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30.08.11: Bei der Reifeprüfung durchgefallen
Aus Kassensturz vom 30.08.2011.
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Degustationen Tomaten: Zu früh gepflückt

Das vielfältige Angebot an Tomatensorten und enorme Preisunterschiede beweisen: Tomate ist nicht gleich Tomate. Zwischen 1.80 bis 19.80 Franken kosten die süssen Kleinen pro Kilo. Eine «Kassensturz»-Degustation von Tomaten aus den Grossverteilern fällt enttäuschend aus.

Tomaten sind in der Schweiz das wichtigste Gemüse. 77'000 Tonnen oder 10 Kilo pro Kopf verzehren die Schweizerinnen und Schweizer pro Jahr. Die Beliebtheit der Frucht – das ist sie botanisch gesehen – spiegelt sich auch in der österreichischen Bezeichnung «Paradeiser» oder in alten Namen wie «Paradiesapfel» oder «Goldapfel» wider.

Tomaten aus den Grossverteilern ein «Trauerspiel»

«Kassensturz» wollte wissen, ob die roten Früchtchen von Coop und Migros beim Genuss paradisische Gefühle aufkommen lassen. Ein fünfköpfiges Degustationsteam testete die Tomaten aus den Grossverteilern mit Gaumen und Nase.

Die Ernüchterung war gross, die Urteile zum Teil vernichtend. «Nur als Dekoration zu gebrauchen», «einfach nur Säure», «ein Trauerspiel»: So lauten einige Aussagen der Degustatorinnen und Degustatoren. Was läuft schief? Sind die Bauern schuld oder die Läden?

Ein Blick zurück lohnt sich. 2003 berichtete der «Kassensturz» über geschmacklose Tomaten. Von einer Vielfalt an Tomatensorten war damals in den Regalen nichts zu sehen. Die Tomaten mussten nicht geschmackvoll sein, sondern einfach lagerfähig. Das war die Anforderung von Coop, Migros und Co.

Am wichtigsten für den Geschmack: «Reif ernten»

Heute bieten die Läden zwar viele neue, geschmackvollere Züchtungen oder auch alte Sorten wie Ochsenherz an. Umso überraschender: In der Degustation schmeckten auch Tomatensorten fade, die eigentlich als aromatisch bekannt sind. Der Schlüssel liegt beim Zeitpunkt der Ernte. Das sagte Biobäuerin Nicole Tanner vom Birsmatterhof Therwil schon 2003 in die Kamera des «Kassensturz»: «Wichtig für den Geschmack ist, dass die Tomaten reif geerntet werden.»

Falscher Anspruch der Grossverteiler

Das ist aber heute nicht der Fall. «Wenn wir die Tomaten anliefern, wird der Drucktest gemacht.» sagt Gemüseproduzent Paul Meier aus Rüti AG, der die Grossverteiler beliefert. Sind die Tomaten zu weich, nimmt der Laden die Lieferung gar nicht erst an.

Das bestätigt Gemüseexperte Johann Kling vom Strickhof Winterthur und Teilnehmer an der «Kassensturz»-Degustation: «Die Ware wird retourniert, wenn die Tomaten zu reif sind.» Damit werde aber verunmöglicht, dass der Bauer die Tomaten am Strauch reifen lasse.

Wenn schon teuer, dann bitte mit Geschmack

Mit ihren Ansprüchen an die Bauern untergraben die Grossverteiler ihre eigenen Bemühungen, Tomaten anzubieten, die den Namen «Pardiesapfel» auch wirklich verdienen. Und für richtige Paradiesäpfel würden die Kunden noch so gerne tiefer in die Tasche greifen. Vielleicht auch gerne 20 Franken pro Kilo bezahlen. So viel kosteten die teuersten Tomaten im Test.

Vielleicht ist vorläufig der einzig richtige Tipp: Tomaten auf dem Markt wurden in der Regel frisch geerntet. Und die Auswahl ist erst noch viel grösser.

Der Verkaufstrick mit Rispentomaten

Konsumentinnen und Konsumenten kaufen immer mehr Tomaten am Zweig. Das Grün vermittelt Frische und Natur. Dass Rispentomaten besser schmecken, ist eine Täuschung. Beim Kauf oder Auspacken kommen Konsumenten in Kontakt mit Stiel, Blättern oder mit der sternförmigen Fliege. Dabei verströmt die Pflanze – nicht die Frucht! – ein kräftiges Aroma, das an Händen haften bleibt und den Eindruck vermittelt, die Tomate schmecke besonders köstlich.

Was Coop und Migros sagen

Coop: Die Hitze der vergangenen Wochen hatte den Tomaten arg zugesetzt (Wachstumsstopp > Wasserentzug > Tomate eher mehlig). Darüber hinaus lagerten die Tomaten des schlechten Abverkaufs wegen (der die ganze Branche betraf) teilweise länger als sonst in den Kühlhäusern, was dem Geschmack nicht dienlich war. Wir halten aber an unserer Aussage fest, dass wir heute geschmacklich höherwertige Tomaten im Sortiment haben als beispielsweise noch vor zehn Jahren.

Migros: Das Ergebnis ist für uns nicht zufriedenstellend. Wir führen den mangelnden Geschmack auf das schlechte Wetter in den letzten Wochen zurück. Jedoch ist es unser Anspruch unseren Kundinnen und Kunden frische und geschmacksvolle Tomaten anzubieten.Deshalb führen wir auch verschiedene Projekte um neue Sorten und Spezialitäten zu entdecken, die geschmacklich noch mehr überzeugen. Wir werden in nächster Zeit ein besonders aufmerksames Auge auf die Tomaten richten um die Qualität zu verbessern.

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