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Versicherungsdetektive: Schnüffeln, Tag und Nacht
Aus Kassensturz vom 18.03.2003.
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Versicherungen Versicherungsdetektive: Schnüffeln, Tag und Nacht

Die Versicherungen wachen gut über ihre Prämienzahler - vor allem, wenn diese einen Schaden anmelden. Das hat auch ein unbescholtener Tierarzt erfahren müssen: Monatelang schnüffelten ihm Detektive der Winterthur-Versicherung hinterher.

Während sechs Monaten lagen die Versicherungsdetektive der Winterthur bei A. B. immer wieder auf der Lauer. Grund: Der Tierarzt hatte vor sieben Jahren einen Reitunfall. Auf einem schmalen Pfad überholte ihn ein anderer Reiter. Das Pferd schlug aus und traf ihn an der Kniescheibe.

Die Trümmerfraktur musste zweimal operiert werden. In der Folge entwickelte sich A. B. linkem Knie eine Arthrose. Wie gut jemand nach einem solchen Unfall noch arbeiten kann, entscheidet die Invalidenversicherung. Die zuständige IV-Stelle sprach A. B. 1998 eine 50 Prozent-Rente zu. Zu diesem Schluss kam die IV aufgrund eines ärztlichen Gutachtens.

Überwacht bis vor die Haustür

Bezahlen müsste diese Rente die Winterthur, bei der A. B. versichert ist. Doch die Winterthur will die 50 Prozent-Rente nicht übernehmen: Sie vermutet in A. B. einen Simulanten.

Detektive sollten deshalb beweisen, dass das verletzte Knie den Tierarzt kaum behindere. Während sechs Monaten lagen sie tagelang auf der Lauer, folgten ihm bis vor die Haustüre, machten Videoaufnahmen und filmten dabei auch Unbeteiligte.

Eine heikle Sache. Laut dem Eidgenössischen Datenschützer Hanspeter Thür dürfen Versicherungen ihre Versicherten nur dann überwachen, wenn ein «Anfangsverdacht» vorliegt. «Doch bei einem ärztlichen Gutachten, das die Arbeitsunfähigkeit in einem bestimmten Umfang feststellt, ist es sehr fraglich, ob solche zusätzlichen Überwachungsmassnahmen überhaupt zulässig sind», meint der Datenschutzbeauftragte.

Solch ein ärztliches Gutachten liegt vor. Trotzdem hat die Winterthur Detektive auf den Tierarzt angesetzt. Wieso?

Unangenehme Folgen für ehrliche Versicherte

Kontrollen machen durchaus Sinn, denn tatsächlich versuchen viele Konsumenten, die Versicherungen hinters Licht zu führen. Dies sei bei fünf bis zehn Prozent der Schadenssumme der Fall, sagt Urs Siegenthaler vom Schweizerischen Versicherungsverband. «Ich denke, dass sich der Aufwand lohnt. Es ist unbestritten, dass die eingesparte Summe durch die Aufdeckung der Betrugsfälle höher ist als der Aufwand für die Betrugsbekämpfung», sagt Siegenthaler.

Rund 50 Prozent der Versicherungsbetrugsfälle betreffen Fahrzeuge. Am zweithäufigsten werden bei der Hausratversicherung falsche Angaben gemacht. Für ehrliche Kunden haben die vielen Betrügereien unangenehme Folgen: A. B. ist nur einer von jährlich 1000 Versicherten, die allein bei der Winterthur unter Betrugsverdacht geraten.

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