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Rechtsfrage: Mit eigener Patientenverfügung ins Spital?
Aus Espresso vom 03.05.2018. Bild: Keystone
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Patientenrecht Darf ich meine eigene Patientenverfügung mit ins Spital bringen?

Eine Hörerin ist verunsichert: Ihre Bekannte erzählt, im Spital sei ihre Patientenverfügung zurückgewiesen worden. Man akzeptiere nur Patientenverfügungen auf dem Formular des Spitals. «Espresso» sagt: Das geht nicht.

Das Wichtigste zur Patientenverfügung in Kürze:

  • In einer Patientenverfügung kann jede urteilsfähige Person festlegen, welche medizinischen Behandlungen sie im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit wünscht.
  • Damit eine Patientenverfügung gültig ist, muss sie schriftlich abgefasst, datiert und von Hand unterschrieben worden sein.
  • Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos – also auch mündlich – widerrufen werden.
  • Kann sich ein Patient nicht selber äussern und hat er keine Patientenverfügung verfasst, so entscheiden seine nächsten Angehörigen über die medizinischen Behandlungen.

«Espresso»-Hörerin Veronika Roth aus Niederwenigen hat in einer Patientenverfügung festgehalten, welche medizinischen Behandlungen sie möchte, sollte sie sich nicht mehr selber mitteilen können.

Nun ist Veronika Roth verunsichert. Eine Bekannte musste sich kürzlich einem Eingriff unterziehen. Auch diese Bekannte habe ihre Wünsche in einer Patientenverfügung festgehalten. Doch im Spital sei ihr gesagt worden, man akzeptiere nur Patientenverfügungen auf dem spitaleigenen Formular.

Experten-Chat zum Thema:

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Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner beantwortete Fragen aus dem Publikum rund um Patientenverfügungen. Verpasst? Dann lesen Sie das Protokoll.

«Muss ich mich nun künftig beim Spital zuerst erkundigen, welche Patientenverfügungen akzeptiert werden?», möchte Veronika Roth nun vom Konsumentenmagazin «Espresso» wissen.

Spital darf keine eigenen Gesetze aufstellen

Welche Formvorschriften für eine Patientenverfügung gelten, regelt das Zivilgesetzbuch im Artikel 370. Dort heisst es, eine Patientenverfügung müsse schriftlich verfasst werden, datiert und von Hand unterschrieben.

Diese Bestimmung ist zwingend. Das bedeutet, dass ein Spital keine zusätzlichen Vorschriften erlassen darf.

Viele Patientinnen und Patienten füllen vorgedruckte Patientenverfügungen verschiedener Organisationen aus oder verfassen ihre Behandlungswünsche selber. Ein Spital muss solche Verfügungen akzeptieren und die darin geäusserten Wünsche respektieren.

In der Praxis bereiten Patientenverfügungen allerdings immer wieder Probleme. Zum Beispiel:

  • Wenn die Behandlungswünsche nicht klar formuliert sind. Die Anordnung «wünsche keine lebensverlängernden Massnahmen» stellt viele Ärzte vor ein Dilemma, weil nicht klar ist, was der betroffene Patient damit wirklich meint.
  • Wenn die Behandlungswünsche gegen das Gesetz verstossen. Einer Anordnung zur Tötung oder zur Suizidhilfe beispielsweise dürfen Ärzte keine Folge leisten.
  • Wenn eine Patientenverfügung älter als zwei Jahre ist und sich der Gesundheitszustand des Patienten in dieser Zeit verändert hat. Viele Ärzte zweifeln in dieser Situation, ob die in der Patientenverfügung festgehaltene Anordnungen noch immer dem Willen des Patienten entsprechen.

Viele Konsumenten- und Patientenorganisationen bieten mehr oder weniger aufwändige, vorgedruckte Patientenverfügungen zum Ausfüllen an (vgl. Link «Patientenverfügungen – so finden Sie die richtige»). Für medizinische Laien sind ein Grossteil der Fragen nur schwer zu beantworten.

Es gibt keine Pflicht, eine Patientenverfügung auszufüllen

Wer Probleme oder Unklarheiten vermeiden möchte, sollte deshalb seine Patientenverfügung mit dem Hausarzt besprechen und sie danach alle zwei Jahre mit Datum und Unterschrift erneuern.

Viele Spitäler fordern Patientinnen und Patienten beim Eintritt auf, eine Patientenverfügung zu verfassen. Dazu verpflichtet ist man jedoch nicht. Es ist der freie Wille eines Patienten, keine solche Verfügung zu verfassen. Hat ein Patient keine Verfügung, so müssten im Falle seiner Urteilsunfähigkeit seine nächsten Angehörigen über medizinische Massnahmen entscheiden.

Laut Gesetz sind es diese Personen:

  • Ehepartner oder Partner in eingetragener Partnerschaft
  • Partner, die zusammen in einem Haushalt leben
  • Kinder (sofern die dem Patienten regelmässig Beistand leisten)
  • Geschwister (sofern die dem Patienten regelmässig Beistand leisten)

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Verfügt ein Patient über keine solchen Angehörigen, wird beim Entscheid über weitere Behandlungen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) beigezogen. Aus diesem Grunde ist eine Patientenverfügung vor allem für Paare zu empfehlen, die nicht zusammenleben.

Das Gesetz regelt also sehr genau, wie eine Patientenverfügung abgefasst werden muss und was sie enthalten darf. Gut zu wissen ist jedoch: Für einen Widerruf bestehen keine solchen Vorschriften. Ein Patient kann seine Verfügung also jederzeit widerrufen. Er kann sie mündlich widerrufen oder sie ganz einfach zerreisen.

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