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Das Geheimrezept für starke Muskeln
Aus DOK vom 25.08.2016.
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SRF DOK Was man auf dem Schwingplatz alles lernen kann

«DOK»-Filmerin Andrea Pfalzgraf versteht nichts vom Schwingen und darüber einen Film zu machen, lag ihr eigentlich fern. Doch ein paar Tage Recherchearbeit zu dieser urschweizerischen Tradition reichten, und sie konnte nicht mehr zurück – die Bösen hatten sie endgültig gepackt.

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Andrea Pfalzgraf arbeitet seit 2009 im «DOK»-Team. Ihr liegen vor allem sozialpolitische Themen am Herzen.

Ich habe gelesen und angeschaut was ich übers Schwingen finden konnte, und das war alles andere als wenig. Und ja, ich konnte nicht mehr zurück.

Eigentlich wäre dieses Thema ja etwas für unsere Kollegen vom Sport. Doch der Sport ist schnelllebig, es geht um Spitzenzeiten und Resultate und kürzere Porträts über Sportler oder Sportarten. Doch fürs Schwingen, dafür braucht man Zeit. Das bemerkte ich bereits, als ich mit den ersten Schwingern ins Gespräch kam. Denn die meisten von ihnen reden schon viel langsamer als ich, die ständig gehetzte Städterin. Schöne Landschaftsbilder lassen sich auch nicht einfach eben mal schnell umsetzen.

Hier ist die Welt irgendwie gut

Ich bin eingetaucht in diesen Schwinger-Rhythmus und habe Erstaunliches erlebt. Ich habe Menschen getroffen, denen Werte wie Respekt, Tradition und Verlässlichkeit nicht Klischee sondern Alltag bedeuten. Wo sich die Polizei in einer Arena mit tausenden von Zuschauern nur um falsch geparkte Autos kümmern muss, wo auch manchmal ungerechte Kampfrichter-Entscheide akzeptiert werden und wo Zwischenresultate auf Papier ausgedruckt in der Arena für zwei Franken verkauft werden – da ist die Welt irgendwie gut.

Natürlich gibt es auch in Schwingerkreisen alte Zöpfe, welche getrost abgeschnitten gehörten. Dass sich beispielsweise Einzelne darüber aufregen, dass bei einem Sieg zu viel Emotionen gezeigt werden oder auf muskelbepackten Armen immer mehr Tattoos sichtbar sind, brachte mich im ersten Moment schon zum Kopfschütteln.

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Wie Schwinger jubeln
Aus DOK vom 25.08.2016.
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Tradition versus Veränderung

Bei längerem Nachdenken wurde mir aber klar: Diese Diskussion über Tattoos oder Jubelarten sind letztlich Zeichen grosser Sorge. Eine Sorge, dass sich alles vermischen und angleichen könnte. Dass Werte verloren gehen, die nicht nur das Schwingen sondern die Schweiz und ihre Menschen lange geprägt haben. Dies wäre der Untergang der Eigenart. Am Beispiel des Schwingsportes lässt sich vorzüglich darüber philosophieren, wie weit man sich den Veränderungen öffnen soll und muss, und wo es am Alten, Traditionellen festzuhalten gilt, um nicht die Identität zu verlieren. Ein gestrenger eidgenössischer Verband wacht bis jetzt noch, dass sich nicht zu schnell zu viel verändert. Auch darüber kann man diskutieren.

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Es lohnt sich, sich darauf einzulassen

Der Kampf an sich hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Aber das ist gar nicht wichtig. So geht es wohl vielen auf dem Schwingplatz. Die Schwingfeste sind nämlich so viel mehr als nur das Greifen, Drücken, Zerren, Werfen, Stemmen, Fallen und wieder Aufstehen. Darum geht es. Sich darauf einzulassen, kann ich allen empfehlen, denen unser Land am Herzen liegt. Man kann nämlich auch gut mit ihm reden, mit dem Schwingvolk. Aber auch schweigen. Auf dem Schwingplatz gibt es dafür ganz viel Platz. Und Zeit.

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