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True Talk Pater Philipp: «Im Kloster fliegen auch mal die Fetzen!»

Das Kloster ist keine heile Welt. Auch da leben nur Menschen mit ganz alltäglichen Problemen und Gewohnheiten. Mönche beten nicht den ganzen Tag, sie streiten ab und zu auch mal heftig. Bei «True Talk» räumt der 32-jährige Pater Philipp mit verstaubten Mönchsbildern auf.

Mönche sind alt und grau, beten den ganzen Tag und haben eine gestörte Sexualität. Da sagst du «Ja und Amen» dazu? Dann ist dein katholisches Allgemeinwissen wohl veralteter, als mancher Mönch. Pater (so spricht man Priester-Mönche korrekt an!) Philipp ist der lebende Beweis. Er trat mit 21 ins Kloster Einsieden ein.

Es gibt schon viele alte Mönche, aber es gibt ja auch in der Gesellschaft viele alte Menschen. Und zum Glück entscheiden sich immer wieder auch junge Männer fürs Kloster.

Doch bei einem Durchschnittsalter von 64 ist der 32-jährige Pater Philipp in Einsiedeln aber schon eine Ausnahme.

Warum geht ein 21-Jähriger ins Kloster?

Freiwillig auf etwas zu verzichten, ist doch der grösste Ausdruck von Freiheit!

Schon als Teenager ist für Pater Philipp klar, dass er wie Jesus leben möchte: arm, barmherzig und ehelos. Auch heute treibt ihn diese Motivation noch an.

«Viele Menschen denken, wir verzichten auf alles, was Spass macht. Aber wir sind alle freiwillig im Kloster. Und freiwillig auf etwas zu verzichten, ist doch der grösste Ausdruck von Freiheit!»

Wir sind keine asexuellen Wesen. Wir sind Männer wie andere auch.

Das gilt auch für den Verzicht auf Sex. Das Zölibat ist für Pater Philipp nicht einschränkend, sondern durchaus sinnvoll. «Wir sind keine asexuellen Wesen. Wir sind Männer wie andere auch. Aber es ist auch gut, dreht sich bei uns nicht alles um Sex. So versuchen wir diese positive Energie anders einzusetzen. Zum Beispiel um für andere Menschen dazu sein.»

Die Geschichte habe auch gezeigt, dass ehelose Kirchenmänner kompromissloser für die Menschen da sein und christliche Überzeugungen leben könnten. Wer eine Familie habe, sei zum Beispiel in Kriegszeiten erpressbarer und muss manche Prioritäten anders setzen – so Pater Philipps Erklärung für die Ehelosigkeit.

Das Kloster- keine heile Welt

Ob du es glaubst oder nicht: Im Kloster leben Menschen, keine Heilige. Das heisst Mönche gehen zum Teil ganz «normalen» Tätigkeiten nach. Sie schauen Nachrichten oder Tatort, besuchen in der Freizeit Freunde und Familie und feiern gemeinsam ihre Geburts- und Namenstage. Mit Wein und etwas Süssem, im Falle von Pater Philipp.

Grund zu feiern haben die Mönche alleweil. Man denke nur an all die zahlreichen katholischen Feiertage, Taufen, Kommunionen und Hochzeiten. «Manche Mönche sind wirklich an jeder Hundsverlochete dabei», schmunzelt Pater Philipp.

Im Kloster Einsiedeln leben 48 Mönche zwischen 28 und 95. Sozusagen eine generationenübergreifende Gross-WG. Da tauchen neben den klassischen Alltagsproblemen auch andere Fragen auf: Wer übernimmt welche Aufgabe? Wer hält die Bibliothek in Schwung? Wer aktualisiert das Archiv und wer jätet den Klostergarten?

Manche Mönche lehnen sich dabei eher zurück und machen weniger. Und dann gibt es hyperaktive Mönche wie Pater Philipp, die immer wieder mal vor lauter Stress durch die Klostergänge rennen.

Bei so unterschiedlichen Menschen fliegen auch im Kloster mal die Fetzen. Wir fluchen auch! Aber wir versöhnen uns auch immer wieder.

Einmal Mönch, immer Mönch

Eine gesunde Streitkultur ist wohl nötig. Denn wer einmal im Kloster drin ist, kann im Normalfall nicht wieder rausgeworfen werden.

«Wir sind aber nicht gerade kreativ in unseren Sanktionen. Es gibt zum Beispiel kein Ferienverbot oder Fernsehentzug», seufzt Pater Philipp.

Wer im Kloster ganz und gar unglücklich ist, kann aus eigenem Willen schon austreten. «Aber dies ist wie mit jeder Beziehung, die in Brüche geht: Das ist für beide Seiten nicht einfach», betont Pater Philipp. Er selbst hofft aber nicht, dass es bei ihm jemals soweit kommen wird. Als Mönch zu leben sei nicht eine Bürde, sondern ein sehr grosses Privileg, wofür er dankbar ist.

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