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Rechtsfrage: «Sind Proben zu zahlen, wenn ein Musiker krank ist?»
Aus Espresso vom 28.06.2018. Bild: Colourbox
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Musikverein «Künstlerin krank: Muss ich die Probe trotzdem bezahlen»

Ein Kammerorchester hat für sein Jahreskonzert zur Verstärkung eine zusätzliche Berufsmusikerin engagiert. Kurz vor der Aufführung wird sie krank und kann an einer Probe nicht spielen. «Espresso» sagt, was das nun für das vereinbarte Honorar bedeutet.

«Espresso»-Hörer Stefan Buri leitet ein Kammerorchester. Für das jährlich stattfindende Konzert hat Buri eine zusätzliche Musikerin engagiert. Vereinbart wurde, dass sie an vier Proben und am Konzert spielen sollte.

Kurz vor dem Konzert wurde die Künstlerin allerdings krank. «An der Hauptprobe und am Konzert selber konnte sie zum Glück spielen», schreibt Buri dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1. Er fragt sich jetzt allerdings, ob er ihr das gesamte Honorar bezahlen muss, also auch für die eine Probe, an der die Musikerin nicht spielen konnte.

Freischaffende Künstler bekommen bei Krankheit keine Gage

Auf Verträge mit freischaffenden Künstlern kommen rechtlich gesehen in der Regel die Bestimmungen aus dem Auftragsrecht zur Anwendung. Das Auftragsrecht kennt jedoch – anders als das Arbeitsrecht – keine Lohnfortzahlung bei Krankheit. Fällt ein Künstler aus, kann er nur dann einen Honoraranspruch geltend machen, wenn dies mit dem Auftraggeber ausdrücklich so vereinbart wäre, zum Beispiel in Form einer Pauschalentschädigung.

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Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner beantwortet jeden Donnerstag eine Rechtsfrage. Haben Sie eine Frage? Schreiben Sie uns!

Wie «Espresso»-Hörer Stefan Buri treffen die meisten Auftraggeber keine detaillierte Vereinbarungen mit Künstlern. Stefan Buri hat mit der Musikerin lediglich per Mail abgemacht, welches Honorar sie für die Proben und für das Konzert zu gute hat. In diesem Fall gilt: Die Künstlerin muss nur für die tatsächlich geleisteten Einsätze entschädigt werden.

Was gilt, wenn ein Künstler nicht auftreten kann?

Im Beispiel des Kammerorchesters haben nun beide Seiten Glück gehabt: Am Konzert konnte die Künstlerin spielen. Was aber, wenn ein engagierter Künstler kurz vor einem Auftritt krank wird und absagen muss?

Laut Gesetz können bei Aufträgen beide Seiten jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Tritt aber eine Seite in einem für die andere Seite sehr ungünstigen Moment zurück – zum Beispiel kurz vor dem Auftritt – so verliert sie ihren Honorar-Anspruch und kann darüber hinaus sogar schadenersatzpflichtig werden.

Das bedeutet: Der Konzertveranstalter muss das vereinbarte Honorar nicht bezahlen und darf die allfälligen Mehrkosten für einen Ersatz dem kranken Künstler aufbrummen. Allerdings muss es sich vom Honorar her um einen vergleichbaren Ersatz handeln. Dass der Künstler wegen seiner Erkrankung am Malheur keine «Schuld» trifft, ist dabei rechtlich nicht relevant.

Radio-Tipp

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Den Beitrag dazu hören Sie am Donnerstag um 08.10 Uhr auf Radio SRF 1.

Klare Vereinbarungen schützen vor Auseinandersetzungen

So genannte Engagements-Verträge mit Künstlerinnen und Künstlern werden häufig mündlich geschlossen. Um allfälligen Problemen vorzubeugen, lohnt es sich jedoch, die wichtigsten Punkte schriftlich oder per Mail festzuhalten.

Tipp: Das gehört in einen Engagements-Vertrag

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  1. Parteien (Auftraggeber/Auftragnehmer).
  2. Veranstaltung, Spielort, Datum.
  3. Leistungen des Künstlers inklusive Vorgespräche, Vorbereitungen, Proben und Soundcheck.
  4. Gage und Spesen (Reisekosten, Verpflegung), Auszahlungsmodalitäten des Honorars (pauschal oder nach Aufwand, bar oder Vorauskasse).
  5. Besondere Vereinbarungen: Versicherungen, Haftungsfragen, Honorarregelung bei Ausfall der Veranstaltung oder bei Krankheit/Unfall.

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