Zalando-Kundin Jessica Rosenthaler bestellte kürzlich beim Onlinehändler einen neuen Badeanzug. Da sie erst vor wenigen Wochen eine Tochter geboren hat, ist sie unsicher über ihre aktuelle Kleidergrösse und bestellt eine Nummer zu klein. Kein Problem denkt sich die Zalando-Kundin, retourniert die Ware und bestellt die grössere Ausgabe. Diese passt perfekt. Dafür passt jetzt der Preis nicht mehr: Das Badekleid nur eine Nummer grösser kostet 15 Franken mehr.
Unsitte online weit verbreitet
Zalando ist nicht der einzige Versandhändler, der für verschiedene Grössen verschiedene Preise verlangt. Auch Ackermann, Jelmoli, Peter Hahn, Quelle, Mona und Veillon verlangen Zuschläge, zum Teil schon ab Grösse 38. Zwischen der grössten und kleinsten Grösse liegen im Extremfall bis zu 40 Franken Unterschied – und mehr.
Wenig Verständnis auch beim Verband
Diese Praxis stösst nicht nur bei den Konsumenten auf Unverständnis, sondern auch beim Verband des Schweizerischen Versand- und Online-Handels (VSV). Ab Grösse 44/46 könne es in gewissen Fällen zwar durchaus angebracht sein, wegen höheren Material- und Arbeitskosten höhere Preise zu verlangen, meint VSV-Geschäftsführer Patrick Kessler. «Die Praxis, Zuschläge bereits ab Grösse 38 zu verlangen, ist für mich aber nicht nachvollziehbar. Ich kann den Ärger der Kunden verstehen.»
Marketingtrick, um Kunden anzulocken
Der französische Online- und Versandhändler La Redoute gibt gegenüber dem Konsumentenmagazin «Espresso» auf Schweizer Radio SRF 1 offen zu, dass die Preisdifferenzierung bei Kleidern ein gängiger Werbetrick der Branche ist.
Auch La Redoute habe dies früher so gemacht. «Diese abgestuften Preise dienen dazu, auf der Webseite einen attraktiven Preis zeigen zu können», sagt eine Pressesprecherin, «aber das ist nicht fair.» La Redoute hat deshalb vor drei Jahren mit der Trickserei aufgehört.
Auch Quelle will künftig verzichten
Ob weitere Online-Kleiderläden nachziehen, ist fraglich. Auf Anfrage von «Espresso» geben sich die meisten Firmen wortkarg oder antworten gar nicht. Nur das Versandhaus Ackermann, zu dem auch der Quelle-Versand gehört, sagt, man sei daran, diese Praxis zu überdenken.
Und so antworteten die Versandhändler auf die Anfrage von «Espresso»:
Händler | Preisdifferenzierung | Stellungnahme |
---|---|---|
La Redoute | Nein | Preisdifferenzierung bei Kleidergrössen wurde vor drei Jahren abgeschafft. |
Ackermann / Quelle | Ja | Preisdifferenzierung wird aktuell überdacht. |
Peter Hahn | Ja | Praxis wird so beibehalten. |
Zalando | Ja | Keine Antwort auf die konkrete Frage, ob diese Praxis geändert werden soll. |
Veillon | Ja | Keine Antwort |
Mona | Ja | Keine Antwort |
Jelmoli | Ja | Keine Antwort |