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Der grosse Etiketten-Schwindel
Aus Kassensturz vom 18.10.2011.
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Konsum Lebensmittelwerbung unter der Lupe

«100 Prozent natürliche» Tomatensaucen, Eistee «ohne Farbstoffe» und Fertigmenus «wie hausgemacht»: Solche sogenannten «Clean Labels», also saubere Etiketten, halten oft nicht, was sie versprechen. «Kassensturz» deckt die Werbemaschen der Lebensmittel-Industrie auf.

Besonders unbeliebt bei Konsumenten sind Zusatzstoffe, die E-Nummern. Das Gesetz regelt ganz genau, in welchen Lebensmitteln welche Zusatzstoffe erlaubt sind. Wenn ein Hersteller freiwillig auf Zusatzstoffe verzichtet, darf er damit werben.

«Ohne Farbstoffe», «ohne Konservierungsstoffe» oder «100 Prozent natürliche Zutaten» – jedes dritte Lebensmittel, welches neu auf den Schweizer Markt kommt, wirbt mit einer solchen Anpreisung, einem Clean Label.

Hersteller schummeln bei Zusatzstoffen

Doch viele Werbeversprechen täuschen Konsumenten über den wahren Inhalt der Produkte. Das belegt eine Untersuchung von deutschen Konsumentenverbänden. Sie nahmen 150 Produkte unter die Lupe, viele davon sind auch in der Schweiz erhältlich.

Ernährungsfachfrau Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg sagt, dass Hersteller häufig Zutaten einsetzen, die das Gesetz zwar nicht als Zusatzstoffe auflistet, die aber genau den gleichen Zweck erfüllen.

Sie beschreibt eine häufige Form des Etikettenschwindels: «Bei 90 Prozent der Produkte, auf denen der Vermerk ‚ohne Geschmacksverstärker‘ angebracht ist, findet man den geschmacksverstärkenden Hefeextrakt.» Für sie sind solche Anpreisungen nur ein Marketing-Trick, da Produkte mit Clean Label meist nicht besser seien als vergleichbare Produkte.

Randensaft statt Erdbeeren

Es gebe weitere Verstösse, sagt Silke Schwartau: «In Produkten mit dem Vermerk ‚ohne Farbstoffe‘ (z.B. ein Erdbeer-Milchdrink) ist dann Randensaft enthalten, der das Getränk einfärbt und einen höheren Erdbeer-Anteil vermuten lässt.»

Informationen auf Etiketten beeinflussen Kunden stark. Das belegt ETH-Psychologe Michael Siegrist in einer eindrücklichen Studie: 139 Probanden haben Schoggi-Mousse verkostet. Eine Hälfte erhielt die Information, das Mousse enthalte natürliche Vanille. Die andere Hälfte glaubte, sie esse ein Mousse mit künstlichen Aromen.

Vermeintlich natürliche Produkte schmecken besser

Alle Probanden haben in Wirklichkeit dasselbe Mousse gegessen. Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind dennoch verblüffend, erklärt Michael Siegrist: «Diejenigen, die gedacht haben, es sei künstliches Aroma drin, hatten das Mousse deutlich weniger gern als die Probanden, die glaubten ein Mousse mit natürlichem Vanille zu essen.»

Die Erwartung eines natürlichen Produkts führe dazu, dass die Probanden ein besseres Geschmackserlebnis haben, vermutet Michael Siegrist. Diese Probanden waren auch eher bereit, das angeblich natürliche Produkt zu kaufen. Das heisst: Am Ende können Hersteller profitieren, wenn sie in der Werbung hervorheben, ihr Produkt sei natürlich.

Was viele Konsumenten nicht wissen: Manche Hersteller schmücken sich auch einfach damit, dass sie sich ans Gesetz halten. Zum Beispiel der Eistee «Lemon Zero» von Lipton: Vorne auf der Etikette prangt gross der Hinweis «ohne Farbstoffe» - aber mit Sternchen. Die Erklärung steht winzig auf der Rückseite: «laut Gesetz». Das heisst: Das Gesetz erlaubt gar keine Farbstoffe im Eistee – Lipton wirbt mit einer Selbstverständlichkeit.

Neu bei «Kassensturz»: Der Produktepranger

Zu dieser Werbung, die für Kunden unverständlich ist, nimmt Hersteller Unilever Stellung – auf dem neuen Produktepranger von «Kassensturz».  Dort finden Sie auch viele weitere Beispiele von Etikettenschwindel und können selbst Produkte melden, von denen Sie sich getäuscht fühlen.

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