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Telefonverkäufer: Schlüsselfunddienst belästigt Kunden
Aus Kassensturz vom 26.03.2013.
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Familie und Freizeit Telefonverkauf: Schlüsselfunddienst belästigt Kunden

Die dreisten Methoden der Firma ID-Find machen vielen Konsumenten das Leben schwer: Verkäufer versuchen Konsumenten am Telefon ein Schlüsselfinder-Abo anzudrehen. Wer nicht zahlt, erhält über Monate einschüchternde Mahnungen. «Kassensturz» zeigt, wie man sich dagegen wehrt.

In gewissen Momenten sollte man das Telefon einfach klingeln lassen. Falls nämlich am anderen Ende der Leitung ein Verkäufer ein Produkt anpreist, kann das mühsame Folgen haben. So geschehen bei Esther Buser. Am Telefon unterbreitet ihr der Schlüsselfund-Dienst ID-Find ein Angebot für eine «Sicherheitsplakette»: Falls die Schlüssel verloren gehen, identifiziert ein Code die Besitzerin – sofern der Finder den Schlüsselbund in einen Briefkasten wirft. Esther Buser will nicht, sagt aber im Verlaufe des Gespräches offenbar doch Ja. Der Pensionärin ist nicht bewusst, dass sie damit gleich einen 10-Jahres-Vertrag für 99 Franken abschliesst.

Immer die gleiche Masche

Esther Buser ist nicht die einzige, der ID-Find Probleme bereitet. Bei «Kassensturz» häufen sich Beschwerden über den Schlüsselfunddienst. Über 30 Fälle sind in den letzten zwei Jahren auf der Redaktion eingegangen. Bereits 2007 hat «Kassensturz» über einen ähnlichen Fall berichtet (siehe Box).

Die aktuellen Reklamationen sind identisch: Die Telefonverkäufer würden die Konsumenten zu einem Ja überreden. Später schüchtere sie die Firma so lange mit Rechnungen und Mahnungen ein - bis sie zahlen. Sie erhielten selbst dann noch Post, wenn sie das Produkt längst zurückgeschickt hatten.

Storniert, doch trotzdem gemahnt

Brief mit Androhung eines Betreibungsverfahrens.
Legende: Wer den ungewollten Service nicht bezahlen will bekommt Drohungen. SRF

Auch Esther Buser bekommt nach einigen Wochen eine Rechnung in der Höhe von 99 Franken. Ein Produkt hingegen erhält sie nie. Mehrmals versucht der Schwiegersohn den Kundendienst der Firma zu kontaktieren. Erfolglos. Als er endlich mit einem Mitarbeiter sprechen kann, zeigt sich dieser kulant: Man werde den Fall stornieren, heisst es. Doch bald flattern Mahnungen in Esther Busers Briefkasten. Mit jedem Schreiben wird der Tonfall schärfer. Das Inkasso-Büro Debitors Management droht ihr mit Betreibung. Ihr Name sei «zurzeit nicht die beste Visitenkarte». Der Betrag hat sich mit den Mahngebühren inzwischen verdoppelt. Zahle sie nicht, droht das Inkasso-Büro der Pensionärin, schicke man ihre Personalien an Deltavista, an eine der grössten negativen Datenbanken Europas. Der Schwiegersohn interveniert weiterhin. Nichts geschieht.

Minderjähriger überredet

Auch die Bauernfamilie Wechsler wird über Monate von ID-Find, respektive der Inkasso-Stelle Debitors Management eingeschüchtert. Der Auslöser: Der 12-Jährige Sohn willigt am Telefon im Namen seiner Mutter zu einem Verkaufsvertrag ein - dies obwohl deutlich wird, dass eine Kinderstimme spricht. Bald darauf schickt ID-Find Rechnungen. Die Eltern intervenieren und müssen beweisen, dass ihr Sohn minderjährig und der Vertrag somit nichtig ist. Schliesslich versichert die Firma ihnen, der Fall werde storniert. Dennoch erhalten sie über Monate Drohbriefe des Inkasso-Büros, die mit jenen von Esther Buser identisch sind.

ID-Find: «Kommunikationsfehler»

Die Firma ID-Find gehört dem Callcenter Omnicom an. Qualitätsmangager Jean-Marc Gissinger räumt in diesen beiden Fällen Kommunikationsfehler ein. Man habe das externe Inkasso-Büro zu spät informiert. «Unser Kundendienst kümmert sich um jede Reklamation», sagt Gissinger gegenüber «Kassensturz».

Anwältin Slongo: «Unlauterer Wettbewerb»

Rechtsanwältin Doris Slongo kritisiert, dass die Telefonverkäufer die Konsumenten regelrecht überrumpeln. Das sei eine aggressive Verkaufsmethode und wegen unlauterem Wettbewerb sogar strafbar. Omnicom-Mitarbeiter Gissinger weist diesen Vorwurf zurück: «Der Kunde hat bei uns die Möglichkeit Nein zu sagen», meint er. Seine Verkäufer würden niemanden überrumpeln.

Auch ein mündlicher Vertrag – abgeschlossen am Telefon – ist gültig. Laut Doris Slongo aber nicht in jedem Fall. «Hat man wesentliche Inhalte falsch verstanden, kann man den Vertrag als nicht verbindlich erklären und sagen, man habe sich geirrt», sagt Doris Slongo. In einem solchen Fall soll man sicher nicht zahlen.

Service

Wurde Ihnen auch ein Schlüsselfund-Abo aufgeschwatzt? Die «Kassensturz»-Redaktion hat zu diesem Thema ein Merkblatt und zwei Musterbriefe bereit gestellt (siehe Box).

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