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Betreuung von Demenzkranken «Ist es notwendig, Demente mit der Diagnose zu belasten?»

Ingo Bergmann, Ulrike Darsow und Tatjana Meyer-Heim haben Ihre Fragen im «Puls»-Chat beantwortet.

Fachpersonen im «Puls»-Chat

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Dr. Ingo Bergmann

Oberarzt Geriatrischer Dienst (ab 1. März 2017)

Allgemeine Innere Medizin, spez. Geriatrie

Pflegezentren der Stadt Zürich

Dr. Ulrike Darsow

Oberärztin

Allgemeine Innere Medizin, spez. Geriatrie

Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie

Psychiatrische Klinik Zugersee

Dr. Tatjana Meyer-Heim

Oberärztin

Innere Medizin, Schwerpunkt Geriatrie

Memory Clinic Universitäre Klinik für Akutgeriatrie

Waidspital Zürich

Chatprotokoll

Meine Mutter ist dement und wir mussten Sie jetzt in ein Altersheim geben, aber es war auf die Schnelle kein spezielles Heim für Demente verfügbar. Können die dort überhaupt mit den besonderen Bedürfnissen umgehen?

Ulrike Darsow: Mittlerweile leben in fast allen Langzeitinstitutionen der Schweiz auch Menschen mit Demenzerkrankungen. Häufig finden sich daher in vielen Einrichtungen spezialisierte Pflegekräfte. Sie sollten mit dem Team dort sehr gut besprechen, was Ihre Mutter benötigt und für sie wichtig ist. Dann können Sie gemeinsam mit dem Pflegeteam schauen, ob man das in der Institution leisten kann - sprich, ob Ihre Mutter bekommt, was sie braucht. Spezialisierte Stationen oder Heime haben oft eine spezielle Infrastruktur, mehr und besser geschultes Personal, was für Demenzpatienten in vielen Fällen sinnvoll ist. Das muss man aber individuell beurteilen, da jeder Demenzkranke und seine Bedürfnisse unterschiedlich sind.

Ich würde meinen Mann gerne in eine Tagesbetreuung für Demente geben. Aber immer wenn wir es versuchen, wehrt er sich mit Händen und Füssen. Was tun?

Ulrike Darsow: Die Eingewöhnung in eine Tagesstätte ist oftmals schwierig. Insbesondere für Menschen, die vielleicht nie der gesellige Typ waren. Insgesamt kann man sagen, die Akzeptanz kommt häufig über die Gewohnheit. Oft braucht es dafür 4 bis 6 Besuche. Patienten mit beginnender Demenz sind oft unzufrieden und fühlen sich nicht wohl, weil die anderen Tagespatienten vielleicht schon in einem fortgeschritteneren Stadium sind. Dann hilft es manchmal, noch zu warten. Patienten mit mittelschwerer Demenz fällt es oftmals bereits schwer, sich auf neue Menschen und eine neue Umgebung einzulassen. Dann ist ein Tagesheim vielleicht nicht mehr geeignet. Es gibt Patienten, denen es hilft, wenn man am Anfang gemeinsam die Stunden im Tagesheim verbringt. Erst mit den kommenden Besuchen kann man dann versuchen, die Zeit für den Patienten allein in der Tagesstätte langsam zu steigern. Das braucht viel Geduld. Vielleicht gibt es eine andere Person, mit der er eher gehen würde? Ein Kollege? In einigen Fällen war es hilfreich, wenn nicht ein Familienmitglied den Transport zur Tagesstätte übernommen hat. Bei Fremden ist oftmals der Widerstand nicht ganz so gross. Hier helfen die bekannten Transportdienste.

Inwiefern hat das Einnehmen von Medikamenten im Allgemeinen einen Einfluss auf die Entstehung von Demenz?

Tatjana Meyer-Heim: Es gibt Daten, dass sich bei Patienten mit einer Vorstufe zur Demenz, also einer leichten Beeinträchtigung der Hirnleistungen, die Einnahme von Ginkgo positiv auswirkt. Es ist zu beachten, dass sich verschiedene Medikamente negativ aus die Hirnleistung auswirken können. Dies können Schlafmittel, aber auch andere Medikamente sein. Es ist deshalb sinnvoll, die Medikamentenliste immer wieder mit dem Hausarzt zu beurteilen.

Bei aggressivem Verhalten eines Dementen - was kann da helfen? Medikamente? Oder schlagen die zusätzlich auf die Denkfähigkeit?

Ingo Bergmann: Bei Verhaltenssymptomen wie Aggressivität sollten in erster Linie allfällige Bedingungsfaktoren - wie körperliche und seelische Beschwerden, personen- und umgebungsbezogene Faktoren - identifiziert und soweit möglich behandelt werden. Bei schwerer Ausprägung ist eine Beurteilung zusammen mit den Angehörigen durch ein Team verschiedener Berufsgruppen oftmals sinnvoll. Grundsätzlich sind nicht-medikamentöse Therapien anzustreben, wobei ein Behandlungsplan im Einzelfall zusammenzustellen ist. Erst wenn entsprechende Behandlungsversuche nicht effektiv bzw. ausreichend sind, kann unter bestimmten Umständen eine medikamentöse Therapie in Betracht gezogen werden.

Guten Abend! Meine Grossmutter hat seit paar Jahren Demenz krank! Meine Frage an Sie ist jetzt! Kann es sein, dass ich auch mal Demenz krank werden? Ist es vererbbar oder eher weniger? Danke für Ihre Info

Ulrike Darsow: Es gibt tatsächlich auch vererbbare Demenzformen. Diese treten aber in der Regel sehr früh auf - sprich meist sind die Patienten jünger als 60 Jahre. Ausserdem weiss man, dass Demenzerkrankungen sich in Familien häufen können, ohne, dass wir hierfür wirklich die Gründe kennen. Es besteht im Vergleich zu einer Person, in deren Familie keine Demenzerkrankung bisher vorkam, ein leicht erhöhtes Risiko. Genauso kann es aber sehr gut möglich sein, dass Sie nie an einer Demenzerkrankung leiden werden. Es sollte Ihnen momentan keinen Grund zur Sorge geben. Vorbeugend können Sie ein paar Life-style - Tips beachten: Gesundes Essen, geistig und körperlich aktiv bleiben, soziale Kontakte pflegen, Musik und Kunst geniessen.

Wie erkenne ich dass jemand Demenz

Tatjana Meyer-Heim: Da es verschiedene Formen von Demenzerkrankungen gibt, ist es bei Veränderungen sinnvoll, sich primär an den Hausarzt zu wenden. Bei der häufigsten Form der Demenz, der Alzheimerdemenz, ist besonders das Gedächtnis betroffen, während sich andere Formen zum Beispiel primär mit sprachlichen Schwierigkeiten, häufigen Stürzen oder Verhaltensauffälligkeiten manifestieren. Bei Veränderungen ist es sinnvoll, sich primär an den Hausarzt/ärztin zu wenden. Er/sie kennt den Patienten in der Regel schon lange und kann erste Abklärungen vornehmen. Eine weiterführende Abklärung an einer Memoryclinic kann helfen, eine Depression von einer Demenz oder einer Verwirrung abzugrenzen und gibt die Möglichkeit,auch die Ressourcen aufzuzeigen.

Wir vermuten Demenz bei meinem 65jährigen Vater. Gerne würden wir ihn zu Abklärungen bewegen. Wir wissen nicht, was die weiteren Schritte sein könnten und wie wir ihn dazu motivieren können. Er streitet vehement alles ab. Wie könnten und sollten wir vorgehen?

Ingo Bergmann: Soweit ich Sie verstehe, sind Sie ernsthaft über die Entwicklung ihres Vaters beunruhigt und deshalb möchte ich Sie darin bestärken, dem weiter nachzugehen. Sinnvoll ist sicherlich zunächst ein Besuch beim Hausarzt, der selbst erste Schritte im Rahmen einer Abklärung durchführen könnte oder Sie an eine entsprechende Stelle in Ihrer Nähe weiterleiten kann.

Meine Grossmutter hat Demenz. Ist dies vererbbar? Kann man etwas vorbeugend unternehmen?

Ulrike Darsow: Es gibt vererbte Demenzen. Diese treten in der Regel aber vor dem 60. Lebensjahr auf. Ansonsten wissen wir heute, dass Demenzerkrankungen in Familien gehäuft auftreten können. Die meisten Demenzerkrankungen treten aber sporadisch auf. Sie sollten sich daher nicht beunruhigen. Es ist sehr gut möglich, dass Sie nicht an einer Demenz erkranken werden. Der grösste Risikofaktor für eine Demenzerkrankung ist das Alter. Studien zeigen, dass man mit einem speziellen Life-Style vorbeugen kann. Wer bewusst und gesund lebt, kann das Risiko senken. Die Empfehlungen sind eine gesunde, ausgewogene Ernährung, geistige und auch körperliche Aktivität, das Pflegen sozialer Kontakte. Auch der Genuss von Musik (aktiv wie passiv) ist offenbar sehr hilfreich.

Meine Grossmutter leidet an Demenz. Oftmals fragt oder sprechen wir innerhalb kurzer Zeit über die selben Dinge. Ich tue dann so, als ob nichts wäre und wir besprechen die Themen mehrfach. Für mich ist das kein Problem. Meine Frage ist jedoch, ob dies sinnvoll ist oder man sie "fairerweise" darauf hinweisen müsste.

Ulrike Darsow: In den meisten Fällen führt eine solche Konfrontation mit den Defiziten zu Konflikten. Viele Demenzpatienten nehmen diese Defizite nicht wahr und fühlen sich entsprechend gekränkt und verletzt. Wenn Sie das Gefühl haben, es sind Themen, die der Grossmutter wichtig sind und vielleicht tiefer liegende Dinge vermuten, kann man z.B. auf die Gefühlsebene gehen und direkt nachfragen, ob sich ein bestimmtes Gefühl dahinter verbirgt. Ansonsten denke ich, wenn es Sie nicht belastet, haben sie vielleicht schon den besten Umgang mit dem Problem gefunden. Für Demenzpatienten ist es wichtig, dass sie sich wohl fühlen. Konflikte, negative Gefühle sind für die Patienten kontraproduktiv und sollten, wenn immer möglich, vermieden werden. Positive Emotionen, schöne gemeinsame Momente sind wohltuend und Therapie.

Guten Abend, wenn aus medizinischer Sicht eine Demenz (z.B semantische) festgestellt wird, wird dem Betroffenen und Angehörigen die Möglichen Folgen dieser Krankheit erläutert? Oder werden die Folgen nur auf Nachfrage der Betroffenen eröffnet ? Gilt nach Fesstellung die Person noch als alleine entscheidungsfähig ?

Tatjana Meyer-Heim: Ziel der Abklärungen ist es, der betroffenen Person und ihrem näheren Umfeld zu helfen, den Alltag möglichst gut zu bewältigen. Eine Abklärung in einer Memoryclinic beinhaltet ein abschliessendes Diagnosegespräch, bei dem wir es als sinnvoll erachten, dass der Patient und die engsten Familienangehörigen teilnehmen. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass eine einfühlsame, aber transparente Kommunikation stattfindet und der Umgang mit der Erkrankung für alle Beteiligten thematisiert wird. Die Urteilsfähigkeit muss individuell und in Bezug auf eine spezielle Fragestellung geprüft werden, sie hängt unter anderem auch vom Stadium der Demenzerkrankung ab.

Guten Abend meine Mutter hat seit über 13 Monate Demenz. Wir haben sie in unserer Gemeinde ins Altersheim mit Demenzabteilung geben können. So bin ich auch beruhigt. in der letzten Wochen ist der Wunsch bei der Mutter aufgekommen, wieder nach Meiringen in ein Altersheim zu gehen. Dort kann ich sie nicht oft besuchen, weil`s zu weit weg ist. Hat es einen Sinn , die Mutter nochmals zu zügeln? Oder wie bringe es ich ihr bei, doch hier in Herzogenbuchsee zu bleiben?

Ingo Bergmann: Das weitere Vorgehen richtet sich unter anderem nach der Ausprägung der Demenz. Ich empfehle Ihnen deshalb, Ihre Fragen und ihre Sorgen dem aktuellen Behandlungsteams des Altersheim offen vorzutragen. In einem oder auch mehreren gemeinsamen Gesprächen wird sich sicherlich zeigen, welcher Weg für Sie und Ihre Mutter sinnvoll und stimmig sein wird.

Guten abend. Mein Vater 77 jährig hat demenz. Wie kann ich herausfinden was er alles noch begreift? Und wie kann ich ihn am besten unterstützen? Meine Mutter ist 74 jährig und braucht selber hilfe im Alltag. Ihr wirt das alles zuviel, aber in ein heim will sie nicht mit papi. Was kann ich tun? Ich arbeite viel und kann nicht immer da sein

Tatjana Meyer-Heim: Meistens ist es wenig hilfreich, auf Defizite aufmerksam zu machen, sondern unterstützend wirken. Bei im Vordergrund stehenden Gedächtnisproblemen können sinnvollerweise Hilfsmittel wie Agenda, kurzer Telefonanruf, schriftliche Gedächtnisstützen hilfreich sein. Patienten mit Demenzerkrankungen profitieren ausserdem von einer möglichst stressarmen Umgebung. Aus ihren Worten entnehme ich, dass ihre Mutter durch die Betreuung ihre Vaters sehr belastet ist. Meines Erachtens wäre es sinnvoll, wenn ihr Vater eine Tagesklinik besuchen könnte. Es gibt aber auch die Möglichkeit, ein Entlastungsangebot zuhause in Anspruch zu nehmen beispielsweise den Entlastungsdienst der Alzheimervereinigung. Zudem gibt es Ferienangebote für Patienten mit Demenzerkrankungen. ( s. Alzheimervereinigung). Bei der Supervision der Medikamenteneinnahme, der Körperpflege, aber auch für die Unterstützung bei Tätigkeiten im Haushalt könnte Spitex zusätzlich unterstützen. Je nach Stadium der Erkrankung wäre es sinnvoll, dass primär ihr Vater in einer demenzgerechten Umgebung betreut wird.

Meine Frau (84) leidet seit 5 Jahren an Alzheimer. Ich betreue Sie zuhause in einem E-Familienhaus, das wir seit 30 Jahren bewohnen. Nun will sie unbedingt immer wieder "nach Hause", wo sie früher war und vermisst ihre Familie. Das "zu Hause* kann sie aber nicht konkretisieren. Sie trifft immer wieder zugehörige Anstalten, wie Koffer packen, Auto beladen usw. Wie sollen wir uns verhalten?

Ulrike Darsow: Offenbar leidet Ihre Frau an sogenannten Zeitgitterstörungen. Sie lebt teilweise in einer anderen Zeit - in der Vergangenheit. Die Patienten meinen dann oft, sie würden noch bei den Eltern leben und wollen zu Ihnen. Manche Patientinnen sehen dann z.B. im Sohn den Ehemann, weil dieser vom Alter her der Zeit entspricht, in der sie sich befinden. Das entspricht dann ihrer Realität. Über Logik erreicht man diese Patienten in der Regel nicht mehr. Es führt jeweils zu Konflikten, wenn man versucht diese Patienten in "unsere Realität" zu holen. Versuchen Sie, Ihre Frau auf Ihre Gefühle anzusprechen. Bestätigen Sie, dass sie verstehen können, dass sie ihre Eltern vermisst und versuchen sie, dadurch ein Gespräch aufzubauen. Im Gespräch können Sie sie vielleicht ablenken und auf andere Gedanken bringen. Dieses Prinzip der Validation ist nicht einfach und braucht eine gewisse Übung. Sollte das alles gar nicht gehen und zunehmend zu einem grossen Problem werden, können Medikamente manchmal helfen. Es ist nicht leicht, diese Patienten allein 24 Stunden zu betreuen. Daher ist es wichtig, dass sie ihre eigenen Grenzen wahrnehmen und sich schützen - ggf. auch mit Unterstützung durch Medikamente gegen diese Verhatensmuster bei Ihrer Frau.

Guten Abend, meine Mutter 80 hat seit ca 3 Jahren die Diagnose Demenz, diese aber nie akzeptiert und wehrt sich gegen Veränderungen. Wie empfehlen Sie, vorzugehen um sie in eine solche Tagesbetreuung einzugliedern und generell, macht es Sinn in diesem "mittleren" Stadium die Demenz mit ihr zu thematisieren?

Tatjana Meyer-Heim: Nicht selten leiden Patienten mit einer Demenzerkrankung an einer sogenannte Anosognosie, d.h. einer fehlenden oder nur teilweise vorhandene Krankheitseinsicht. Dies kann Teil der Erkrankung sein- evtl ist dies auch bei Ihrer Mutter der Fall? Die betroffenen Person schätzt die Situation unter Umständen anders ein als die Umgebung und kann nicht nachvollziehen, weshalb sie auf Hilfe angewiesen ist. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, eine Tagesbetreuung zu organisieren, Ihre Mutter kurz vor dem ersten Betreuungstag zu informieren und sie zur Tagesstätte zu begleiten.

Bei meinem Mann wurde anfangs Jahr die Diagnose Parkinson gestellt. Schliesst das Demenz aus oder kann beides vorhanden sein? (Viele Stürze, Verwirrtheit, unsicherer Gang, lebt viel in der Vergangenheit bei seiner Mutter, die vor 25 Jahren verstorben ist) auch spricht er mich oft als seine Mutter an. Vielen Dank für Ihre Antwort.

Ulrike Darsow: Die Diagnose einer Parkinson - Erkrankung schliesst eine Demenz nicht aus. Wenn jemand seit mehreren Jahren an einem Morbus Parkinson leidet, kann sich eine Demenz bei Parkinsonerkrankung entwickeln. Offenbar ist das bei Ihrem Mann nicht der Fall. Es gibt eine Demenzform, bei der Parkinson - Symptome und Symptome einer Demenz fast gleichzeitig auftreten. Diese Erkrankung heisst Lewy - Body - Demenz. Hierzu passen die Parkinson - Zeichen, die Stürze, eine stark wechselnde Verwirrtheit (mal mehr, mal weniger), sehr häufig bestehen auch optische Halluzinationen. Des Weiteren kann auch mal ein Patient an einem M. Parkinson und an einer anderen Demenzform leiden. Wenn ich Ihre Beschreibung lese und den zeitlichen Verlauf beachte, würde ich auf eine Lewy - Body - Demenz tippen. Natürlich müssen noch Nebenwirkungen etwaiger Parkinson - Medikamente ausgeschlossen werden. Sie sollten die Problematik unbedingt mit dem Hausarzt und/oder Neurologen besprechen. Diese werden die nächsten Schritte mit Ihnen festlegen.

84 jährige Frau. Dementielles Syndrom. Gelegentlich Delirs. Grossteils mit Medi im Griff. Patientin hat keine Kenntnis von der Diagnose. Im Gegenteil: "Gell, schön, dass wir noch so gut zwäg sind. Auch geistig". Früher stolz darauf, zum Einkaufen keinen Merkzettel zu benötigen. Heute: "Komm, schreib es auf". Demenz schleicht sich also ein. Ich (Ehemann) habe mit Hausarzt sehr guten Kontakt. Weiss über den Verlauf Bescheid. Frage: Ist es notwendig, die Patientin heute mit der Diagnose zu belast

Ingo Bergmann: Leider kann ich aus Ihrer Schilderung nicht sicher herauslesen, ob es nach der (wohl erfolgten) Abklärung jemals ein offenes Gespräch mit Ihrer Frau über die Diagnose Demenz gegeben hat. Allgemein gesprochen ermöglicht ein offenes Gespräch meiner Ansicht nach erst die weiterführende Auseinandersetzung mit der Diagnose und kann so für die Bewältigung der Erkrankung für die Patientin sehr sinnvoll sein. Empfehlungen zur Diagnoseübermittlung besagen, dass Menschen mit Demenz das Recht auf Information ihrer Diagnose haben. Gleichzeitig haben sie aber auch das Recht, nicht informiert zu werden, wenn sie dies ausdrücklich wünschen (was möglicherweise bei Ihrer Frau der Fall war oder ist). Meine Erfahrung zeigt mir, dass unter Berücksichtigung dieser Empfehlungen ein gemeinsames Gespräch in einem entsprechenden professionellen Rahmen für alle Beteiligten sehr lohnend sein kann.

Unsere Mama driftet langsam in eine Demenz. Sie war kürzlich bei der Hausärztin, die sie kognitiv untersucht hat. Das Ergebnis: alles in Ordnung. Dies ist jedoch keineswegs der Fall, und wir sind verzweifelt, weil wir uns aufgrund dieses ärztl. Bescheids alleine und hilflos fühlen. Um einen Kaffee zu machen, kocht sie Wasser im Wasserkocher, obwohl sie eine Kaffeemaschine hat - und weiss dann nicht, was sie nun mit den Kapseln machen soll. Gibt es etw Profilaktisches, um dies zu stoppen? Danke!

Ulrike Darsow: Bei einer beginnenden Demenz können oftmals die sogenannten Screening - Tests, welche die meisten Hausärzte primär durchführen, noch unauffällig sein. Dennoch erleben die Angehörigen - wie Sie - im Alltag Veränderungen. Deshalb ist die Fremdanamnese - was die Angehörigen der Aerztin erzählen - ein wichtiges Element der Diagnosefindung. In einer Memory-Clinic werden weiterführende Tests durch Neuropsychologen durchgeführt. In diesen Tests kann man dann vielleicht schon Defizite sehen. Insbesondere gibt es dann genauere Angaben über die Bereiche der Hirnleistung, die evtl. betroffen sind. Eine solche Abklärung verbunden mit einem guten Diagnose-Gespräch gibt dem Betroffenen und den Angehörigen Hinweise, was im Alltag hilfreich und fördernd sein kann. Das können nicht-medikamentöse Massnahmen (sehr wichtig) oder auch Medikamente sein. Das kommt auf die Diagnose (es gibt auch andere Möglichkeiten: Stress, Depression, etc.), die Empfehlung des Arztes und den Wunsch der Patienten(/Angehörigen) an. Es gibt kein Mittel, dass den Prozess der Erkrankung - sollte es eine Demenz sein - stoppen kann. Das kann die Medizin momentan nicht bieten. Momentan können wir nur versuchen, zu verzögern, und ganz sicher beitragen, die Lebensqualität der Betroffenen und Angehörigen zu erhalten/zu verbessern. Prophylaktisch wirken gesunde Ernährung, geistige und körperliche Akivität sowie die Pfege sozialer Kontakte. Es klingt aber, als wäre die reine Prophylaxe - Phase bereits überschritten. Ich empfehle Ihnen, besprechen Sie es nochmals mit der Hausärztin. Verbalisieren Sie ihre Ängste und Hilflosigkeit. Und sonst allenfalls mit den Spezialisten direkt Kontakt aufnehmen.

Chat-Admin: Der Chat ist beendet. Vielen Dank für Ihr Interesse! Weitere Informationen finden Sie hier: http://www.srf.ch/sendungen/puls/care-farming-demenz-betreuung-auf-dem-bauernhof

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