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Ab ins Spital!
Aus Puls vom 14.02.2011.
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Verschluckte Gegenstände – Besser gleich abklären lassen

Kinder unter vier Jahren verschlucken häufig irgendwelche Gegenstände, von der Münze bis zum Tannenzweig. Speziell wenn das Kind akut hustet oder würgt ist es wichtig, den Arzt aufzusuchen. Selbst wenn der Husten vorbei geht.

«Wenn ein Kind einen akuten Hustenanfall hat, muss es unbedingt im Spital untersucht werden, sagt Prof. Markus Weiss, Chefarzt der Anästhesie-Abteilung am Kinderspital Zürich. Er fischt häufig Fremdkörper aus Kinderlungen: Erdnüsse, Schrauben, Federn, Steine, Spielzeuge oder Stecknadeln. Am häufigsten sind Nüsse, verschluckt von Kindern zwischen zwei bis vier Jahren. Es ist jene Phase, in der alles in den Mund geschoben wird und das Kauen noch schlecht ausgebildet ist. «Am häufigsten passiert es, wenn Kinder den Schluckauf haben oder sich erschrecken», erzählt Weiss, «aber auch wenn sie mit vollem Mund sprechen oder herumspringen.»

Manches wandert durch den Magen

Wird ein Gegenstand geschluckt und das Kind muss weder husten noch würgen, ist der Gegenstand wahrscheinlich in den Magen gelangt. «Was in den Magen geht, kommt unten auch wieder raus», sagt Markus Weiss. Kleine Dinge - kleiner als sechs Zentimeter - könne man durchaus auch mal durch den Körper wandern lassen. Trotzdem sollte man einen Arzt beiziehen. Hat das Kind starken Speichelfluss, Schmerzen oder verweigert es Trinken und Essen, ist es besser, den Brustkorb zu röntgen.

Unbedingt aus dem Magen entfernt werden müssen spitze Gegenstände länger als 3 cm, Spangen, Sicherheitsnadeln, zwei oder mehr Magnete. Batterien, die in der Speiseröhre stecken, müssen sofort raus - sie könnten sich im feuchten Milieu entladen und so ein Loch ins Gewebe brennen. Oder sie können sich öffnen und giftige Substanzen freisetzen. Bei allen möglicherweise giftigen Sachen sollte man natürlich sofort das Toxikologische Zentrum anrufen: Telefon 145.

Wenn das Kind zu ersticken droht

Haltung des Kleinkinds in Bauchlage.
Legende: Bauchlage. SRF

Brenzlig wird es, wenn Gegenstände in die Luftröhre gelangen. Das Kind entwickelt sofort Husten, würgt oder droht zu ersticken. Beunruhigende Atemgeräusche und Atemnot versetzen die Eltern in Alarmzustand. «Am besten ist es, das Kind zum Husten zu ermuntern», so Professor Markus Weiss. Kann der Gegenstand nicht ausgehustet werden, können bei kleinen Kindern und Säuglingen Rückenschläge helfen: Das Kleinkind in Bauchlage mit Oberkörper und Kopf nach unten lagern und mit der Hand drei bis fünf Mal auf den Rücken zwischen die Schulterblätter schlagen.

Haltung des Kleinkinds in Rückenlage.
Legende: Rückenlage. SRF

Nützt dies nichts, wird das Kind auf den Rücken gedreht: Mit dem Kopf erneut gegen unten geneigt wird ihm mit zwei Fingern ruckartig gegen das Brustbein gedrückt. Auch dieser simulierte Husten könnte den Gegenstand lösen.

Bei grösseren Kindern oder Jugendlichen empfiehlt sich die Bauchkompression mit dem «Heimlich-Manöver». Das Kind von hinten mit beiden Armen umfassen, eine Faust zwischen Bauchnabel und Brustbein auf die Bauchdecke legen und von hinten mit beiden Armen ruckartig nach innen oben drücken. Den Brustkorb dabei nicht zusammendrücken.

«Heimlich-Manöver»
Legende: «Heimlich-Manöver» SRF

Fällt ein Kind in Bewusstlosigkeit, muss sofort mit Wiederbelebungsmassnahmen nach dem ABC-Schema begonnen werden. Als erstes wird der Mund inspiziert und allfällige Gegenstände entfernt. Allerdings sollte nicht blindlings in den Rachen gegriffen werden – dies könnte den Fremdkörper noch tiefer in den Körper schieben. Anschliessend muss sofort mit Beatmung und Herzmassage begonnen werden.

All diese Massnahmen lassen sich am besten in einem Erste-Hilfe-Kurs erlernen.

Besser mit der Ambulanz als im eigenen Auto

«Wenn ein Kind nach einem akuten Hustenanfall Atemnot hat, seltsame Geräusche von sich gibt oder nicht mehr richtig atmet, sollte man nicht selber ins Spital fahren, sondern die Ambulanz rufen», rät Markus Weiss. So können die Eltern dem Kind ihre volle Aufmerksamkeit widmen und erste Hilfe leisten.

Im Spital erstellen die Mediziner beim Verdacht auf einen aspirierten Gegenstand oft zuerst ein Röntgenbild. Dies zeigt aber nicht alle Gegenstände – Esswaren oder Plastikteile sind fürs Röntgen unsichtbar. Der nächste Schritt ist deswegen eine Bronchoskopie: Das Kind wird dazu in Vollnarkose versetzt. Der Arzt führt ein winziges Endoskop mit Kamera in den Rachen ein und kann damit durch die Luftröhre bis in die Bronchien der Lunge vordringen. Ist der Gegenstand gefunden, kann er durch das starre Rohr eine winzige Zange einführen, den Fremdkörper packen und herausziehen.

Bleiben kleinste Reste des Fremdkörpers zurück, werden diese später ausgehustet.

Husten unbedingt untersuchen lassen

Selbst wenn das Kind nach einem akuten Hustenanfall schon bald nicht mehr hustet, sollte es mit einer Endoskopie abgeklärt werden, so der Spezialist Markus Weiss. Denn bleibt der Gegenstand im Körper, kann er verrutschen und wieder gefährlich werden. Bleibt er in der Lunge, kann dies nach Tagen oder Wochen zu einer gefährlichen Entzündung führen. Deshalb der Rat des Experten: «Nach einem akuten Hustenanfall beim Kind sollte man sich im Spital melden.»

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