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Rechtsfragen und Antworten zum Zügeltag, Teil 2
Aus Espresso vom 07.04.2022. Bild: Imago Images
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Stress beim Umzug «Darf die Verwaltung den Mietvertrag in Rechnung stellen?»

Was am Umzugstag, davor und danach alles schief gehen kann und welche Optionen einem dann offenstehen.

Der 31. März ist vielerorts Zügeltermin. Überall stehen Lastwagen von Umzugsfirmen an Strassenrändern. Kisten werden geschleppt, in den Wohnungen Fenster geputzt.  Vieles ist jetzt schon geschafft. Aber: Auch auf den letzten Metern kann noch einiges schief gehen:

Zwei gute Kollegen helfen beim Zügeln. Doch der eine lässt eine Kiste mit Gläsern fallen, der andere bohrt aus Versehen eine Leitung an. Wer haftet für einen solchen Schaden?

Im Normalfall bleibt die Mieterin oder der Mieter auf diesen Schäden sitzen. Denn: Rechtlich werden Freundschaftsdienste als «Gefälligkeiten» eingestuft. Auf eine «Gefälligkeit» gibt es – wie der Name sagt – keinen Anspruch. Dementsprechend lassen sich aus einer Gefälligkeit keine Haftungsansprüche ableiten. Passiert beim Zügeln ein Missgeschick, so haften die hilfsbereiten Kollegen nur bei einem Verschulden. Das wäre der Fall, wenn sie grobfahrlässig handeln oder klare Anweisungen nicht befolgen.

Grundsätzlich sind Schäden aus Gefälligkeiten auch nicht über die Haftpflichtversicherungen gedeckt. Dennoch übernehmen verschiedene Gesellschaften solche Schäden freiwillig oder im Rahmen der vertraglich vorgesehenen, so genannten «Wunschhaftung». Einige Gesellschaften etwa bis zu einem Betrag von 2000 Franken. Nachfragen lohnt sich also.

Letzte Woche bestellt, wird das Sofa pünktlich an der neuen Wohnadresse abgeliefert. Doch dann der Schreck: Das Treppenhaus ist zu eng. Muss der Verkäufer das Möbel zurücknehmen?

Bei Kaufverträgen gibt es kein Rücktrittsrecht. Gekauft ist gekauft, so lautet der Grundsatz. Allerdings räumen heute viele Firmen – vor allem im Versandhandel – ihren Kunden ein Rückgaberecht ein, freiwillig. Ist das der Fall, wird das Möbelgeschäft das Sofa zurücknehmen.

Kompliziert wird es beim Thema Lieferkosten: Ist eine Lieferung bis ans Haus («Bordsteinkante») vereinbart, kann das Möbelgeschäft die Kosten für den Rücktransport verrechnen. Anders, wenn eine Lieferung in die Wohnung vereinbart ist. Nimmt eine Möbelfirma einen solchen Auftrag an, muss sie vorab abklären, ob sie den Vertrag überhaupt erfüllen kann. Will heissen: Die Möbelfirma muss sich rechtzeitig erkundigen, ob eine Lieferung in die Wohnung möglich ist.

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Rechtsfragen und Antworten: Die Klassiker zum Zügeltag
aus Espresso vom 31.03.2022. Bild: Imago Images
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Bei der Wohnungsabgabe beäugt der Vermieter alles ganz genau und macht eine Mängelliste. Für welche dieser Mängel kann er die Mieterin zur Kasse bitten?

Gut zu wissen: Für Schäden, die durch normalen Gebrauch, durch normale Abnützung entstanden sind (etwa Bilderschatten an Tapeten oder kleinere Löcher in Wänden), haften Mieterinnen und Mieter nicht. Dagegen haften Mieterinnen und Mieter für aussergewöhnliche Abnützung. Zum Beispiel für Löcher in der Badewanne oder am Fensterrahmen, Wasserflecken auf dem Parkett, verschmierte Wände im Kinderzimmer oder Rauchspuren an Wänden und Tapeten.

Ebenfalls gut zu wissen: Auch bei aussergewöhnlicher Abnützung müssen Mieterinnen und Mieter in der Regel nicht die gesamten Kosten der Wiederherstellung bezahlen. Für die Berechnung der Höhe des Schadenersatzes ist der so genannte Zeitwert der beschädigten Objekte massgebend und nicht der Neuwert. Konkret: Eine Tapete hat eine Lebensdauer von acht Jahren. Zieht eine Mieterin nach vier Jahren aus, muss sie bei aussergewöhnlicher Abnützung nur die Hälfte des Neuanstrichs bezahlen.

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Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten.

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Nikotinschäden an Wänden und Decken sind ein Spezialfall: Sind die Schäden so stark, dass ein Spezialanstrich nötig ist (zum Beispiel ein Isolierungsgrund oder eine Nikotinsperre), so muss die Mieterin oder der Mieter für die Kosten dieses Spezialanstrichs aufkommen, auch wenn die Lebensdauer des normalen Anstrichs bereits abgelaufen ist.

Normalerweise kommen Haftpflichtversicherungen für Schäden in Mietwohnungen auf. Verschiedene Versicherungen schliessen aber eine Deckung aus, wenn die versicherte Person einen Schaden – zum Beispiel durch Rauchen in der Wohnung – in Kauf genommen hat.

Bei der Wohnungsabgabe: Eine Mieterin verlässt nach 24 Jahren ihre Wohnung. Bei der Abgabe verlangt der Vermieter über 300 Franken für kleine Schäden, wie zum Beispiel für Bohrlöcher oder einen fehlenden Schaber für das Keramikkochfeld.  Muss die Mieterin diese Posten wirklich bezahlen?

Für kleine Reparaturen und Instandstellungen müssen Mieterinnen und Mieter aufkommen: Zum Beispiel müssen sie einen Duschschlauch, Zahngläser oder den fehlenden Schaber für ein Kochfeld selbst ersetzen und auch grössere Dübellöcher selbst schliessen. Ganz allgemein sind Reparaturen und Instandstellungen gemeint, für die es kein Fachwissen braucht.

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Ein Jahr nach seinem Auszug bekommt ein Mieter Post von seinem früheren Vermieter: eine Rechnung für eine Nachreinigung von Fenstern und Storen. Muss der Mieter diese Rechnung bezahlen?

Werden bei der Wohnungsübergabe im Protokoll keine Mängel festgehalten, kann der Vermieter seinem ehemaligen Mieter nicht später noch die Kosten für eine Nachreinigung in Rechnung stellen. Wurde kein Protokoll erstellt, müsste der Vermieter beweisen können, dass die Wohnung ungenügend gereinigt war. Mehr als ein Jahr nach der Abgabe wird ihm dieser Beweis kaum gelingen.

Ganz allgemein muss die Wohnung sauber gereinigt zurückgegeben werden. Wer ein Reinigungsinstitut beauftragt, sollte unbedingt eine «Abnahmegarantie» verlangen. 

Anstehende Ausbesserungen: Ein Mieter kündigt die Wohnung auf Ende Juni. In der Wohnung stehen kleinere Gipser- und Malerarbeiten an. Wann darf die Vermieterin mit diesen Arbeiten beginnen?

Der Vermieter darf mit diesen Arbeiten erst nach dem Auszug des Mieters beginnen. Das Gesetz schreibt vor, dass Mieterinnen Renovationsarbeiten in ihrer Wohnung nur im ungekündigten Vertragsverhältnis akzeptieren müssen.

Vorsicht, Kleingedrucktes: Ein Mietvertrag enthält die Klausel, wonach der Mieter das «Bruchrisiko sämtlicher Scheiben und Vorrichtungen aus Glas sowie Lavabo, WC, Badewannen im Mietobjekt» zu tragen habe. Der Mieter sei zudem verpflichtet, diese Risiken durch eine Neuwertversicherung abzudecken. Kann die Vermieterin den Mieter zu einer solchen Versicherung zwingen?

Im Haftpflichtrecht gilt: Ohne Verschulden keine Haftung. Für Schäden haftet eine Mieterin also nur, wenn sie unvorsichtig handelt und deshalb etwas zu Bruch geht. Haftpflichtversicherungen ersetzen in solchen Fällen immer nur der Zeitwert einer Beschädigten Sache. 

Einzelne Versicherungen bieten als Zusatz zur Haftpflichtversicherung einen Baustein an, der in solchen Fällen den Neuwert ersetzt. Mieterinnen und Mieter können aber nicht dazu verpflichtet werden, einen solchen Zusatz abzuschliessen.

Gebühren für den Mietvertrag: Ein Mieter erlebt Seltsames auf der Wohnungssuche: Die Verwaltung verlangt nach der Zusage 250 Franken für das «Ausstellen des Mietvertrages». Darf eine Verwaltung diesen Aufwand dem künftigen Mieter verrechnen?

Für das Ausstellen des Mietervertrages dürfen weder Verwaltungen noch Vermieterinnen etwas verrechnen. Der Grund: Bei Vertragsverhandlungen muss jede Seite für ihre Aufwendungen aufkommen. Dies gilt auch, wenn der Mietinteressent auf dem Anmeldeformular eine entsprechende Klausel unterschrieben hat.

Espresso, 31.03.22, 08:13 Uhr

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