzt. Es ist gruselig dort – nicht nur dank des tollen Soundtracks von Bobby Krlic («Midsommar»), dem hervorragenden Sound-Design und dem tollen Tentakel-Design der Monster, die uns bald anfallen (Medusa-Panther, Geister-Fledermäuse, Drachen, aggressive Bäume; Ridley Scott, H.R. Giger und Stanislav Lems «Solaris» klingen an). Sondern auch, weil Selene Berge von ausserirdischen Leichen und Spuren einer alten Zivilisation findet – und tote Kopien ihrer selbst.

Sie realisiert, dass sie in einer endlosen Schleife von Sterben und beim abgestürzten Raumschiff wieder Auferstehen gefangen ist. Der Loop also, den wir aus vielen Games kennen: kämpfen, sterben, von vorn. Doch hier weiss die Hauptfigur, dass sie ständig stirbt, und versucht, aus dieser Hölle zu entkommen – ein äusserst reizvoller narrativer Twist.

Mit jedem neuen Versuch fangen wir von ganz vorne an; Zwischenspeichern gibt es nicht. Jedes Mal ändert sich die Welt, Abschnitte werden neu angeordnet, neue Monster tauchen auf, wir schalten neue Ausrüstung frei, die wir in späteren Versuchen dann wieder finden können. «Roguelike» nennt man diese Mechanik, sie scheint aktuell gerade sehr beliebt sein (siehe beispielsweise das grossartige «Hades» vom letzten Jahr).

Die Monster schiessen zurück, mit visuell wunderschönen Kugeln und Blitzen, die man damals in den Spielhallen der 80er und 90er «Bullet Hell» nannte. Ohnehin wirkt das Game, als wäre jemand in einen Spielautomaten der 80er hineingefallen und erlebe die wegen technischer Limiten damals noch stark stilisierte Spielwelt «in echt».

«Returnal» ist vollgepackt mit tollen Ideen. Beispielsweise werden die neuen adaptiven Trigger des Playstation-5-Controllers innovativ genutzt: halb durchdrücken des linken Triggers zielt – einen deutlich spürbaren virtuellen Druckpunkt überwinden und ganz durchdrücken wechselt in einen besonders starken alternativen Feuermodus. Diese Idee ist so gut und intuitiv, dass sie garantiert ab jetzt auch in anderen Games auftauchen wird.

Auch die Adrenalin-Mechanik hat mir sehr gut gefallen: Je mehr Gegner wir erledigen, ohne selber Schaden zu erleiden, desto mehr zusätzliche Fähigkeiten erhalten wir – wir können dann z. B. durch Wände sehen oder die Waffen besser vor Überhitzung schützen.

Die Waffen sind abwechslungsreich, klingen toll und lassen sich mit exquisiter Feinkontrolle steuern. Exoten wie der «Electropylon Driver» haben mir besonders gefallen: Statt Kugeln feuert der rote Stäbe, die sich in Wände, Boden oder Gegner eingraben und mit anderen bereits abgefeuerten Stäben verbinden – und dabei über eine kurze Zeit rote Blitze auf Gegner in der Nähe abfeuern. Platzieren wir diese Stäbe geschickt, ziehen wir ein rotes Netz des Todes auf, das auch stärkste Gegner im Nu verbrennt.

Es liessen sich noch viele weitere tolle Ideen aufzählen – die lasse ich dich nun aber selber entdecken. Wenn du das Glück hast, bereits eine Playstation 5 zu besitzen, ist «Returnal» ein Pflicht-Game.

«Returnal» ist für Playstation 5. Es ist ab 16.

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