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Konsum Pferdefleisch: Eine Täuschung des Konsumenten

Für die Lebensmittelsicherheit in der Schweiz sind die Kantonschemiker verantwortlich. Deren Präsident, Otmar Deflorin, nimmt nach dem Pferdefleisch-Skandal gegenüber «Espresso» Stellung. Können wir der Verpackung noch trauen? Und genügen die aktuellen Kontrollmechanismen überhaupt?

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Wie verlässlich sind Verpackungsangaben auf Lebensmitteln?
aus Espresso vom 13.02.2013. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 29 Sekunden.

Kann Konsumenten noch sicher sein, dass in Lebensmitteln drin ist, was auf der Verpackung steht?

Otmar Deflorin: Grundsätzlich schon. Beim möglich enthaltenen Pferdefleisch darf man nicht vergessen: Pferdefleisch ist ein Lebensmittel, das gegessen werden kann. Es ist jedoch eine Täuschung des Konsumenten, wenn in einem Produkt etwas drin ist, was nicht drauf steht. Und es ist Vertrauen, das in solchen Fällen schwindet.

Nach dem Pferdefleisch-Skandal in England mussten Sie Sonder-Kontrollen in der Schweiz veranlassen. Was kontrollieren sie? In welchen Läden? Welche Produkte?

Deflorin: Es wurden in allen Grossverteilern (Migros, Coop, Denner, Aldi, Lidl u.a.) Lasagne und Canneloni geprüft. Das kantonale Amt Aargau konzentriert sich vor allem auf Fertigfleisch-Saucen (z.B. Bolognese) und auf Hackfleisch-Waren. Im Kanton Waadt wurde die Westschweiz analysiert. So kamen koordiniert ca. 100 Proben zusammen.

Alles können sie aber nicht kontrollieren?

Deflorin: Das stimmt. Bei Lebensmittel-Kontrollen handelt sich immer um Stichproben. Wir versuchen diese Stichproben jedoch möglichst geschickt zu wählen. Die Schweizer Kontrolleure kontrollieren dort am meisten, wo das grösste Risiko besteht, dass etwas schief laufen könnte. Wir glauben aber, dass wir mit den 100 Proben eine gute Übersicht über die Situation in der Schweiz erlangen.

Wird von der Industrie und von den Behörden zu wenig unternommen, dass es immer wieder zu Lebensmittelskandalen kommt?

Deflorin: Da gibt es zwei Kontrollen: Die Hersteller müssen vom Gesetz verpflichtet die Qualität ihrer Produkte mit Selbst-Kontrollen garantieren. Als Zweites gibt es die amtlichen Kontrolle. Diese benötigen jedoch Ressourcen: Personal, Geräte und finanzielle Ressourcen. Nach den Sparmassnahmen der letzten Jahre musste das Volk entscheiden, wie viel ausgegeben werden soll für Lebensmittel-Kontrollen. Im Kanton Bern wird zum Beispiel pro Bürger jährlich 4 Franken für Lebensmittelkontrollen aufgewendet.

Sind die aktuellen Bestimmungen zur Deklaration von Inhaltsstoffen denn nicht streng genug?

Deflorin: Die Deklarationsbestimmungen reichen: Wenn Pferdefleisch drin ist, muss das auch deklariert werden. Jedoch können damit bewusste illegale Handlungen nicht verhindert werden. Wenn zum Besipie billigeres Pferdefleisch verwendet wird, statt teureres Rindfleisch , kann das kaum verhindert werden.  Das sind dann klare Täuschungen. Das ist illegal und dürfte nicht passieren. Dagegen können Kontrolleure kaum etwas machen.

Wo liegt das Problem, dass es immer wieder zu Lebensmittel-Skandalen kommt?

Deflorin: Diese Skandale haben ihren Ursprung meist im Ausland. In der Schweiz kam das in den letzten Jahren nicht vor. Das hat auch mit der Globalisierung zu tun: Rund 40 Prozent der in der Schweiz gegessenen Lebensmittel werden importiert. Sei es als Rohstoff oder auch als Fertigprodukt. Da haben wir Kontrolleure keine Möglichkeiten zu sehen, wie in diesen Ländern produziert worden ist. Darum ist es mit aufgrund der Globalisierung auch wichtig, dass in den Herkunftsländern gut kontrolliert wird. Darum legen wir auch grossen Wert darauf, dass auf dem Produkt zu lesen ist, in welchem Land es hergestellt worden ist. Dann kann die Konsumentin entscheiden, ob sie es kaufen will oder nicht.

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