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Umwelt und Verkehr Rätselhafte Autobahn-Rechnungen aus Italien

Ein italienisches Inkasso-Büro verschickt Zahlungsaufforderungen an Schweizer Autolenker: Man habe die Autobahngebühr an einer Mautstelle nicht bezahlt. Im Fall von «Espresso»-Hörerin Rosmarie Rey aus Muttenz ist das «Vergehen» über drei Jahre her.

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Rätselhafte Autobahn-Rechnungen aus Italien
aus Espresso vom 21.11.2013. Bild: keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 29 Sekunden.

Tatsächlich: Nach einigen Nachforschungen wird Rosmarie Rey klar: Die fällige Autogebühr war beim Italien-Urlaub tatsächlich nicht von der Kreditkarte abgebucht worden.

«Wir sind damals in Bologna auf die Autobahn und dann in Mailand durch die Mautstelle», erinnert sie sich. «Dabei sind höchstens 20 Euro Autobahngebühren angefallen.»

Nun soll sie jedoch knapp 80 Euro bezahlen. Der Grund: Das Inkassobüro «Nivi Credit» hat happige Gebühren auf den eigentlichen Betrag geschlagen.

Nur die effektive Schuld begleichen

Der Anwalt und Verkehrsrechtsexperte Roger Lerf kennt solche Fälle. Er rät betroffenen Autofahrern, lediglich die tatsächlich geschuldete Autobahn-Gebühr zu bezahlen. Die zusätzlichen Gebühren seien nicht gerechtfertigt. Da die Lenker keine Mahnung erhielten, dürften zum Beispiel auch keine Verzugszinsen eingefordert werden.

In Deutschland ist es in diesem Jahr zu einer wahren Flut an Forderungen aus Italien gekommen. Volker Lempp, der Rechtsberater des deutschen Automobilclubs ACE, sagt gegenüber «Espresso», er habe keine schlüssige Antwort auf die Frage erhalten, wieso dieses Jahr derart viele Schreiben verschickt werden. Die meisten Forderungen sind drei Jahre oder älter.

Forderungen verjähren erst nach zehn Jahren

Im Gegensatz zu Bussen handelt es sich bei den Nachforderungen um zivilrechtliche Forderungen der privaten Autobahnbetreiber. Diese verjähren erst nach zehn Jahren und können somit zu einem beliebigen Zeitpunkt eingefordert werden.

Je später die Forderung eintrifft, desto weniger kann man jedoch nachvollziehen, ob die Forderung gerechtfertigt ist oder nicht.

Ist man sich sicher, dass man zum angegebenen Zeitpunkt nicht auf italienischen Autobahnen unterwegs war, oder kann man es schlicht nicht mehr nachvollziehen, sollte man die Forderung schriftlich bestreiten und Beweise anfordern.

Um das Geld einzuziehen, müssten die Autobahnbetreiber den Rechtsweg in der Schweiz bestreiten. Bei solch geringen Beträgen ist das eher unwahrscheinlich.

Keine Konsequenzen durch die italienische Polizei zu befürchten

Der TCS und das Bundesamt für Polizei Fedpol raten dazu, Gebührennachforderungen auf alle Fälle zu begleichen, um Scherereien bei einem erneuten Italien-Besuch aus dem Weg zu gehen.

Da es sich nicht um behördliche Bussen, sondern um zivilrechtliche Forderungen handelt, ist es jedoch nicht möglich, dass einen die Polizei anhält und z.B. das Auto beschlagnahmt, bis die Forderungen beglichen sind.

Die Schranke geht auch ohne Bezahlung auf

Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass bei den Mautstellen eine Durchfahrt ohne Bezahlung nicht möglich ist.

Laut dem deutschen Automobilclub ADAC ist es z.B. möglich, dass ahnungslose Autofahrer die Spur nehmen, die für Telepass-Besitzer reserviert ist. Diese haben ein Gerät im Auto, das die Bezahlung automatisch vornimmt.

Besitzt man kein solches Gerät, kann man die Mautstelle zwar passieren, eine Kamera nimmt jedoch das Nummernschild auf.

Ein weiterer Grund für eine ausstehende Forderung: Schlägt die Kreditkartenzahlung an einer Mautstelle fehl, öffnet sich zwar die Schranke um den Verkehrsfluss zu gewährleisten.

Es wird jedoch eine Quittung ausgegeben, die einen dazu auffordert, den Betrag nachträglich an einem sogenannten «Punto Blu» oder über die Internetseite des Autobahnbetreibers zu bezahlen. Diese italienischsprachige Quittung wird häufig falsch interpretiert und weggeworfen.

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