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«Kassensturz undercover»: Kuriere leiden für Valora-Kioske
Aus Kassensturz vom 09.12.2014.
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«Kassensturz undercover «Kassensturz undercover»: Kuriere leiden für Valora-Kioske

Für die Serie «Kassensturz undercover» hat sich ein Reporter in eine Speditionsfirma eingeschleust, die für Valora arbeitet. Der Konzern lässt 1000 Kioske von externen Kurierdiensten beliefern. «Kassensturz» enthüllt: Die Kuriere leiden unter gesetzeswidrigen Arbeitsbedingungen und Tiefstlöhnen.

«Pro Nacht erhalte ich 100 Franken brutto. Darin ist auch das Feriengeld enthalten», sagt ein Kurier, der anonym bleiben will. Nacht für Nacht beliefert er mit einem weissen Lieferwagen Zeitungen und Zeitschriften an die Kioske von Valora. Auch am Wochenende. Der Kurier ist bei Guggisberg Transporte angestellt. Eine kleine Transportfirma, die ausschliesslich für Valora fährt.

Bevor der Kurier auf Tour geht, muss er die Zeitungen und Zeitschriften kommissionieren und bündeln. Nicht selten müssten sie dabei auf die Tageszeitungen warten, weil diese von der Druckerei nicht rechtzeitig bei ihnen im Verteil-Lager eintreffen, erzählt der Kurier.

Die Verspätungen müssten sie dann beim Ausliefern wieder aufholen. Sonst würden sie bestraft, erzählt der Kurier. «Uns können sie 10 Prozent des Lohnes abziehen, das steht so im Arbeitsvertrag».

Miserable Löhne. Kein Einzelfall.

Ein «Kassensturz»-Reporter begleitete den Kurier eine Nacht lang. In dieser Nacht begann der Kurier seine Arbeit um 23 Uhr und beendete sie um 7 Uhr morgens. Das sind acht Stunden. Für eine Pauschale 100 Franken. Umgerechnet auf den Stundenlohn: 12.50 Franken.

Eine Kurierfahrerin, die ebenfalls anonym bleiben will, bestätigt: Viele Kuriere würden so wenig verdienen. Sie selber habe ebenfalls etwas mehr als 100 Franken pro Tour erhalten. Deshalb würden viele Kuriere zusätzlich tagsüber Touren fahren. «Sie arbeiten zwölf bis sechzehn Stunden pro Tag und haben Ende des Monats nicht mehr als 3000 Franken auf dem Konto.»

Gegen das Gesetz

Auto
Legende: Die Kuriere erhalten eine Pauschale von100 Franken, egal wie lange sie arbeiten. SRF

Tag und Nacht arbeitet auch der Kurier, den der «Kassensturz»-Reporter begleitete. 50 bis 60 Stunden pro Woche seien normal. Konkret: Sechs Touren in der Nacht. Zusätzlich jeden zweiten Tag eine Tagestour. Das belegen seine Lohnabrechnungen, die «Kassensturz» vorliegen.

Der Kurier muss mehr arbeiten als das Gesetz erlaubt, stellt Rechtsanwalt Roger Rudolph fest. Sein Spezialgebiet ist das Arbeitsrecht. «Das Arbeitsgesetz schreibt Höchstarbeitszeiten vor. Diese sind in dem Fall 50 Stunden pro Woche.»

Der Arbeitgeber sei dafür verantwortlich, dass die Höchstarbeitszeiten eingehalten werden, sagt der Experte für Arbeitsrecht.

Illegale Arbeitszeiten und Tiefstlöhne.

«Kassensturz» spricht mit Guggisberg Transporte und weiteren Transportfirmen, die ebenfalls für Valora arbeiten. Man könne die Mitarbeiter nicht besser bezahlen, sagen sie. Valora diktiere Preise und Bedingungen. Doch niemand getraut sich offen darüber zu sprechen. Zu gross ist die Angst, den Auftrag zu verlieren.

Valora entzieht sich der Verantwortung

Logo
Legende: Das börsenkotierte Unternehmen nimmt nur schriftlich Stellung. SRF

Den Logistikbereich habe man in diesem Jahr verkauft, schreibt das börsenkotierte Unternehmen: «Die Lohnzahlungen der Mitarbeiter der Transportfirmen erfolgt nicht durch Valora, und es handelt sich dabei auch nicht um unsere Mitarbeiter. Gesetzesverstösse unserer Geschäftspartner sind uns nicht bekannt. Falls Ihnen diese vorliegen, bitten wir Sie mit diesen direkt den Kontakt zu suchen.»

Valora verweist auf die Firma 7days Media Services. Sie befindet sich ebenfalls am Hauptsitz der Valora. 7days Media Services betont, man bezahle die Transportfirmen nach branchenüblichen Ansätzen.

Zwei verschiedene Firmen

Organigramm
Legende: Valora gehört: Kiosk, Avec, Press&Books, Spettacolo, Ditsch und der Brezelkönig, valora.ch

Rein rechtlich könne Valora nicht belangt werden, sagt Anwalt Roger Rudolph. Es stelle sich jedoch die Frage ob ein solch grosses Unternehmen wie Valora gut dastehe, wenn sie indirekt Leute beschäftigt, die zu solch schlechten Konditionen arbeiten müssen. «Das ist schon etwas stossend», meint der Fachanwalt für Arbeitsrecht.

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