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«Taxidermy Art» Kunst mit toten Tieren spaltet die Gemüter

Bestatter Luc Conrad ermittelt im bizarren Milieu der Taxidermisten, die Tiere ausstopfen – mit künstlerischem Anspruch.

Im Reich der Tierpräparation, der Taxidermie, sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Die Kunstform bekommt momentan viel Aufmerksamkeit, etwa wenn ausgestopfte Vierbeiner Schaufenster edler Boutiquen zieren oder Hüte aus toten Vögeln auf Laufstegen präsentiert werden.

Schuhe, die aus toten Tauben gefertigt wurden
Legende: High Heels, geziert von toten Tauben? Dafür verwendete Iris Schieferstein Holz, Tauben, Draht, Kaninchenfell, Rattengebiss und Acryl. Iris Schieferstein

Seit der Jahrtausendwende experimentieren viele Künstler und Künstlerinnen mit ausgestopften Tieren, der sogenannte Taxidermy Art.

Doch die Kunstwerke aus Tierkörpern polarisieren. So auch jene von Iris Schieferstein. Die Reaktionen auf ihre Schuhe aus Tierfüssen oder Skulpturen aus toten Mäusen reichen von Faszination bis Abscheu.

Begeisterte Kinder, drohende Tierschützer

«Meine Kunst spricht einen Querschnitt unserer Gesellschaft an: von Jägern, über Punks, bis zu Kindern, die noch frei von moralischen Vorstellungen sind», erklärt Iris Schieferstein.

Iris Schieferstein

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Die 1966 in Lich (D) geborene Künstlerin arbeitet seit Beginn der 1990er-Jahre mit toten Tieren. 1990 bis 1996 absolvierte Iris Schieferstein an der Hochschule der Künste in Weissensee ein Studium als Diplombildhauerin. Ihre Installationen aus Tierkörpern waren international in zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen zu sehen.

Entsprechend vielfältig sei das Echo: «Das reicht von heller Begeisterung bis zu Anzeigen und Drohungen.»

Doch die Kritik beispielsweise von Tierschützern erschüttert sie nicht. «Das zeigt, dass ich etwas auslöse. Mit meiner Kunst möchte ich zum Nachdenken anregen über den Umgang unserer Gesellschaft mit Ressourcen und Lebewesen.»

Und: Iris Schieferstein hat noch nie ein Tier getötet. Sie arbeitet mit tierischen Resten.

Tote Mäuse als Kunstinstallation
Legende: Weisse Mäuse: Ein filigranes Werk von Schieferstein mit dem Titel «Thoughts» aus dem Jahr 2013. Iris Schieferstein

Fleisch würden wir in rauen Mengen essen, unsern Haustieren tierische Abfälle füttern und Tierversuche machen. «Aber tote Tiere als Kunst wollen viele nicht sehen. Diese Ambivalenz möchte ich sichtbar machen.»

Fragwürdige Inszenierung

Schon die Ägypter konservierten Tierkörper mit der Einbalsamierung. Ausgestopfte Tiere konnten im 17. Jahrhundert in Kuriositätenkabinetten bewundert werden.

Taxidermie

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Dermoplastik oder Taxidermie, aus altgriechisch «Gestaltung der Haut», bezeichnet die Konservierung und Präparierung naturkundlicher oder -historischer Relikte. Heute wird darunter die Kunst verstanden, den Balg eines Tieres auf lebensnahe Art zu montieren.

Eine Blütezeit erlebte das Handwerk der Taxidermie dank fortschrittlichen Konservierungsmethoden Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.

Beliebt waren mit menschlichen Eigenschaften inszenierte Tiere: Kätzchen beim Nachmittagstee, Eichhörnchen beim Kartenspiel oder fechtende Frösche.

Drei ausgestöpfte Frösche als Soldaten verkleidet
Legende: Neben Kätzchen und Eichhörnchen waren auch Frösche beliebt: Hier werden Tiere mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet. SteinerBrouillard.ch

Ebenso zierten Accessoires wie Schirmständer aus Elefantenfüssen, Aschenbecher aus Schildkröten und andere Safari-Trophäen als Zeugen kolonialistischer Unternehmungen die Salons.

Mit Aufkommen des Natur- und Artenschutzes gerieten die Objekte in Kritik und galten als geschmacklos.

DIY und Frauensache

Während das Handwerk der klassischen Tierpräparation vorwiegend in Männerhand war, gibt es heute auch viele Frauen, die Taxidermy Art betreiben. Viele erlernen die notwendigen Fertigkeiten in Workshops und autodidaktisch.

Schuhe aus Kuhfell und Pistolen
Legende: Die aus Pferdefüssen kreierten Schuhe der Künstlerin Schieferstein begeisterten auch Lady Gaga und Marina Abramovic. Iris Schieferstein

Auch Iris Schieferstein brachte sich das Handwerk selber bei und verfeinerte es bei einem erfahrenen Tierpräparator. Schon als Kind hätten sie tote Tiere fasziniert, erzählt sie.

«Mein Grossvater, ein Pastor, nahm mich oft auf Friedhöfe mit. Der Tod schreckte mich nicht ab. Bereits als Kind sammelte ich tote Tiere von Feldern und Strassen ein und nahm sie nach Hause.»

Der Bestatter: Das letzte Einhorn (4/6)

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Luc, Anna-Maria und Doerig ermitteln nach einem Mord im bizarren Milieu der Taxidermisten. Und im Fall der Ritualmorde kommt durch Lucs Alleingang Bewegung in die Ermittlungen. Anna-Marias neuer Freund Anatol droht zum Ziel der Mörder zu werden.

29. Januar 2019, 20:05 auf SRF1

Während der Ausbildung zur Bildhauerin hat sie sich gefragt, warum sie etwas nachmodellieren soll, das von der Natur derart perfekt und verfügbar gemacht wird. «Das Rohmaterial der toten Tiere zu ignorieren, ist viel zu schade. Ich wollte ihm einen Platz im Museum geben.»

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