Schnelles Geld für wenig Aufwand
Beraubt man Privatpersonen, muss der Grundriss der Wohnung studiert, ins Haus eingebrochen und alles akribisch geplant werden – nicht, was Andi* sich zumuten wollte: «Grosse Geschäfte bringen schnell verdientes Geld, sind versichert und ich wollte nie einer Privatperson etwas wegnehmen.»
Allgemein wollte er niemandem persönlich schaden: «Es gibt auch Räuber, die sehr brutal sind und sofort Geiseln nehmen. Mein Plan B war aber immer, wenn etwas schief geht, einfach gehen!»
Wer sich beim Stichwort «gehen» nun aber vorstellt, Andi sei jedes Mal mit Unmengen von Geld aus seinen Diebeszügen nach Hause gekommen, irrt.
«Manchmal waren es sogar weniger als 1'000 Franken», gibt er zu. Nicht wirklich viel, wenn man bedenkt, was der heute 33-Jährige deswegen alles hätte verlieren können. Gerade bewaffnete Räuber, die in Kontakt mit der Polizei kommen, könnten gar ihr Leben verlieren.
Und trotzdem: Andi hat sich – vor allem bei grossen Lebensmittelläden – gesamthaft einen hohen fünfstelligen Betrag erbeutet. Kein Wunder stimmt er einem der gängigen Vorurteile gegenüber Räubern zu: «Klar sind Räuber geldgierig, schliesslich setzen sie für das Geld ihr ganzes Leben aufs Spiel.»
Geschnappt mit einem Phantombild
Irgendwann war aber auch für Andi Schluss. Bei seinen letzten Raubüberfällen verzichtete der 33-Jährige sogar auf eine Sturmmaske: «Ich wollte geschnappt werden, denn ein Leben auf der Flucht ist einfach kein Leben. Selbst stellen wollte ich mich dann aber doch nicht...»
Das Phantombild folgte schnell – und Andi wurde nach kurzer Zeit geschnappt. «Ich bin erschrocken, wie akkurat das Bild von mir war. Ein 1:1-Abbild meines Gesichts!»
Braucht es den Adrenalinkick?
«Ich mag Adrenalin», gibt Andi zu. Trotzdem findet er, den Rush bei einem Raubüberfall könne man nicht mit dem bei einem Bungee-Sprung vergleichen.
Und: Wer ein Geschäft ausraubt, muss auch mit einem Adrenalin vollgepumptem Körper noch bei Sinnen sein – vor allem auf der Flucht. «Ich bin immer zu Fuss und mit dem öffentlichen Verkehr geflüchtet», erklärt der Räuber und fügt lachend an: «Für das Ticket habe ich übrigens immer bezahlt!»
Hätte Andi heute nochmals die Chance auf einen Raubüberfall, bei dem er gar Millionen machen könnte, würde er offenbar ablehnen: «Klar überlegt man kurz. Aber ich war sechs Jahre im Knast, musste beweisen, dass ich mein jetziges Leben führen darf und würde damit meine Familie, meine Freundin und einfach alles, wofür ich gearbeitet habe, wieder verlieren.»
*Name von der Redaktion geändert
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