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Let's Play Vertrautes Gruseln in «Mundaun»

Das urchige Horror-Game macht vieles anders, als man soll - und funktioniert gerade deswegen besonders gut.

Curdin Caminada reist über die Nebeldecke, an die Hänge des Mundaun, um herauszufinden, warum sein Grossvater Flurin bei einem Scheunenbrand ums Leben kam. So beginnt die gruslige Sage von «Mundaun». Erzählt wird sie von Michel Ziegler, eigentlich Luzerner (mehr zu der Entwicklung von Mundaun hier im Interview), der das Game in über sechs Jahren mehr oder weniger im Alleingang entwickelt hat.

Ziegler steigt dabei gleich doppelt einen Pfad hoch, den andere Entwickler wohl vermieden hätten. Erstens ist «Mundaun» hyperlokal statt global: Es ist das erste mir bekannte Game, das komplett in Rätoromanisch gesprochen wird (in Deutsch untertitelt). Die Schauplätze sind echten Kapellen und Scheunen und Berghängen in der Surselva nachempfunden.

Die Region kenne ich aus Skilagern; es ist überraschend schön, Schnaps und Heulader und Schweizer Militärjargon in einem Game anzutreffen. Für Indie-Entwickler, die sich immer an ein globales Publikum richten, ist das aber ein Risiko, das sie selten eingehen.

Zweitens sind die Texturen im Game allesamt von Hand mit Bleistift gezeichnet. Ziegler wählt damit sicher nicht die einfachste Methode, eine Game-Welt entstehen zu lassen. Aber auch das funktioniert wunderbar: Denn der dunkle Bleistift und das Schemenhafte machen die Welt von «Mundaun» düster und unwirklich, was natürlich in einem Horror-Game die richtige Stimmung erzeugt.

Mechanisch ist das Game zwar sehr konservativ: Wir bewegen uns über die Alp, kombinieren verschiedene Gegenstände, um Türen zu öffnen oder interagieren mit Figuren. Selten wird auch mal gekämpft (wobei es fast immer besser ist, den Kämpfen aus dem Weg zu gehen). Doch weil die Rätsel nicht völlig abstrus sind und uns das Game auch immer wieder mal im richtigen Moment an der Hand nimmt, reicht diese Mechanik völlig aus, um eine spannende Geschichte zu erzählen.

Die bedient sich frei in der Schweizer Sagenwelt – und erzeugt so eine tolle Mischung aus Wiedererkennen und Gruseln. Sehr gutes Sound Design und Musik verdichten die Stimmung noch mehr. Und viele kleine versteckte Hinweise sind zwar optional (man versteht die Geschichte auch, ohne sie alle zu entdecken), machen die Welt von «Mundaun» lebendig, detailreich und belohnen diejenigen, die geduldig erkunden.

«Mundaun» ist also ein wunderbares Beispiel für ein Autoren-Game: Ziegler giesst Kindheitserinnerungen und seine eigene Umgebung in das Game. Und fällt stur und selbstsicher zentrale Design-Entscheide, von denen ihm wohl die meisten abgeraten hätten – die nun aber genau die Alleinstellungsmerkmale des Games sind.

Und das zahlt sich aus: Gerade weil das Game von Hand gezeichnet und in Rätoromanisch ist, sticht es aus der Masse heraus und findet viel Beachtung. Wer das Game spielt, wird feststellen, dass es sich diese Beachtung verdient.

«Mundaun» ist für Playstation, Xbox und Windows PCs. Eine Switch-Version erscheint bald. Es ist ab 18.

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