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Kompass Dieser Chef führt den 5-Stunden-Tag ein und zahlt sogar mehr Lohn

Stephan Aarstol ist Chef einer Stand Up Paddle-Firma im sonnigen San Diego an der US-Westküste. Seine Angestellten beginnen um 8 Uhr, ackern durch bis 13 Uhr und haben dann Feierabend. Unser erster Gedanke: Wow, vollgeil! Der zweite: Ähm - wie soll man in 5 Stunden effizienter sein als in 8 Stunden?

Vor anderthalb Jahren kam Stephan Aarstol ins Geschäft und sagte seinen Angestellten: «Hey Leute, ich gebe euch euer Leben zurück! Ihr arbeitet nur noch von 8 bis 13 Uhr. Dann ist Feierabend!»

Ich gebe euch euer Leben zurück!

Weniger arbeiten, das geht wohl nur mit weniger Lohn - könnte man meinen. Aber Stephan Aarstol lässt seine Mitarbeiter neu am Gewinn teilhaben. Der Lohn habe sich so beinahe verdoppelt, erklärt er mir am Telefon. Der Stundenansatz liegt nun bei knapp 35 Dollar.

Ist das der Chef, von dem alle träumen?

Stephan Aarstol will seinen Angestellten Zeit zurückgeben für Familie, Freunde und Hobbies. Im Gegenzug verlangt er auch etwas: Gring ache und schaffe, könnte man sagen.

Ich möchte, dass ihr in kürzerer Zeit gleich viel oder mehr leistet wie in acht Stunden. Wer das nicht kann, fliegt.

Er machte seinen Leuten im Juni 2015 nämlich auch eine weitere Ansage: «Ich möchte, dass ihr in kürzerer Zeit gleich viel oder mehr leistet wie in acht Stunden. Wer das nicht kann, fliegt.»

Seither sind drei Mitarbeiter gegangen. Dafür seien neue Leute in die Lücke gesprungen.

Mails müssen auch nach Feierabend beantwortet werden

Kürzere Arbeitszeiten hin oder her: Wir sind heute 24/7 erreichbar. Haben seine Angestellten wirklich Feierabend nach 13 Uhr, oder müssen danach etwa Mails beantwortet werden?

«Wir erwarten das schon», sagt Stephan Aarstol, «aber im Vergleich zu denen, die von 9 bis 17 Uhr in der Bude sitzen und danach auch Mails beantworten, haben meine Leute nach 13 Uhr Feierabend.»

Ein ähnliches Projekt in Schweden ist gescheitert

Auch in Schweden experimentieren einige Betriebe mit verkürzten Arbeitstagen. Das Toyota-Werk und ein Altenheim in Göteborg haben den 6-Stunden-Tag eingeführt, ebenso das Startup «Background».

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https://www.srf.ch/radio-srf-virus/kompass/dieser-chef-fuehrt-den-5-stunden-tag-ein-und-zahlt-sogar-mehr-lohn
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«Background»-Chefin Ann-Charlotte Eriksson schreibt mir in einer Mail, dass sie aber wieder zum 8-Stunden-Tag zurückgekehrt sind. «Wir wollen bereit sein, wenn das Business uns braucht», erklärt sie den Schritt. Offenbar kam das neue Modell, bei dem nach dem Zvieri keiner mehr ans Telefon geht, bei den Kunden nicht an.

Andere Erfahrungen hat Stephan Aarstol gesammelt. Seine Kundschaft habe sich den neuen Zeiten angepasst. Ausserdem sei das mit den Arbeitszeiten in einem Land wie den USA eh so eine Sache, erklärt er: «Ein Arbeitstag von 9 bis 17 Uhr hier an der Westcoast entspricht an der East Coast der Zeit zwischen 18 und 2 Uhr in der Früh.»

Wie gesund ist ein Modell, dass nur Höchstleistung zulässt?

Was ist mit denen, die nicht faul sind, aber bei weitem nicht so schnell wie andere? Sein Modell eigne sich nicht, um flächendeckend in ganzen Ländern einzuführen. Das würde im Desaster enden.

Wir wollen die Langsamen loswerden.

In den USA herrsche eine faule Arbeitskultur. Teilweise sei die Arbeitsweise sehr ineffizient. «Ich will die anziehen, die vorwärts machen», sagt Aarstol, «die Langsamen wollen wir loswerden.»

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Arbeitspsychologe
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Sein Team arbeite aber effizienter, und das sei auch Teil des Plans. Als Beispiel nennt er die beiden Jungs, die für den Versand der Stand Up Paddels zuständig sind:

Früher hätten sie für ein Paket 5 Minuten gebraucht, heute seien sie doppelt so schnell - dank einem effizienter eingerichteten Lager mit kürzeren Wegen und einer optimal genutzten Software.

Keine Pausen, dafür Teamausflüge

«Kompass»

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Egal ob Hentai, Microdosing oder Dämonenaustreibung - Host und Produzent Jan Gross lockt dich aus der Komfortzone und beleuchtet Themen abseits des Mainstreams. Im Zentrum stehen Menschen, ihre Meinungen und Geschichten.

Pausen sind wichtig. Um den Kopf zu lüften, um gemeinsam Zeit mit den Kollegen zu verbringen. Und wie oft ist aus einer gemeinsamen Blödelei eine ernsthaft gute Idee entstanden?

Auf Facebook rumgammeln, zusammen Kaffee trinken oder eine Rauchen: Das gibt es in Stephan Aarstols Firma nicht. Dafür gebe es alle zwei Wochen den Power-Dienstag: «Dann gehen wir zusammen Surfen, Segeln gemeinsam oder fahren eine Runde Gokart»

Zahlenmässig hat sich der 5-Stunden-Tag gelohnt

Die Einnahmen seien ein Jahr nach der Einführung des 5-Stunden-Tages um 40 Prozent, der Gewinn um 30 Prozent gestiegen, sagt Stephan Aarstol.

Ich erwidere, dass der Erfolg vielleicht auch mit dem Trend zu Stand Up Paddling zu erklären sei und nicht unbedingt mit dem 5-Stunden-Tag. «Klar spielen verschiedene Faktoren eine Rolle», sagt Stephan Aarstol, «aber ich hole die Besten und Schnellsten ins Boot - und das zahlt sich aus.»

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