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Die Mehrheit der Mieter bezahlt zu viel
Aus Espresso vom 08.09.2015. Bild: Keystone
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Wohnen Referenzzinssatz: Die Mehrheit der Mieter bezahlt zu viel

Der Referenzzinssatz bleibt auf einem Rekordtief. Dennoch trauen sich immer noch viele Mieterinnen und Mieter nicht, eine Senkung ihres Mietzinses zu verlangen. Dies, obwohl sie dadurch jeden Monat viel Geld sparen könnten. «Espresso» sagt: Es ist nie zu spät!

Mieterin Rita Meier (Name geändert) wohnt seit zwölf Jahren in einer Mietwohnung in einer grösseren Liegenschaft im Kanton Obwalden. Pro Monat bezahlt sie 1900 Franken Miete inklusive Nebenkosten – eigentlich viel zu viel.

Referenzzins hat sich halbiert

Denn als sie ihren Mietvertrag vor zwölf Jahren unterschieb, lag der Referenzzinssatz für Mieten bei 3.5 Prozent. Heute ist dieser Zins gerade mal noch halb so hoch, nämlich 1.75 Prozent. Die Verwaltung hat den Mietzins trotzdem nie gesenkt.

Wie das Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 berechnet, könnte Rita Meier derzeit pro Monat zwischen 200 und 300 Franken sparen – das sind bis zu 3600 Franken pro Jahr.

Angst vor Konsequenzen weit verbreitet

Bis vor kurzem war sich Rita Meier nicht bewusst, dass sie bei der Verwaltung eine Mietzinssenkung beantragen kann. Und dann kam die Angst vor möglichen Konsequenzen: «Ich hatte Angst, dass ich die Mietzinssenkung sowieso nicht erhalte. Und noch mehr Angst davor, dass die Miete plötzlich teurer wird als heute, sobald der Zins wieder ansteigt.»

Eine unbegründete Befürchtung. Denn die Miete kann bei Rita Meier erst wieder über das aktuelle Niveau steigen, wenn der Referenzzinssatz auf über 3.5 Prozent steigt. Und bis es so weit ist, kann es – wenn überhaupt – noch Jahre dauern.

Trotzdem ist die Angst vor Konsequenzen unter Mieterinnen und Mietern weit verbreitet. Die Mehrheit der Mieter beantragen aus diesem Grund keine Senkung, heisst es beim Schweizerischen Mieterverband auf Anfrage.

Vermieter bringen veraltetes Argument

Ein weiterer Grund, weshalb viele Mieter auf ein Senkungsbegehren verzichten: Früher, als der Referenzzins mal stieg, mal fiel, argumentierten die Vermieter zu Recht, man wolle den Mietzins nicht ständig anpassen. Man gebe Senkungen nicht weiter, aber dafür auch Erhöhungen nicht.

Doch gemäss Ruedi Spöndlin vom Schweizerischen Mieterverband zieht diese Argumentation schon lange nicht mehr. «Ab 2008 kannte der Referenzzins nur noch eine Richtung: gegen unten. Und zwar massiv. Aus diesem Grund kann man dieses Argument heute nicht mehr bringen», sagt Spöndlin.

Senkung aktiv einfordern: Es ist nie zu spät!

Auch wenn gemäss Mieterverband heute immer mehr Verwaltungen professionell handeln und die Mietzinssenkung von sich aus gewähren, ist ein solch mieterfreundliches Verhalten leider noch immer die Ausnahme. Im Normalfall muss der Mieter die Senkung mittels eingeschriebenem Brief (Musterbrief) auf den nächstmöglichen Kündigungstermin verlangen.

Dies können Mieter jederzeit tun, auch noch Jahre später. Doch: Wer lange zuwartet, verliert viel Geld. Denn die zu viel bezahlte Miete kann nicht rückwirkend eingefordert werden.

Mieter vor Missbräuchen geschützt

Die Angst davor, dass ein Vermieter als Racheakt die Wohnung kündigt, ist unbegründet. Eine Kündigung aus diesem Grund ist missbräuchlich. Und das Gesetz geht sogar noch weiter: Ein Mieter, der eine abgelehnte Mietzinssenkung bei der Schlichtungsstelle erfolgreich anficht, ist drei Jahre vor einer Kündigung geschützt.

Senkung gemeinsam beantragen

Trotzdem drohen Vermieter immer wieder mit Schikanen, um Mieter von einem Senkungsbegehren abzuschrecken. In solchen Fällen ist es ratsam, sich mit den Nachbarn zusammenzuschliessen und die Senkung gemeinsam einzufordern. So ist man als einzelner Mieter nicht so exponiert.

Was sind Ihre Erfahrungen mit Mietzinssenkungen? Erzählen Sie uns von positiven und negativen Reaktionen Ihrer Verwaltung auf espresso@srf.ch

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